Interview mit Drik Brügge Unabhängiger von China? „Wir haben die Flächen!“
Grevenbroich/Kaarst · In dieser Woche war es so weit: In Sachen Hyper-Scaler konnten die Unterschriften unter die Verträge mit „Microsoft“ gesetzt werden. Schon der Grundstücksverkauf „Am Gasthaus“ bringt der Stadt einen satten Gewinn. Doch damit ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht, ist sich Kreisdirektor Dirk Brügge sicher. Er entwirft das Bild einer hyper-modernen Zukunft für die gesamte Region ...
Im Blickpunkt steht dabei aktuell das Frimmersdorfer Kraftwerksgelände, für das die „digitale Zukunft“ gesichert scheint: „IT-NRW“ wird dort einziehen. Und ein weiterer Hyper-Scaler ist schon im Gespräch. „Das sieht gut aus“, freut sich der Kreisdirektor, der anfügt, dass auch diese Ansiedlung „bis Ende des Jahres vertragsreif“ sein soll.
Brügge macht dabei deutlich, wie schnell und konkret dort ge- und verhandelt wurde: 2017 seien die Frimmersdorfer Anlagen abgeschaltet, 2019 auch aus der Notreserve herausgenommen worden. Bis Ende 2025 könnte das dortige Gelände „digital voll“ sein.
Während des Strukturwandels in Richtung digitale Wirtschaft sei zudem die Idee aufgekommen, im „Rheinischen Revier“ auch ein Zentrum der Halbleiter-Industrie zu etablieren. Ein gesondertes Gutachten, das in diesen Tagen fertiggestellt sein soll, sieht beste Voraussetzungen dafür: „Laut Studie der ,NMWP Management’ besitzt der Rhein-Kreis ein außerordentliches Potenzial, Unternehmen der Halbleiterindustrie anzusiedeln und ein einzigartiges Halbleiter-Ökosystem entstehen zu lassen“, so Brügge.
Dabei geht es nicht um eine „Mega-Fab“ (Super-Fabrik), wie sie im Osten des Landes aktuell zu scheitern droht, sondern um mehrere kleinere, bedarfsangepasste Produktionsstätten für Chips und Wafer.
Die gesamte Politik – von der EU über Bund bis Land – hätte es sich auf die Fahnen geschrieben, bei der Chips-Herstellung unabhängiger vom asiatischen Markt zu werden. Die ständig zunehmende Digitalisierung unseres Alltages würde ein weiteres tun: „Alles ist irgendwie mit Halbleitern besetzt“, bringt es der Kreisdirektor klar auf den Punkt. Und diese Halbleiter müssten nicht nur produziert, sondern auch designet und programmiert werden.
Ein weiterer Vorteil: In direkter Nähe des Rhein-Kreises liegen zusätzlich forschungs- und industriestarke Halbleiter-Regionen in den Niederlanden (Raum Eindhoven) sowie Belgien (Raum Löwen).
Fast noch wichtiger: Im Kreis stehen Flächen zur Verfügung, die schnell entsprechend überplant werden könnten. Und die in Sachen Infrastruktur (Strom- und andere Leitungen) bestens ausgestattet sind.
In Frage kommen die so genannte „Starterfläche“ zwischen Rommerskirchen und Grevenbroich, eine Fläche in Kaarst sowie das Elsbachtal (Ost und West) in Jüchen.
Der Kreisdirektor ist sich sicher, dass am Ende zahlreiche neue Arbeitsplätze stehen. Und das auf vielen Ebenen: Handwerker, Ingenieure, Naturwissenschaftler und Software-Gestalter. Zwei- bis dreitausend könnten das schon werden, überlegt Brügge im Interview.
Mit dem fertigen Gutachten will er (zusammen mit vielen anderen Beteiligten) in die Werbung gehen. „Das ist kein Schnellläufer. Bis 2030 muss man schon rechnen, bis man in den konkreten Ausbau gehen kann“, betont er. Und das nächste Zukunftsthema hat der Kreisdirektor auch schon auf der Agenda: Wasserstoff als Energiequelle der Zukunft. Hier wurde diese Woche eine „Wasserstoff-Roadmap“ gestartet.