„Wir haben Mitte März und bereits fünf Verkehrstote zu beklagen, so viele wie im Jahr 2024“, berichtete Hans-Jürgen Petrauschke, Landrat und Leiter der Kreispolizeibehörde, bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik, „diese tragischen Schicksale sind nicht nur Zahlen – sie stehen für Familien, Freunde und Gemeinschaften, die einen geliebten Menschen verloren haben.“ Man müsse alles daran setzen, Verkehrsunfälle zu verhindern. Von daher habe die Polizei im Rhein-Kreis Neuss sich zur „Vision Zero“, der Verhinderung von möglichst vielen Verkehrsunfällen bis auf null, bekannt, erklärt Cindy Stock: „Das ist die einzig akzeptable Zahl bei Verkehrsunfällen mit Getöteten und Schwerverletzten.“
Dass dieses Ziel nicht so einfach zu erreichen ist, zeigt die Verkehrsunfallstatistik 2024, die nur geringe Abweichungen im Vergleich zum Vorjahr aufzeigt. So sank die Zahl aller Verkehrsunfälle von 12.649 auf 12.354. Nicht alle davon seien meldepflichtig, beispielsweise „die klassischen Blechschäden“, gewesen, wie Stock berichtet: „7.447 Blechschäden sind uns gemeldet worden. Das heißt, es gab 4.907 Verkehrsunfälle mit Verletzten und erheblichem Sachschaden.“
Häufige Ursachen für Verkehrsunfälle, bei denen es zu Zusammenstößen mehrerer Beteiligter kommt, sind Fehler beim Abbiegen, Wenden, Ein-, An- oder Rückwärtsfahren sowie die Missachtung von Vorfahrts- und Vorrangregeln. Auch das falsche Verhalten Radfahrender trägt erheblich zum Unfallgeschehen bei.
Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden sank von 1.363 auf 1.351. Insgesamt 1.624 verunglückte Personen (-1,6 Prozent) im Straßenverkehr gab es 2024 im Rhein-Kreis Neuss. Während im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Leichtverletzten um 37 auf 1.362 sank und die Zahl der Getöteten unverändert bei fünf blieb, stieg die Zahl der Schwerverletzten um zehn auf 257. Die Verunglückten waren dabei meist mit dem Pkw (36,3 Prozent), auf dem Rad/Pedelec (30,9 Prozent) oder einem motorisierten Zweirad (11,5 Prozent) unterwegs.
„Pedelecs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Das spiegelt sich leider auch in der Statistik wieder. Die Gesamtzahl der verunfallten Radfahrer fiel von 544 auf 501. Die Anzahl der verunglückten ,Bio-Biker’ fiel ebenfalls von 418 auf 347. Aber leider stieg die Zahl der verunglückten Pedelecfahrer von 126 auf 154“, erklärt die Leiterin der Direktion Verkehr. Ihr Fazit: Viele unterschätzen möglicherweise ihre Fähigkeit, ein Pedelec sicher im Straßenverkehr zu nutzen. Sie rät daher, das Angebot der Pedelec-Trainings in Anspruch zu nehmen.
Eine weitere wachsende Gruppe von Verkerhsteilnehmern sind Fahrer von E-Scootern und Co., von denen 90 (2023: 68) an Verkehrsunfällen beteiligt waren. Sieben ereigneten sich unter Alkoholeinfluss. Die Zahl der Leichtverletzten stieg von 44 auf 58, die der Schwerverletzten von neun auf 13.
Doch auch andere Zweiradfahrer hat die Polizei im Blick. Denn die Gesamtzahl der Verunglückten Kradfahrenden stieg von 62 auf 79. 48 (2023: 43) von ihnen wurden dabei leicht und 30 (2023: 18) schwer verletzt. Wie im Vorjahr kam ein Kradfahrer ums Leben. Da viele Fahrer Motorrad und Co. über den Winter stehen ließen, gelte es zum Start in die Saison besondere Vorsicht walten zu lassen. Um darauf noch einmal aufmerksam zu machen, hat die Polizei im Rhein-Kreis eigens ein Video mit Präventionshinweisen erstellt.
Erschreckend hoch ist übrigens nach wie vor die Zahl der Verkehrsunfallfluchten. Bei den 12.354 gemeldeten Verkehrsunfällen kam es in 3.474 Fällen zu Verkehrsunfallfluchten. Der Anteil bei Verkehrsunfällen mit Personen- oder schwerwiegenden Sachschäden (4.907) beträgt unglaubliche 70,8 Prozent. Cindy Stock dazu: „Das ist schon Wahnsinn. Gott sei Dank ist niemand dabei gestorben, 15 Menschen wurden jedoch schwer und 126 leicht verletzt.“ Die Aufklärungsquote der Verkehrsunfallfluchten mit Personenschaden beträgt 56 Prozent (2023: 48,6 Prozent).
Um Verkehrsunfällen entgegenzuwirken, setzt die Polizei nach wir vor auf Aufklärung und Präventionsprogramme über alle Alters- und Zielgruppen hinweg – vom Fußgängertraining für Vorschulkinder bis hin zu Rollatorkursen für Senioren. Eine weitere wichtige Säule zur Reduzierung von Verkehrsunfällen stellt aber natürlich auch die konsequente Verkehrsüberwachung dar. Direkte Hinweise auf falsches Verhalten im Straßenverkehr, vielleicht sogar eine Ahndung, seien besonders erfolgversprechend für eine nachhaltige Änderung des Verkehrsverhaltens. Die Polizei konnte im vergangenen Jahre bei Verkehrskontrollen 13.370 Verstöße feststellen, mit Radarkontrollen sind es sogar 22.492.
Wie Landrat Hans-Jürgen Petrauschke abschließend verriet, werde die Direktion Verkehr sich in diesem Jahr besonders dem Thema illegale Straßenrennen und Tuning widmen. „Teilnehmer an verbotenen Kraftfahrzeugrennen missachten durch ihr verantwortungsloses Verhalten im Straßenverkehr vorsätzlich geltende Rechtsordnung. Das ist die Spitze der Rücksichtslosigkeit“, betont Cindy Stock. Eine neu gegründete Einheit der Direktion Verkehr, die Anfang des Jahres bereits einen größeren Einsatz bei einem Tuningtreffen in Jüchen hatte, wird in regelmäßigen Abständen im gesamten Kreisgebiet Kontrollen durchführen.