Deutliche Kritik an Plänen des „Rheinland Klinikums“ „Ohne Rücksicht auf die Bürger“
Dormagen. · Die betroffenen Kommunen Dormagen, Grevenbroich und Rommerskirchen kritisieren den kürzlich bekannt gewordenen Zeitplan zur Restrukturierung des „Rheinland Klinikums“ sehr scharf.
Ziel des Klinikums ist es, die Geburtsstation bereits zum 1. April von Dormagen nach Neuss zu verlagern. Die Notfallambulanz am Standort in Grevenbroich soll zum 1. Juli aufgegeben werden.
Erik Lierenfeld, Bürgermeister der Stadt Dormagen: „Die Kommunikation ist weiterhin ein Desaster. Man versucht, demokratische Prozesse auszuhebeln und die Menschen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ich möchte noch einmal erinnern: Die ursprünglichen Pläne sahen die Schließung der Notfallambulanz und der Geburtsstation für 2026 vor – in einem gestuften und geordneten Verfahren. Davon kann nun wirklich keine Rede mehr sein. Aus Angst vor den Bürgern versucht man nun brachial zum gesetzten Ziel zu kommen. Es geht schon lange nicht mehr darum, was sinnvoll ist, sondern nur darum, dass man sich durchsetzt. Dormagen ist das einzige als babyfreundlich zertifizierte Krankenhaus im Kreisgebiet. Der gute Ruf der Gynäkologie ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Es scheint, als würde das manchem in Neuss nicht schmecken, dass hier gute Arbeit geleistet wird.“
Klaus Krützen, Bürgermeister der Stadt Grevenbroich: „Die geplante Schließung der Notfallambulanz in Grevenbroich und der Geburtsstation in Dormagen bestätigen die schlimmsten Befürchtungen: Es wird weiter versucht, ohne Rücksicht auf die Bürger Fakten zu schaffen. Dieses Vorgehen ist unverantwortlich und gefährdet die medizinische Versorgung in der Region. Die Notfallversorgung muss auf dem bisherigen Niveau erhalten bleiben – und zwar bis alternative Lösungen vollständig umgesetzt sind. Der Rhein-Kreis als Gesellschafter des Klinikums hat immer betont, dass erst die rettungsdienstliche Versorgung sichergestellt sein müsse, bevor man die Notfallambulanz in Grevenbroich aufgebe. Davon ist nun keine Rede mehr. Wir fühlen uns getäuscht und machen uns ernsthaft Sorgen um die Versorgung der Menschen hier. Es wird mindestens einen zusätzlichen Standort für den Rettungsdienst in Grevenbroich geben müssen. Dazu werden Räume, Fahrzeuge und Personal benötigt. Wie soll das in wenigen Wochen zu schaffen sein?“
Dr. Martin Mertens, Bürgermeister der Gemeinde Rommerskirchen: „Das Vorgehen von Geschäftsführung und Gesellschaftern des ,Rheinland Klinikums‘ sowohl hinsichtlich der zur Jahresmitte beabsichtigten Schließung der Geburtsstation in Dormagen als auch der Notaufnahme in Grevenbroich ist der bisherige Höhepunkt des Skandals um das ,Rheinland Klinikum‘. Nach der Schließung des Klinikums in Bedburg wären die vorgesehenen Veränderungen des ,Rheinland Klinikums‘ ein großes Problem für die Menschen in Rommerskirchen. Es ist ja grundsätzlich gut, wenn der Rettungswagen in wenigen Minuten beim Patienten ist. Wenn dieser dann aber mit dem Patienten erst eine Stunde herumfährt, um ein Krankenhaus zu finden, das er anfahren kann, dann ist das eine echt Gefahr. Wir haben alle gemeinsam die Sorge, dass hier ein Kliniksterben im Kreisgebiet auf Raten stattfindet. Die Folge wird sein, dass es in Neuss mit zwei großen Kliniken eine Überversorgung und im Rest des Kreisgebietes eine Unterversorgung geben wird. Da kann man sich natürlich im Nachgang hinstellen und sagen: Im Durchschnitt ist im Kreis die Versorgung gesichert.“
Heinz Hilgers, Initiative „Ja zur Geburtsstation“: „Ich möchte noch einmal deutlich betonen, dass allen Anwesenden klar ist, dass sich das Klinikum neu aufstellen muss. Es muss wirtschaftlicher werden. In dem Punkt sind wir uns alle einig. Allerdings darf das nicht dazu führen, dass die Daseinsvorsorge immer weiter reduziert wird. Erst wurde schon an unseren Schulen gespart, dann an den KiTas und nun möchte man bereits im Mutterleib anfangen zu sparen. Bei einer Geburt kommt es oft auf Minuten an. Daher braucht es eine Infrastruktur, die eine schnellstmögliche Versorgung gewährleistet. Selbiges betrifft die Nachsorge. Es ist ein Unding, wenn ich höre, dass eine Mutter eine kleine Weltreise unternehmen muss, um die Nachsorge für ihr neugeborenes Kind zu ermöglichen.“
Bernd Gellrich, Initiative „Ja zur Geburtsstation“: „Eines ist völlig klar: Wir lassen uns nicht verunsichern und werden auch nicht aufgeben. Unser Bürgerbegehren werden wir natürlich fortsetzen. Wir werden den Menschen eine Stimme geben und darstellen, dass die Schließung der Stationen falsch ist – egal ob in Dormagen oder in Grevenbroich. Es wird immer postuliert, dass eine Geburtsstation ohne angeschlossene Kinderklinik ein Problem ist. Die Frage, die ich mir stelle, ist, warum aber jährlich hunderte Frauen im vier Kilometer entfernten Etienne-Krankenhaus ohne Kinderklinik zur Entbindung gehen. Diese Argumente sind vorgeschoben und sollen nur verunsichern.“
Jennifer Görgens, Initiative Grevenbroich: „Offensichtlich hat hier das Beratungsunternehmen Roland Berger das Heft in die Hand genommen. Politik, Bürger oder Geschäftsführung – sie alle sind nur noch ein Abnickverein. Am Ende entscheidet der schnöde Mammon darüber, was richtig und gut ist. Das ist eine unglaublich beschämende und traurige Entwicklung. Wir haben bereits rund 10.000 Menschen, die sich für den Erhalt der Notfallambulanz aussprechen. Das muss doch auch einen Wert in den Diskussionen haben.“
Michael Schnabel, Initiative Grevenbroich: „Die Verunsicherung in der Belegschaft ist immens. Und die Krankenhausführung tut alles dafür, dass gute Fachkräfte das Klinikum verlassen, weil weder eine Weiterentwicklung noch eine Zukunft erkennbar ist. Bedauerlich ist auch, dass man durch Umleitungen von Patienten versucht, die Standorte Dormagen und Grevenbroich immer weiter ausbluten zu lassen. Es gibt Anweisungen, dass Menschen möglichst nach Neuss geschickt werden sollen, damit man in den anderen Kliniken fallende Zahlen zeigen kann. Die Versprechen der Geschäftsführung, dass man beispielsweise Werbung für die Geburtsklinik in Dormagen macht, wurden ebenfalls allesamt gebrochen.“