Kandidatin Reinhold verspricht: „Ich bin in allen Sachthemen sprechfähig“

Grevenbroich/Neuss · Die Kritik wird immer lauter: Politik vom „grünen Tisch“. Politiker, die sich immer weiter von ihren Bürgern entfernen. Die nie wirklich „malocht“ haben. Kanzler, die nicht mehr wissen, was ein Pfund Butter kostet. Eine Politikerin, die ganz anders ist, der „der Wind des Lebens ins Gesicht geblasen hat“, die Standfestigkeit und „Alltagstauglichkeit“ mehrfach unter Beweis gestellt hat, ist Katharina Reinhold – noch die stellvertretende Landrätin des Rhein-Kreises.

Katharina Reinhold will im Herbst des kommenden Jahres für das Amt der Landrätin kandidieren – falls die CDU sie nominiert. „Ich hätte mich nicht zur Verfügung gestellt, wenn ich nicht so einen großen Rückhalt spüren würde.“ Sie sei „vorsichtig optimistisch. Aber noch ist nichts gelaufen“, sagte die beeindruckende Politikerin im Gespräch mit der Redaktion des Kurier-Verlages.

Foto: CDU

Ein Blick in ihre Vita: In jungen Jahren verlor sie ihre erste Liebe durch einen Motorradunfall; mit 20 musste sie einen Suizid im familiären Umfeld verarbeiten. Jahre später, als die eigene Familie mit Mann und zwei Söhnen gerade liebevoll-ruhig lief, verlor sie ihren Mann an den Krebs (Bauchspeicheldrüse). Damals waren die Jungs vier und sechs Jahre alt. Der jüngere erlitt – obwohl eigentlich topfit – drei Schlaganfälle, trug eine geistige Beeinträchtigung davon. Heute besucht er die Mosaikschule in Hemmerden. Um ihr Leben besser organisieren zu können, machte Katharina Reinhold sich selbstständig.

Seit sieben Jahren ist sie als Anwältin und vor allem als Mediatorin erfolgreich tätig. Über Betreuung, Unterbringung und Versorgung kam sie dann irgendwann mit der Politik zusammen. Sie kandidierte für den Kreistag, wurde später stellvertretende Landrätin. Jetzt hat sie, als es um die Nachfolge von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ging, ihren Hut in den Ring geworfen: Nicht zuletzt als Mediatorin sei sie perfekt geeignet, in die großen und erfolgreichen Fußspuren des nicht mehr kandidierenden Vorgängers zu treten.

Jede Menge Lebensaufgaben, von denen ein oder zwei schon so manche Frau und so manchen Mann an den Rand der Belastungsgrenze führen würde. Nicht so Katharina Reinhold. „Ich empfinde das nicht als Belastung. Weder Ehrenamt noch Job“, lächelte sie im Kurier-Interview. Und es macht ihr einfach Spaß, sich einzusetzen. Und das sei eine wichtige Voraussetzung: „Wenn es dir keinen Spaß macht, nimmt es dir die Kraft.“

Zudem habe sie über die Jahre gerade für den jüngsten Sohn „ein sehr gutes Betreuungs- und Pflegenetzwerk“ aufbauen können.

Als Katharina Reinhold ihren großen Sohn gefragt hat, was er denn von einer Landrats-Kandidatur der Mama halte, fragte er nach, wann denn die Wahlen seien. „Im September 2025 – dann bin ich ja schon fast 18 und kann alleine gehen. Mach‘ Du mal“, sei die Antwort gewesen. Er besucht übrigens derzeit das Norbert-Gymnasium in Knechtsteden.

Ebenfalls einverstanden war (und ein großer Unterstützer ist) der neue Mann an der Seite von Katharina Reinhold. Den lernte sie irgendwann in Düsseldorf kennen. Als sie merkte, dass er sich für sie interessierte, warnte sie „vor dem Gepäck“, das sie mit sich herumschleppe. „Das hat aber nicht abgeschreckt“, lachte sie beim Erzählen. Im Frühjahr des kommenden Jahres soll geheiratet werden.

Und warum will sie Landrätin werden? „Nicht wegen der Frauenquote“, antwortet Reinhold schnell. Obwohl Frauen für alle Gremien gut seien und gerade auch die Dezernenten-Riege des Rhein-Kreises zu männlich sei. Frauen würden anders mit Themen und Konflikten umgehen, sagt sie aber schon. Frage: „Frauen sagt man ,Zickenkrieg‘ nach. Männer, so heißt es, würden sich hauen und danach wär‘ alles wieder gut?“ Reinholds prompte Antwort: „Das kann ich auch gut. Man kann sich die Meinung sagen und dann ist es gut. Man kann anderer Meinung sein und trotzdem gemütlich zusammensitzen.“

Für den Rhein-Kreis erwartet Reinhold übrigens „für die nächsten zehn, 15 Jahre eine Durststrecke wegen der hohen Verschuldung des Landes und der Kommunen“. Und: „Wir müssen schauen, dass wir die Aufgaben solide abarbeiten. Sparen wird uns begleiten müssen. Das tut weh. Das muss ordentlich kommuniziert werden.“ Strukturwandel, Rheinwasser-Transportleitung, Krankenhaus, Hyper-Scaler, Kreisleitstelle – das alles sind Themen, die sie bereits im Blick hat.

Katharina Reinhold scheut sich übrigens nicht vor einer klaren Ansage: „Die Neusser müssen mehr über den Tellerrand hinwegblicken. Wenn wir ein starker Kreis bleiben wollen, müssen sich die Neusser anders aufstellen.“

In der kommenden Woche gibt es zwei CDU-interne Vorstellungsrunden der beiden Landrats-Interessenten. Neben Katharina Reinhold hat ja auch Kreisdirektor Dirk Brügge seine Bewerbung abgegeben. Übrigens eine Konkurrenz, mit der die Politikerin aus dem Neusser Süden leben kann: „Ich bin in allen Sachthemen sprechfähig“, kommentiert sie locker. Am 3. November soll dann die Delegiertenversammlung entscheiden, wer letztendlich ins Rennen geschickt wird. „… dazwischen liegt noch die US-Wahl“, wirft die stellvertretende Landrätin ein.

Und diese Aussage lässt sich in zwei Richtungen interpretieren: Zum einen ordnet dieser Satz die Wertigkeit der Entscheidung, die Anfang November fällt, ein. Zum anderen spricht aus ihm auch Demut: „Corona, Ukraine, Naher Osten, Altschulden – es wusste vor zehn Jahren keiner, was da alles reinbombt“, sagte Reinhold an anderer Stelle. Und auch die US-Wahl kann Auswirkungen bis Uedesheim und Elfgen, bis Vorst und Ramrath, von Stürzelberg bis Bedburdyck haben.

Selbstbewusst schließt Katharina Reinhold ihre Ausführungen mit den Worten: „Die Fußstapfen von Hans-Jürgen Petrauschke kann keiner füllen. Ich möchte einen neuen Weg gehen. Und ich habe mein eigene Schuhgröße.“ – Eben eine lebenserprobte, selbstbewusste und klar kommunizierte Frau, der die Politik wahrhaftig im Blut liegt: Ihr Vater gehörte für die Heimatstadt Olpe 22 Jahre dem Landtag an. Politik am Mittagstisch ...