Gedenkfeier zur Pogromnacht in Hochneukirch Ein Zeichen der Solidarität mit Israel
Hochneukirch · Jahr für Jahr wird deutschlandweit, so auch in der Stadt Jüchen, den Opfern der Pogromnacht 1938 gedacht. „Nie wieder“ – lauten die Solidaritätsbekundungen und Mahnungen in diesem Rahmen. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem wachsenden Antisemitismus der vergangenen Wochen lag auch auf der Gedenkfeier in Jüchen ein besonderer Fokus. Und so setzte die Stadt mit der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde Hochneukirch ein deutliches Zeichen der Solidarität mit Israel. Denn: „Nie wieder ist jetzt!“
„Nun ist es wieder passiert. Ein Volk, dass die Shoah überstanden hat, erlebt ein neues Trauma. Die unvorstellbare Gewalt, mit der die islamistischen Hamas-Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober Zivilisten in Israel überfallen, misshandelt und getötet haben, trägt viele Züge eines Pogroms“, so Bürgermeister Harald Zillikens in seiner Rede zur Gedenkfeier. Der größte Massenmord an Juden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe auch in Deutschland dazu geführt, dass der Antisemitismus wieder an die Oberfläche gekrochen sei. Von daher sei es „unsere Aufgabe, allen Sympathiebekunden mit der terroristischen Hamas, aller Hetze gegen Israel auf unseren Straßen entschieden und mit allen Rechtsmitteln entgegenzuwirken“, betonte der Bürgermeister.
Umso wichtiger sei es, in diesen Zeiten mit der interreligiösen Gedenkfeier zur Pogromnacht ein Zeichen zu setzen, zusammenzustehen und die gemeinsamen Werte des Friedens und der Versöhnung zu leben. Besonders freute den Bürgermeister, dass zahlreiche Schüler der Gesamtschule Jüchen vor Ort waren. An ihrer Generation sei es, dass es Antisemitismus, Ausgrenzung und Rassismus in Zukunft nicht mehr gebe.
Der Schule war es ein Anliegen, die Schülerschaft zu mobilisieren, um an diesem Tag ein Zeichen zu setzen, erklären die Geschichtslehrer Larissa Steffen und Manuel Reißmeier. „Wir finden es heute wichtiger denn je, sich mit der Thematik Nationalsozialismus und Antisemitismus auseinander zu setzen und Zivilcourage zu zeigen. Wir wollen das nicht nur im Unterricht thematisieren, sondern mit Leben füllen. Wir reden im Geschichtsunterricht viel über Erinnerungskultur und das hier ist gelebte Erinnerungskultur. Es ist wichtig, dass die Schüler auch ein Teil davon sein können“, betont Reißmeier.
Phillip, Jessika und Lea aus dem Geschichtskurs der Jahrgangsstufe 13, füllten das Ganze mit Leben und trugen Worte des Gedenkens, die gemeinsam erarbeitet wurden, vor und verlasen dabei auch die Namen der jüdischen Kriegsopfer aus Hochneukirch. „Es war uns sehr wichtig, heute dabei zu sein“, erzählt Lea im Anschluss an die Gedenkfeier.
Wichtig war es auch für einige Nachfahren der jüdischen Familien, ihren Eltern, Großeltern und weiteren Familienmitgliedern vor Ort zu gedenken. Die weiteste Anreise hatte wohl Jennifer Goldfinger, die Tochter von Rosalia Falkenstein, die extra aus der Nähe von San Francisco nach Hochneukirch kam. Ihre Mutter und deren Bruder Richard flohen 1939 nach England, wie Jennifer Goldfinger berichtet. Sie überlebten, viele Mitglieder ihrer Familie wurden jedoch deportiert und ermordet.
Jedes Jahr zur Gedenkfeier in ihrer alten Heimat kommt ebenfalls Susanne Jansen aus Wickrathhahn. Die Enkeltochter von Lina Kremer, eine geborene Falkenstein weiß: „Meine Oma ist die Einzige von den Falkensteins, die in Deutschland überlebt hat.“ Als ihr Großvater am Staudamm Nideggen mitarbeitete, versteckte er seine Frau in der Eifel auf einem Bauernhof. „Nach dem Krieg kam sie direkt wieder nach Hochneukirch zurück“, erzählt Jansen. Und so kehrt auch sie Jahr für Jahr zurück, um ihr zu gedenken: „Meine Familie ist sehr verbunden mit der ganzen Geschichte.“