Warum Ex-Könige im Innenstadt-Regiment „auf die Jagd geschickt“ werden Die Tockhorns: Eine Liebeserklärung an das rheinische Schützenwesen!
Grevenbroich/Orken · „Prinzipiell ist es egal, wo man Königspaar ist. Wir in Stadtmitte aber, wir dürfen überall hin“, strahlen Daniel und Carmen Tockhorn. Ihr Königs-Interview ist eine Liebeserklärung ans rheinische Schützenwesen, an die Traditionsvielfalt in unserer Stadt und an den festen Willen der „kleinen“ Schützenvereine, durchhalten zu wollen.
Auch wenn die Tockhorns mittlerweile in Orken wohnen, die Wurzeln des amtierenden Königs liegen ganz klar in Grevenbroich, wo er im elterlichen Haus aufgewachsen und 1990 bei den Edelknaben gelandet ist.
„Und so bin ich auch im BSV Grevenbroich hängen geblieben“, lacht er. Und da erfüllt er sich jetzt den Traum vom Königsspiel. Was beide in ihrem Königsjahr am meisten faszinierte, waren die Besuche bei allen Schützenfesten der Stadt. 21 an der Zahl.
Und Carmen Tockhorn (ihre familiären Wurzeln liegen ursprünglich im spanischen Madrid) zeigt sich wirklich angetan: „Die geben sich alle so viel Mühe.“ Auch ihr Mann zeigt sich begeistert: „Je kleiner die Feste sind – mit welchem Engagement die Schützen dabei sind! Manchmal feiern die familiärer, herzlicher als wir in Grevenbroich.“
Was vor allem aber wohl an der Größe des Innenstadt-Regiments liegt: In Orken, wo die Tockhorns inzwischen auch Mitglied sind, würden sie mindestens drei Viertel der Leute im Zelt kennen. „Da Grevenbroich aber drei-, viermal so groß ist, kennt man weniger Leute, begegnet sich weniger“, führt Daniel Tockhorn seinen Gedankengang weiter.
Seine Gattin und Königin formuliert es so: „In den kleineren Vereinen feiert der König mit dem Regiment. In Grevenbroich ist das anders, da gibt es etwas mehr Abstand zwischen Regiment und Hofstaat.“
Und sogleich schiebt sie nach: „Ich will keine Sekunde missen. Es ist eine tolle Zeit.“ Daniel Tockhorn ergänzt, dass sie beide „überall toll aufgenommen wurden, herzlichst mitten in der Mitte des Vereins oder der Bruderschaft“. Distanz oder Neid zum Schützentreiben in der Stadtmitte habe er nirgends gespürt. „... auch in Wevelinghoven nicht“, lacht er.
Wenig später erzählt er dann, dass er oft gefragt worden sei, was so ein Königsjahr kostet. Seine Antwort: „Das kann ich sagen: Geld. Kraft. Zeit. Dafür bringt es aber auch Freude, Gefühle und unbeschreibliche Momente.“ In Sachen Kosten schlagen natürlich nicht zuletzt die tollen Roben der Königin zu Buche: „Ich komme in den Kleidern, die mir gefallen. Geschmäcker sind Gott sei Dank sehr verschieden“, gibt Carmen Tockhorn selbstbewusst zu Protokoll. Ihr sei es wichtig, Sachen zu tragen, „die meins sind. Dass ich mich nicht verstellen muss.“
Mit dem Krönungskleid und zwei weiteren für die Gastbesuche bei den anderen Schützenfesten habe es angefangen. „Dann habe ich da noch einen Schnapper gesehen. Und da auch noch einen ...“, lacht sie. Bei der Zahl der Kleider kommt es dann allerdings zu leichten Differenzen ... Sechs, meint sie. Sieben, kommentiert er und beginnt aufzuzählen: „... das rote, das blaue, das glitzernde, das andere glitzernde ...“ Mit dem Abkrönungskleid seien es dann sogar acht, meint er.
Doch sie hat gute Argumente bei der Hand: „Die müssen ja auch in die Reinigung. Und die Termine sind ja oft zu eng getaktet. Da muss man Reserve im Schrank haben.“ Netto seien es sechs Kleider bei 21 Schützenfesten in der Stadt.
„Dafür durfte ich bei den Gastbesuchen so viel Bier trinken, wie ich wollte“, schließt die Grevenbroicher Majestät strahlend. Und hängt absolut verständnisvoll an: „Am Straßenrand stehen die Leute ja vor allem, um zu schauen, wie die Königin aussieht.“
Die aber können sich für den Sonntag-Nachmittag auf was ganz Besonderes freuen. „Das Kleid kennt keiner“, strahlt sie. Und er ergänzt: „Das Kleid, das hoffentlich fertig wird. Es ist nämlich noch beim Näher. Aber wir haben es ja auch erst im Mai bestellt ...“
Tja, wenn man 1,60 Meter misst, wie Carmen Tockhorn, gilt ihr Ausspruch: „Kürzen muss sein.“ Gefunden hat sie ihre „Schnapper“ übrigens in Festmode-Geschäften der Region oder in Outlet-Centern. Was aber geschieht nach den Schützenfesttagen mit den edlen Roben? „Ich werde sie wieder verkaufen und mich daran erfreuen, wenn jemand anders die Kleider tragen kann.“
Wäre Aufbewahren für ein zweites Königsspiel nicht auch eine Alternative? Auch hier ist die Antwort der beiden sympathisch offen: „Es war so ein schönes Jahr, das kann man nicht wiederholen. Das Königspaar machen wir nicht noch mal.“
Das, was sich die Tockhorns für ihr Regierungsjahr vorgenommen hätten (zum Beispiel die Edelknaben in den Fokus zu rücken), das hätten sie geschafft.
Prompt plaudert Daniel Tockhorn aus dem Nähkästchen: „Im BSV Grevenbroich wirst Du als Ex-König nicht mehr gefragt, da wirst Du höchstens auf die Jagd geschickt.“ Mit anderen Worten: Ex-Könige müssen potenziellen Königs-Kandidaten Rede und Antwort stehen, ihnen den Schuss auf den Königsvogel schmackhaft machen.
... und dann ist da noch Orken, wo die Grevenbroicher Majestät ja auch zum Regiment gehört? Dort sei er auch schon angesprochen worden. Aber das sei „eigentlich nicht“ sein Plan. Seine Partnerin ergänzt: „In Orken sind wir bald Königszug“.
Auf die Zeit nach dem Königsspiel freuen sich die beiden – und auch Tochter Isabel (6) – aus ganz unterschiedlichen Gründen: Daniel Tockhorn freut, weil er dann endlich wieder in seinem Zug als Spieß agieren kann: „Die Jungs haben ein Jahr lang Ruhe vor mir gehabt. Das hat der Zugkasse auch nicht gutgetan“, griemelt er.
Wie ernst muss man denn seiner Meinung nach das Schützenspiel nehmen? „Freud und Spaß stehen im Vordergrund. Es gehört aber zum Spiel Schützenfest dazu, dass man eine gewisse Grundordnung einhält. Wir haben allerdings mit den Jahren Lockerheit gelernt.“ So sage man sich heute: „Wer nicht kommt, der verpasst was ...“.
Bleibt Töchterchen Isabel. „Nach dem Königsjahr müssen wir über ein Haustier diskutieren“, akzeptiert Daniel Tockhorn. Ein Chihuahua, zumindest aber ein Hase, stehe da auf dem Wunschzettel des Töchterchens. „... am liebsten natürlich ein Pferd“, mutmaßt der Papa. Mamas klarer Kommentar zum vom Töchterchen gewünschten Reittier: „Nein!“