SPD-Podium in Sinsteden Klartext zum „Rheinland-Klinikum“

Sinsteden · Bei einer von der SPD Rommerskirchen veranstalteten Podiumsdiskussion, zu der Harry Marquardt als Ortsvereinsvorsitzender begrüßte, redeten die Experten Klartext. Zuvor hatte Bürgermeister Martin Mertens bereits seinen Standpunkt klar gemacht, dass die geplante Schließung der Notaufnahme im „St. Elisabeth“-Krankenhaus eine massive Verschlechterung der Versorgung der Rommerskirchener Bevölkerung bedeute.

Das Podium: Harry Marquardt (SPD Rommerskirchen), Dr. Clemens Stock (Chefarzt), Marcel Offermann (Notfallsanitäter), Bernd Hirsekorn (Betriebsratsvorsitzender „Rheinland-Klinikum“), Dr. Martin Mertens (Bürgermeister Rommerskirchen), Michaela Schmitz (Krankenschwester „St. Elisabeth“-Krankenhaus) und Johannes Strauch (SPD-Kreistagsabgeordneter) (von links nach rechts).

Foto: SPD

„Die Fusion ist von Anfang an nicht gelebt worden“, sagte Bernd Hirsekorn, Betriebsratsvorsitzender der Krankenhäuser in Grevenbroich und Dormagen. Die Qualität des „St. Elisabeth“-Krankenhauses sei fortwährend kleingeredet worden – zumeist hinter vorgehaltener Hand, aber medial überaus wirksam, so Hirsekorn: „Der schlechte Ruf ist mit einem gewissen System hergestellt worden.“

Rundweg vergessen worden sei dabei, dass beispielsweise während der Corona-Pandemie die meisten Patienten in Grevenbroich beatmet worden seien. „Wir hatten eine richtig gute Intensivstation“, sagte Hirsekorn.

„Deutlich schief gegangen“ ist nach seinen Worten jedenfalls die bei der Fusion der beiden früheren Kreiskrankenhäuser mit dem Lukas-Krankenhaus in Neuss proklamierte „Augenhöhe“ – oberste Priorität bei den Verantwortlichen habe ausschließlich das Lukas-Krankenhaus gehabt. „Heute ist Gesundheit käuflich“, für die Patienten sei dies „eine Katastrophe“, lautete sein Fazit.

Ebenso Marcel Offermann, früherer langjähriger Leiter der Rettungswache in Rommerskirchen, hält die vom Kreiskämmerer Stiller „mal eben“ ins Spiel gebrachte „Aufrüstung“ und „Erweiterung“ von Rettungswachen, auch über herrschenden Standard, für utopisch.









Drohende Anfahrtszeiten von mitunter bis zu 30 Minuten zur Zielklinik in Neuss können in der Konsequenz kein Maßstab für die künftige Behandlung von Notfallpatienten sein. „Im Rhein-Kreis läuft es rettungsdienstlich in vielen Bereichen nicht so, wie es sollte.“

Sichtlich schockiert zeigte sich Michaela Schmitz. Unter Tränen berichtete die Krankenschwester im „St. Elisabeth“-Krankenhaus, was die aktuelle Situation für die Beschäftigten bedeute. „Wir sind so ein tolles Team, aber was hier gerade mit unserem Krankenhaus, mit unserem Arbeitsplatz, passiert, macht uns einfach fertig!“

Schweren Herzens sei die SPD-Kreistagsfraktion dem Vorschlag der „Unternehmensberatung Roland und Berger“ gefolgt, da ansonsten eine Insolvenz des gesamten „Rheinland-Klinikums“ gedroht hätte und das mit unabsehbaren Folgen für alle Kommunen des Rhein-Kreises, erläuterte Johannes Strauch die Situation als Kreistagsabgeordneter.

Dr. Clemens Stock, Chefarzt der Frauenklinik am Marienhospital Aachen und langjähriger leitender Oberarzt im „St. Elisabeth“-Krankenhaus, kann sich gut an frühere Konflikte erinnern. Die Krise des „Rheinland-Klinikums“, insbesondere die des Krankenhauses in Grevenbroich sei „betriebswirtschaftlich hausgemacht und politisch gewollt“ gewesen, sagte Stock. Während seiner Zeit in Grevenbroich habe man massiv Druck auf ihn ausgeübt, so der Mediziner. Dass es auch anders ginge, zeige das Krankenhaus in Mettmann: „Der Laden läuft und er ist vernünftig geführt.“

Stock brachte eine Möglichkeit ins Spiel, die auch Bürgermeister Martin Mertens bereits vor Jahren thematisiert hatte: Den Neubau eines Klinikums, zwischen Gohr, Neukirchen und Speck-Wehl, das für die Bevölkerung von Dormagen und Grevenbroich, aber auch Rommerskirchen und Jüchen sowie den Neusser Süden gut erreichbar sei. Eine mögliche Finanzierungsquelle: Der NRW-Strukturwandelfonds, von dessen 14 Milliarden Euro bislang lediglich 200 Millionen abgerufen worden seien.

Martin Mertens ergänzte, dass man derartige politische Visionen natürlich nicht von heute auf morgen umsetzen könne „aber irgendwann müssen wir mal anfangen. Die ganze Krankenhausdiskussion wird seit Jahren viel zu fatalistisch geführt. Das Ergebnis: Es wird immer mehr zusammengestrichen, Mitarbeitende seien frustriert und die gesundheitliche Versorgung leide. Der Bau eines modernen Klinikums wäre ein großartiges Aushängeschild für den Rhein-Kreis, insbesondere vor dem Hintergrund des Strukturwandels. Erstklassige medizinische Versorgung gepaart mit Forschung und Entwicklung - das wäre ein ganz wichtiges Cluster für die regionale Wirtschaft und ein absolutes Plus für die Bevölkerung!“ so der Bürgermeister.

Bis es zu einer Umsetzung käme, müsse auf jeden Fall gelten: „Es darf keine Verschlechterung der Notfallversorgung für die Menschen in unseren Kommunen geben!“

(-ekG.)