Sorge vor Haushaltssicherung Droht Steuererhöhung wegen Haushalts-Krise?
Jüchen · Es ist nicht schön zu reden: Finanziell sieht es schlecht aus für die Stadt. Sogar von der Sorge, in ein Haushaltssicherungskonzept zu rutschen, ist die Rede. Die Stadt muss reagieren und überlegt, die Steuern zu erhöhen. Das würde sowohl Unternehmen als auch Grundstücksbesitzer betreffen.
Die Stadt Jüchen plant, die Grundsteuer B um 100 auf 540 Punkte und die Gewerbesteuer um zehn auf 460 Punkte zu erhöhen. Grund für diese Maßnahme ist die zurückgehaltene Gewerbesteuernachzahlung von RWE nach einem Gerichtsurteil (der Top-Kurier berichtete). Von 5 bis 5,5 Millionen Euro, die fehlen, ist gar die Rede. Mit der Steuererhöhung für Unternehmen, die ab dem kommenden Jahr vorgesehen sei, könne die Stadt rund eine Million Euro einnehmen — viel Geld, das dabei helfen würde, den Haushaltsausgleich dauerhaft zu sichern und ein Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden. Aus dem Rathaus heißt es: „Die vorgeschlagenen Konsolidierungsmaßnahmen sind als Sofortmaßnahmen zu verstehen. Nur so kann ein drohendes Haushaltssicherungskonzept abgewendet werden. Der Konsolidierungsbeitrag wird erst mittel- beziehunsgweise langfristig erreicht. Je nach Entwicklung der Finanzsituation werden im Rahmen der kommenden Haushaltsberatungen zusätzliche Maßnahmen geprüft. Bei einer weiteren wesentlichen Verschlechterung der Haushaltssituation ist eine umfassende Produkt- und Aufgabenkritik erforderlich.“ Durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen sollen einschneidende Einsparungen, insbesondere im freiwilligen Bereich, vermieden werden. Die Schwerpunkte Kindertagesstätten, Schulen, Sport sowie Rettungswesen sollen auch zukünftig priorisiert werden.
Doch was heißt das für den einzelnen Bürger? Die Grund- und Gewerbesteuer sind die wenigen, durch die Kommunen unmittelbar beeinflussbaren Einnahmenquellen. Diese Einnahmen dienen der Errichtung und dem Erhalt der umfangreichen städtischen Infrastruktur und kommen den im Stadtgebiet wohnenden Bürgern unmittelbar zugute. Eine Chance, den Haushalt etwas zu entspannen.
„Eine Haushaltssicherung würde zu empfindlichen Einsparungen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens für alle Jüchener Bürger führen. Die Erhöhung der Steuer für den einzelnen Bürger belaufen sich in der Regel je nach Größe des Grundstücks auf einen Betrag von unter zehn Euro pro Monat“, rechnet Kämmerin Annette Gratz.
Die IHK gibt noch einen anderen Aspekt zu bedenken, der bei einer Standort-Umfrage aufkam, wie Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), verdeutlicht: „Die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes wird von den Jüchener Unternehmen übrigens bereits als Standortnachteil wahrgenommen. Sie sind jetzt schon mit der Höhe des Hebesatzes deutlich unzufriedener sind als die Betriebe am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt.“
Wird jetzt noch die Gewerbesteuer erhöht, trifft es die Unternehmen stark. „Denn die vergangenen eineinhalb Jahre waren dank Corona für die meisten Unternehmen mehr als schwer und mit Einbußen verbunden.“
Und Steinmetz legt nach: „Wenn die Rückzahlung an einen Betrieb die Stadt in so große Schwierigkeiten bringt, muss das Ziel Jüchens im Strukturwandelprozess sein, steuerstarke Unternehmen für den Standort zu gewinnen.“
Und doch bleibt es bei den finanziellen Sorgen der Stadt: Eine Haushaltssicherung, in der nicht mehr alleine und flexibel über den Haushalt entschieden werden kann, ist zu vermeiden. Denn was das für die Stadt bedeutet, musste Jüchen bereits mehrfach schmerzhaft erfahren: Sowohl im Jahr 2007 als auch in den Jahren 2010 bis 2015 stand die damalige Gemeinde schon unter Haushaltssicherung. Was das konkret bedeutete? „Es gab viele Einsparungen im konsumtiven Bereich, bei Fraktionsgeschäftskosten zum Beispiel zehn Prozent“, heißt es aus dem Presseamt der Stadt.
Julia Schäfer