Detlef Bley über den Strom, das Geschlecht und weiße Hosen „Uns interessieren weder Geschlecht noch Religion noch die Herkunft“

Grevenbroich · Die heimischen Schützen-Vereine und Bruderschaften vermissen die GWG. Detlef Bley, Präsident des Bürger-Schützen-Verein aus der Innenstadt, macht sich große Sorgen, dass deren Fehlen manch kleineren Verein in der Existenz bedroht. Er macht sich zu deren Fürsprecher und fordert von der Politik ein verantwortungsbewusstes Einschreiten.

Grevenbroichs Edelknaben feiern Geburtstag. Doch BSV-Präsident Detlef Bley kann nicht mitfeiern, denn im Rahmen der offiziellen Vor-Schützenfest-Pressekonferenz wurde er als das einzige Vorstandsmitglied geoutet, das nicht über die Edelknaben in den BSV gefunden hat. Die Erklärung ist einfach: „Meine ersten Gehversuche habe ich in Hemmerden gemacht“, erläutert er. Sein Opa sei fest-aktiv in Wevelinghoven, sein Vater in Kapellen gewesen. Seine Eltern seien häufig innerhalb der Stadt umgezogen. Er könne sich noch gut daran erinnern, dass er zum Kapellener Schützenfest zu den Kindern des dortigen Hauptmanns verfrachtet wurde und mit ihnen dann die Tage verbracht habe. Erst nach seinem Abschluss an der Realschule an der Bergheimer Straße sei er mit Mitschülern und Freunden in einem neuen Zug 1982 ins Grevenbroicher Regiment gekommen. Mitte August konnte er inzwischen seinen 60. Geburtstag feiern.

Foto: BSV Grevenbroich

Auslöser seiner Sorge und seiner Verärgerung gleichermaßen ist die Stromversorgung der Schützen-Veranstaltungen auf den Plätzen zwischen Neurath und Hemmerden, zwischen Orken und Langwaden. „... das ist die Monopolstellung des Unternehmens, das unsere Elektrizitätsversorgung sicherstellen soll“, schimpft er, „da gibt es deutliche Kritik von unserer Seite“.

Bekanntermaßen ist die GWG in der NEW aufgegangen. Und die hat die elektrische Versorgung der Schützenfeste outgesourct an ein Dormagener Unternehmen, „das einfach nur Geld verdienen will“, so Bley.

Und er führt weiter aus: „Das ist doch Mist. Der Stromkasten kostet 700 Euro und für den Verbrauch zahle ich 49 Cent pro Kilowattstunden. Da komm ich mir doch vor wie auf einem Campingplatz.“

Beim traditionsreichen Biwak am 18. August seien genau diese Kosten angefallen: Der BSV trage das Wetter-Risiko und die unverschämten Stromkosten würden den wirtschaftlichen Erfolg gefährden. „Die gleiche Rechnung geht an die kleinen Schützenvereine. Deren Schützenfest ist damit wirtschaftlich infrage gestellt, ist eigentlich finanziell nicht mehr tragbar“, so Bley engagiert. Und Vereine oder Bruderschaften mit nur 100 Mitgliedern könnten auch nicht einfach weiter an der Beitragsschraube drehen. Bley fordert „Unterstützung von der Politik“.

Allerdings ist er da auch nur bedingt hoffnungsfroh. Er denkt an die neue Verpachtung des „Alten Schlosses“ und fragt: „Wie viel zahlen die Vereine nun, wenn sie dort eine Versammlung oder eine Veranstaltung abhalten wollen?“

Bley Krützen

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Der Präsident des Bürger-Schützen-Vereins Grevenbroich – Detlef Bley wohnt inzwischen übrigens in Wevelinghoven – liebt die klaren Worte. In Sachen Strom, in Sachen Schützenplatz (siehe Titelseite) und in Sachen Tradition: Und die zu pflegen, sagt er, sei nicht schwerer geworden.

Die Gesellschaft habe sich verändert: Es gebe den Willen zur absoluten Offenheit. Alles sei sofort überall präsent. Und „im kleinen Kämmerlein“ würde sich jeder via „facebook“ die Wut von der Seele schreiben.

Grevenbroichs Präsident postuliert an dieser Stelle im Brustton der Überzeugung: „Der BSV ist für alle offen.“ Lächelnd schiebt er nach: „Entscheidet Euch, welches Geschlecht ihr habt, und dann nehmen wir Euch auf.“

Er sehe das rheinische Sommerbrauchtum bei dieser Frage in keiner Weise gefährdet: „Fällt mit den Frauen im Regiment die letzte Domäne des Mannes? Wir sehen das nicht so.“ In den Tambour-Corps und mit der Amazonen-Gruppe gebe es schon lange Frauen im Grevenbroicher Festzug.

Detlef Bley fasst den Rahmen sogar noch größer: „Uns interessieren weder Geschlecht noch Religion noch Herkunft. Wir fragen: Haben die weiße oder schwarze Hosen? Haben die ein Blumenhorn oder nicht? Der Rest hat mit dem Brauchtum nichts zu tun.“ Überaus ehrlich schiebt er nach: „Schwul, farbig oder immigriert – wenn der mit dem Herzen Schützenkönig ist, ist das mir viel lieber, als der, der aus wirtschaftlichen Gründen den Schützenkönig mimt. Und das hat es auch schon gegeben.“

Übrigens wurde der Beschluss zur ausdrücklichen Öffnung des BSV für alle im Juni gefasst. Seitdem haben sich sechs Frauen als „aktive Schützinnen“ eintragen lasen. „Und das ist das Amazonen-Corps“, schließt Detlef Bley.

Apropos schwarze oder weiße Hose: Wie ernst müssen die „militärischen Aspekte“ des Schützenwesens genommen werden? Da lacht Detlef Bley: „Du bewegst dich nicht mehr unbeschwert in einer weißen Hose.“ Deshalb habe sein Zug die auch schon lange abgeschafft.

Aber diese Frage, die in anderen Schützenvereinen zu Diskussion und Ärger führen kann, zeigt, wie pragmatisch man in der Innenstadt an die Dinge herangeht: Im Internet gibt es eine Seite, auf der jeder Schütze/Zug ankreuzen kann, ob er in Schwarz oder Weiß kommen wird. „Der Oberst stellt dementsprechend die Marschblöcke zusammen und der Rest ist Latte“, so Detlef Bley trocken.

Auch die „Strafen“ in den Zügen, wenn es dann zum Beispiel zu einer „Socken-Kontrolle“ komme, seien nicht militärisch-ernste Sanktionen, sondern ein „Joke“.

Und er lobt ausdrücklich den aktuellen Oberst, der zwar auf seinem Pferd sitze, aber genau wisse, „dass die Jungs, die da unten rumlaufen, genau die Schützen sind, mit denen er hinterher an der Theke ein Bier trinkt“.

Einem Oberst-Bewerber, der dafür bekannt sei, die Sanktionen sehr ernst zu nehmen, habe er klar gesagt: „Du nicht. Jedenfalls nicht so lange ich Präsident bin.“

(Gerhard P. Müller)