Eine Hommage an die „Rockidylle“ Buch über Rock-Szene der 70er Jahre
Rommerskirchen. · Eine florierende Rock-Szene gab es in der Region in den 1970er Jahren weiß der Rommerskirchener Jochen Oberlack. Doch dokumentiert ist davon nicht viel. Daher hat er es sich zur Aufgabe gemacht, den Bands und dem Lebensgefühl von damals ein Denkmal zu setzen – die „Rockidylle“ war geboren.
Wie so oft war es der Zufall, der zu der Idee führte. Über Gespräche mit anderen Musikern fand Oberlack heraus, dass ein verstorbener Nachbar 1972 in der Region ein super Schlagzeuger war. „Er war zehn Jahre lang mein Nachbar und ich hatte in diesem Zusammenhang nie von ihm gehört, wir haben uns nie über Musik unterhalten“, erinnert er sich. Im Kreisarchiv in Zons machte er sich dann auf die Suche, was in dieser Zeit so in der Region los war. Doch schockiert musste er feststellen, dass über die Musikszene kaum etwas zu finden war: „Wenn es um Lokalteile geht, bestanden die zu 50 Prozent aus Schützenfesten und zu 50 Prozent aus Karneval.“
Als passionierter Musiker und Kind der 70er Jahre packte Oberlack nun der Ehrgeiz, mehr über die Rockszene der Region zu erfahren. Aufrufe bei Facebook und Gespräche mit ihm bekannten Musikern starteten im Februar 2020. Unsicher, was seine Recherche ergeben würde, plante der gebürtige Ansteler zuerst einen Blog, doch plötzlich hatte er so viel Material, dass er sich entschied, daraus ein Buch zu machen – sein Erstlingswerk. Ein ambitioniertes Projekt, doch für ihn nicht abwegig, wie er erzählt: „Im Prinzip ist das eine konsequente Entwicklung: Ich bin als Kind zur Musik gekommen, da war ich Fan. Als Fan habe ich dann die Gitarre entdeckt, die bis heute mein Hauptinstrument ist, und mit der bin ich durch die Welt gezogen.
Irgendwann war das nicht mehr genug, dann musste ich anfangen Stücke zu schreiben. Als das nicht mehr genug war musste ich anfangen, Platten zu machen, dann habe ich angefangen, Platten zu produzieren. Dann hat das nicht mehr gereicht, da habe ich begonnen, Platten von anderen zu produzieren. Und als mir das ebenfalls nicht mehr genug war, habe ich angefangen über Musik zu schreiben.“ Für kleinere Magazine, besonders in Großbritannien, hat er schon geschrieben und einen Blog mit Konzertrezensionen geführt. Nun widmet er sich seinem Buch mit dem Arbeitstitel „Rockidylle“.
Das Lebensgefühl zu packen und gleichzeitig zu schauen, wie war das damals, in der „Rübenwüste“ Rock zu spielen, wie schwierig war es, womit musste man sich rumschlagen, wie waren die Locations und wie die Veranstalter, gab es überhaupt schon Konzertagenturen, wurden die Konzerte von den Bands selbst veranstaltet oder haben am Ende die Jugendämter die Finger mit drin gehabt oder waren es die Schützenvereine und wie war der Zeitgeist – all das beschäftigt Oberlack seit fast einem Jahr.
Je weiter er in der Zeit zurückging, umso mehr erkannte er, wie viel kleiner die Welt damals war: „Es stand nichts in den Zeitungen, es gab kein Internet oder Fan-Magazine. Deswegen wusste die Band aus Grevenbroich beispielsweise nichts von der Band in Stommeln. Damals ist so eine Vernetzung, wie sie heute selbstverständlich ist, noch nicht da gewesen.“ Ein Problem sei da sicher auch gewesen, dass die Musiker oftmals noch nicht mal volljährig gewesen seien. Denn erst ab 1975 wurde man mit 18 volljährig, vorher musste man 21 sein.
Aktuell sei Oberlack an einem Punkt, wo er etwa 60 Prozent seiner Recherche zusammen habe. Und dabei sei schon viel Spannendes zutage gekommen. Zum Beispiel, dass Uwe Ochsenknecht mal in einer Band in Kaarst gespielt habe oder dass Klaus Prangenberg, ein aus Rommerskirchen stammender Synchronsprecher und Schauspieler, in einer Band namens „Umleitung“ aktiv war.
Dem Erstlings-Autor gehe es bei seinem Buch aber nicht direkt darum, jeden, der zwischen Neuss und Bergheim mal eine Gitarre festgehalten hat, abzubilden. Dass in einem Appendix auch weitere Bands aufgeführt würden, das sei Ehrensache, aber es solle darum gehen, wie es war, im niederrheinischen Niemandsland außerhalb der Städte jung zu sein und dabei Musik zu machen. Dabei solle vor allem auch das Lebensgefühl eingefangen werden. „Rockidylle“ soll eben nicht nur etwas für die beteiligten Musiker sein, sondern auch für andere, die sich für die Szene oder was damals in ihrer Heimat passiert ist interessieren.
Und Oberlack ist ehrlich: „Ich weiß ja noch nicht einmal, weil es mein erstes Buch ist, ob es gut wird. Ich habe ja im Moment nicht mehr als einzelne Storys.“ Die teilt er auch regelmäßig auf der Facebook-Seite „Rockidylle“. Dort können alle Interessierten schon jetzt ein wenig über die Bands von damals erfahren und in Erinnerungen schwelgen.
„Ich suche nach wie vor Menschen, die damals in der erweiterten Region entweder Musik gemacht haben oder die beispielsweise bei Konzertagenturen gearbeitet haben“, schließt Oberlack.
Noch bis zum Sommer plant er für sein Buch zu recherchieren. Wenn auch Sie in den 70er-Jahren im Rhein-Kreis Neuss oder Umgebung in einer Band aktiv waren oder jemanden kennen, schicken Sie einfach eine E-Mail mit ein paar Informationen an rockidylle@gmx.de.