Jonas Windscheids Malkasten Geheimnisvolle Fluchtlinien am Horizont

Südstadt · Dass Jonas Windscheid, aufgewachsen in der Südstadt, Musiker wurde, war beinahe zwangsläufig: „Es gab viel Musik in meiner Familie“, sagt er im Interview. Sein Vater hörte viel Jazz, der Opa mütterlicherseits war in einem Gesang-Verein aktiv. Der eine Onkel, Walter Spang, war in der Musikschule der Rhein-Kreises engagiert und hatte viele Auftritte in der Region. Der andere Onkel, Gerd Windges, war Gitarrenbauer.

Die zweite CD mit dem Apostroph.

Foto: Manuel Gomez Dardenne

Er selbst habe „klassisch, brav“ zuerst Klavier gelernt, sei dann später auf Klarinette umgeschwenkt. Nebenbei habe er auf Papas Gitarre und Bassgitarre „kindlich improvisiert“. Mit 14 Jahren nahm er dann aber bei Jupp Hopp Unterricht auf der elektrischen Gitarre. Mit 16 Jahren kam die klassische Gitarre hinzu. Er bekam Unterricht von Ulrich Engstfeld, „einem Freund von Papa“, dessen Bruder Wolfgang ein berühmter deutscher Jazz-Saxophonist ist, der auch an der Kölner Musikhochschule unterrichtet.

Schon zu Musikschul-Zeiten hatte Jonas Windscheid, der heute 40 Jahre alt und sich gerade aufs Papa-Werden vorbereitet, seine ersten Auftritte in Konzerten und bei Wettbewerben. Später, in seinen frühen 20ern, zog er im Gitarren-Duo mit Birger Frehse durch die Lande. Damals sang er auch selbst geschriebene Songs.

Im Musik-Studium kamen dann viele unterschiedliche Konzerte und Events hinzu. Und so ergab es sich, dass er sich auf die Jazz-Gitarre konzentrierte und „die Pop-Ambitionen hintan stellte“. Heute hat er sich dem „Contemporary Jazz“ verschrieben, dem zeitgemäßen Jazz also: „Da schaffen es die Musiker, aus der Tradition zu schöpfen, die Musik aber auch so klingen zu lassen wie 2022“, formuliert Jonas Windscheid. So gebe es immer Entwicklung, „immer neue Räume, um Musik lebendig werden zu lassen“. Neue Trends, aber auch die Weltmusik würden so in den aktuellen Jazz aufgenommen.

Jonas Windscheid kommt aus einem hoch musikalischen Elternhaus.

Foto: Manuel Gomez Dardenne

In diesem Jahr gab es von „Jonas Windscheid´s Paintbox“ (der Apostroph ist eine Konzession fürs internationale Musikgeschäft!) die zweite CD „Alto“. Der Titel umschreibt dabei den Sound, der angestrebt wird: hohe Stimmen und Melodien mit weitem Abstand zum Bassbereich. „Außerdem ist der Titel ein Kompliment an unseren Saxophonisten (Andreas Böhlen), der toll unsere besonderen Melodien zu spielen versteht“, lobt Windscheid.

Wenig überraschend: Vom Jazz allein kann der Grevenbroicher Musiker nicht leben. Er unterrichtet an der Jugendmusikschule des Kreises; die Festanstellung kam glücklicherweise noch in den ersten Monaten der Pandemie, so dass er „plus minus Null“ aus dieser für Künstler schwierigen Zeit herausgekommen ist. Darüber hinaus spielt er bei Unternehmen-Events und auf Hochzeiten. „Der Anteil des Jazz an der Musik-Industrie in Deutschland liegt bei zwei Prozent“, betont er. Und in diesem schmalen Segment laufe alles über den Namen: „Wenn man den Namen kennt, rennen alle dahin. Wenn man aber unbekannt ist, kommen nur wenige Insider.“ Auf der anderen Seite könnten sich die einschlägigen Jazz-Konzerthäuser vor Bewerbungen kaum retten. Die bekämen bis zu 50 Bewerbungen in der Woche. „Es gibt einfach mehr Künstler als Festivals und Spielmöglichkeiten.“

So ist Jonas Windscheid mit seiner „Paintbox“ für jeden Auftritt dankbar. „Wenn Leute zum Konzert kommen, freue ich mich – egal, wie alt sind oder wo das Konzert stattfindet. Wir geben immer unser Bestes“, postuliert er.

Und seine Ziele? Er wolle „für mich selber auf meinem Instrument mein Spiel verfeinern. Noch genauer spielen. Konsequent meine musikalische Linie verfolgen. Und vielleicht auch das große Publikum erreichen; das wäre ja auch nicht schlecht…“, so der Künstler. Er scheint auf einem guten Weg, wenn man die Fachkritiken zur CD liest: „Sie verknüpfen eigensinnige Akkordfolgen und vertrackte Rhythmen mit traditionellen Jazzkonzepten. Die Fünf durchstreifen harmonische Untiefen und ritzen geheimnisvolle Fluchtlinien in den Horizont. All dies ergibt einen neuen, bislang ungehörten Sound; eine Farbe, die bislang nur ,Paintbox‘ ihr Eigen nennt und die Band deshalb zu einem ebenso spannenden wie genussreichen Erlebnis erhebt.“

(Gerhard P. Müller)