Mittelstandsbarometer Rhein-Kreis Neuss Konjunktur überwindet „Corona-Tief“ im Steilflug
Rhein-Kreis Neuss · Die Corona-Pandemie hat uns immer noch fest im Griff, doch mit fortschreitender Impfkampagne und Lockerungen der Corona-Regeln ist wieder mehr möglich. Das macht sich auch beim regionalen Geschäftsklima bemerkbar, wie das nun vorgelegte Mittelstandsbarometer für das Jahr 2021 zeigt.
Bereits zum 14. Mal legen Creditreform Düsseldorf/Neuss, Rhein-Kreis Neuss und Sparkasse Neuss ihre jährliche Umfrage zur konjunkturellen Lage des Mittelstands im Rhein-Kreis vor. Erstmals wird sie auch von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein als neuem Projektpartner mitgetragen. Für die Analyse wurden vom 21. Juni bis 21. Juli wieder rund 500 Unternehmen unterschiedlichster Branchen in den acht Kommunen des Kreises telefonisch befragt. Dabei kamen auch Sonderthemen – die Folgen der Corona-Pandemie sowie der Strukturwandel zur Sprache.
„Die vergangenen anderthalb Jahre waren anspruchsvoll, auch aus analytischer Sicht“, so André Becker, Mitglied der Geschäftsleitung von Creditreform. Die 106 Punkte aus dem vergangenen Jahr, der niedrigste Wert seit der globalen Finanzkrise 2008, seien ein signifikantes Tief nach dem jahrelangen Hoch gewesen. Mit nun gut 20 Punkten Plus scheint das Corona-Tief überwunden. Hier schneide der Rhein-Kreis Neuss im Vergleich auch besser ab als der Bund mit 110 Punkten, erklärt Becker.
Auch der Leiter der Umfrage, Dr. Rainer Bovelet, freut sich, dass die befürchtet Jahrhundertrezession, nicht eingetreten ist: „Ich bin froh, dass wir dieses Jahr wieder bessere Ergebnisse präsentieren können. Ein Anstieg von 20 Punkten ist eine Nummer.“ Und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ergänzt: „Die 126 ist nicht der maximale Wert, den wir bis jetzt hatten, aber es ist der größte Anstieg, den wir je verzeichnet haben.“
Bei der Analyse auf Basis von Auftragslage, Umsatz, Ertrag und Personal ist fast überall eine positive Tendenz zum Vorjahr erkennbar. Doch es fällt auf, dass die Stimmung besser ist als die Lage. Denn die Erwartungen für die nächsten Monate sind deutlich positiver als die aktuellen Lageurteile. „Die Unternehmen rechnen damit, dass sich die Lage in den kommenden Monaten spürbar bessert“, so Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK.
Die Corona-Pandemie hat aktuell weiterhin negative Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft. Mehr als die Hälfte der Unternehmen im Kreis ist immer noch wirtschaftlich – entweder stark (28 Prozent; +2 Punkte) oder gering (28 Prozent; +4 Punkte) – von der Krise betroffen. Dabei sind mittlerweile die meisten Unternehmen von behördlichen Anordnungen (48 Prozent; +20 Punkte) und zunehmend von Zulieferengpässen betroffen (32 Prozent; +11 Punkte). Das Geschäftsklima der nicht oder nur noch gering von Corona betroffenen Unternehmen liegt erfreulicherweise schon fast wieder auf Rekordniveau.
Die guten Ergebnisse freuen auch Marcus Longerich, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Neuss, der von einer gleichbleibenden Investitionsabsicht von 49 Prozent berichtet: „Investitionen sind ein Indikator, wie Zukunft sich gestalten wird. Viele wollen investieren.“ Dabei stehen vor allem die Themen Innovation und Erweiterung im Vordergrund.
Das zweite große Thema neben der Corona-Pandemie war der Strukturwandel. Die Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss sehen im Strukturwandel und Braunkohleausstieg mehrheitlich eher positive Auswirkungen (Verbesserung der Lebens- und Umweltqualität 86 Prozent; Möglichkeit eines Innovationsschubs 62 Prozent). Als negative Auswirkung wird am häufigsten eine unsichere/teurere Energieversorgung (73 Prozent). Ganze 45 Prozent sehen den Strukturwandel gar als Chance und Vorteil, sehr zur Überraschung vom Landrat, während 51 Prozent es ambivalent sehen, als Chance und Risiko.
Ob der im 14. Mittelstandsbarometer vorgestellte positive Trend sich fortsetzt, werden die nächsten Monate zeigen. Die Analysen machen aber deutlich, dass der im Vorjahr für möglich gehaltene wirtschaftliche „Restart“ im Rhein-Kreis Neuss eingetreten ist. Die Zunahmen können die Verluste des Vorjahres jedoch noch nicht ausgleichen. Dazu Becker: „Die Wirtschaft befindet sich im Aufschwung, aber es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung im Herbst/Winter und mit einer möglichen 4. Welle wird.“ Die Unternehmen hoffen jedenfalls auf ein Ende der Pandemie und auch Bovelet sieht erst einmal das Positive: „Ich würde mich freuen, im kommenden Jahr nochmals einen solchen Anstieg wie in diesem Jahr verkünden zu können.“
Zahlen, Daten Fakten
Das Konjunkturklima 2021: Rhein-Kreis Neuss 126 (Vorjahr: 106); Grevenbroich 129 (Vorjahr: 109); Rommerskirchen 123 (Vorjahr: 101); Jüchen 136 (Vorjahr: 96)
Das Konjunkturklima nach Branchen im gesamten Rhein-Kreis: Baugewerbe 138 (+12), Handwerk 128 (+17), Handel 127 (+23), Verarbeitendes Gewerbe 133 (+30), Dienstleistung 121 (+19), Sonstige Branchen 135 (+21)