Beide Modelle werden 80

Wey · "Uns trennen nur 48 Tage", erzählt Winfried Herfort, "nächstes Jahr werden wir beide 80 Jahre alt. Aber ich bin der Ältere, weil schon im September "ausgeliefert". Die Rede ist von seinem heißgeliebten Oldtimer: Einem Mercedes 170V. "Der Wagen eines der seltenen Modelle mit Lieferwagenaufbau, die vor dem Krieg noch in Stuttgart von Daimler gebaut wurden", berichtet Herfort stolz, "es ist ein Lieferwagen aus dem Jahr 1937 — ausgeliefert am 26. Oktober nach Dresden.

Herfort und sein Oldtimer
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Solche Wagen wurden beispielsweise bei der Post oder auch als Geldtransporte eingesetzt." Doch das waren seine alten Aufgaben. Die meisten der damals 897 gebauten Exemplare wurden später im Krieg im Einsatz als Transportmittel stark beansprucht und regelrecht "aufgebraucht". Nur noch elf Lieferwagen mit der Original-Karosserie existieren heute — drei sind in Deutschland zugelassen.

"Den Oldtimer habe ich seit drei Jahren und fahre ihn vor allem bei schönem Wetter", sagt Winfried Herfort. Dann düst er, mit 38 PS und 1,7 Liter Hubraum, am liebsten in das Schwalm-Nette-Gebiet an den Mühlen vorbei. "Vergangenes Jahr bin ich beim zehnjährigen Bestehen der Classic Days über die Rennstrecke gefahren. Das hat Spaß gemacht", freut sich der 79-Jährige, "all die Jahre haben wir das Oldtimer-Festival aufgebaut und dann durften wir es mit dem eigenen Auto erleben. Es war ergreifend wie das Publikum sich gefreut, gewunken und gejubelt hat, bei unserem Lastesel. Da habe ich mein weißes Taschentuch rausgenommen und zurück gewunken."

Die Leidenschaft zu den Autos ist bei den Herforts groß geschrieben. "Wir hatten schon immer Benzin im Blut", lacht er. Schon damals ist er immer zum Nürburgring gefahren — genau wie seine Gattin. Die lernte er allerdings in Grevenbroich kennen. "Ein Freund von mir hatte einen alten BMW Dixi, damit haben wir beim Nürburgring für große Aufregung gesorgt und durften es sogar ins Fahrerlager stellen." Und auch privat fährt der Gierather einen BMW. Der ist allerdings viel schneller als sein Oldtimer. "Mit dem alten 170er ist es ein ganz anderes Fahren", meint er, "es gibt noch Zwischengas, keinen Rückspiegel und keine Lüftung." Denn die Windschutzscheibe wurde beispielsweise früher mit Ausstellschrauben einfach nach vorne gekurbelt und der Spalt zwischen Scheiberahmen und Windschutzscheibe war die Lüftung. Oder zum Starten des Motors musste unbedingt der "Choke" gezogen werden. Die Türen wurden damals anders geöffnet als heutzutage. "Die gehen nach hinten auf und wurden deshalb ,Selbstmördertüren‘ genannt. Sie sind an der B-Säule angeschlagen", erklärt er. Der Name stammt daher, dass die Türen durch den Fahrtwind nicht wieder geschlossen werden konnten und so mancher Mensch habe sich wohl auch tatsächlich auf diese Weise herausgestürzt. "In diesem Oldtimer gibt es noch eine Bank statt der Sitze. Das war vor allem beim Autokino super", lacht Herfort verschmitzt.

Mit Autos kam Winfried Herfort vor allem durch seine Arbeit in der Automobilbranche in Kontakt — den Oldtimer aber beschaffte ihm sein Sohn. "Er hat ihn entdeckt und wegen des Baujahrs direkt mit mir in Verbindung gebracht", freut er sich, "damals, also 1937, hat so ein Auto 3.900 Reichsmark gekostet. "Jetzt ist er grün lackiert und bestimmt auch mehr wert. Und 2017 gibt es dann eine Geburtstagsfahrt mit beiden Modellen — 80 Jahre müssen schließlich gefeiert werden.