Nach der Kohle kommt „Plan B“: Modellregion fürs ganze Land?
Jüchen · Fast die Hälfte des Jüchener Gemeindegebiets ist in irgendeiner Form vom Tagebau betroffen. Seit 55 Jahren beeinflusst der Tagebau die Entwicklung der Gemeinde. Ende ungewiss, weil die Politik eine Kehrtwende nach der anderen macht.
Doch eines steht nicht nur für Jüchens Bürgermeister Harald Zillikens fest: „Der Strukturwandel mit vielen offenen Fragen wird schneller kommen als wir uns das vorstellen.“
Ähnliche Problemstellungen tun sich in den Rathäusern in Mönchengladbach, Erkelenz und Titz auf. 2014 haben sich deshalb die vier Tagebau-Randgemeinden zu einem informellen Planungsverband zusammengeschlossen, um als regionale Stimme auf die Folgen von „Garzweiler II“ hinzuweisen. Jetzt solle die Zielrichtung konkretisiert werden. Ein „Drehbuch“ ist in Arbeit.
Bisher wurden alle Planungen und Entwürfe in einem diffusen Zeitrahmen behandelt. So wird es zum Beispiel 35 bis 40 Jahre dauern, bis der „Restsee“ mit Rheinwasser gefüllt sein wird.
Ein Zeitraum, der für viele Menschen nicht überblickt werden kann. Das soll sich jetzt ändern. Das „Drehbuch“, federführend erarbeitete vom Duisburger Planungsbüro „planB“, befasst sich mit einem Zeitraum von 20 Jahren.
Der Planungsverbund wird damit Modellregion für andere Regionen in Nordrhein-Westfalen und ist von der Landes-Initiative „Innovationsregion Rheinischen Revier“ (IRR) als Starterobjekt ausgewählt worden. Die IRR unterstützt die Planungskosten mit 100.000 Euro, den Rest tragen die Kommunen und auch das RWE.
In einem ersten Verfahrenschritt wird eine Planungswerkstatt am 1. Juni im „Haus Katz“ stattfinden, in dem Experten unterschiedlicher Fachgebiete Themenfelder und Hintergrundinformationen mit auf den Weg bekommen.
Zentrale Veranstaltung ist eine Werkstattwoche vom 5. bis 9. September, in den Räumlichkeiten des Golfplatzes Wanlo, zu der zahlreiche externe Experten eingeladen werden, darunter auch ein niederländisches Planungsbüro. Die Niederländer gelten immerhin als führend in Sachen Landgewinnung.
Im Rahmen der Werkstattwoche solle am dritten Tage die Öffentlichkeit in Form eines „Schulterblick“ genannten Abends Einblick in die Planungen erhalten.
Christian Jürgensmann („planB“) konkretisiert für die Werkstattwoche die Themenfelder so: „Wir werden uns mit Natur und Landschaft, Stadt und Siedlung, Industrie und Gewerbe, Landwirtschaft und Forst, Freizeit und Erholung und auch mit dem sozialen Gefüge beschäftigen. Und das alles über die Grenzen von Regierungsbezirken und Kreisen hinaus.“
Reimar Molitor von der unterstützenden „Region Köln/Bonn“ ist sich sicher, „dass wir mehr Qualität herausholen, als das jeder für sich allen könnte.“ Mit den Tagebaugemeinden Rommerskirchen und Grevenbroich ist man im Gespräch. Sie sollen in den laufenden Arbeitsprozess eingebunden werden.