Bilanz fürs abgelaufene Jahr fällt positiv aus: Vielfalt nimmt weiter zu Ringelnatter und Drosselrohrsänger: Lebensraum für geschützte Arten

Grevenbroich · Weite Bereiche der rekultivierten Flächen im "Rheinischen Revier" besitzen nicht nur großes Naherholungspotenzial, sondern erfreuen sich auch einer hohen Biodiversität. In den forstwirtschaftlichen und mit Wasser bedeckten Arealen siedeln sich vom Biber über die Ringelnatter bis zum Zwergtaucher zahlreiche seltene Tierarten an, die in der Region schon lange verschwunden waren.

Biber, Rohrweihe, Grauammer, Kreuzkröte und Klappertopf — nur einige der seltenen oder bedrohten Tierarten, die sich in der Rekultivierung heimisch fühlen.

An die 200.000 Bäume pflanzt RWE Jahr für Jahr in den zu rekultivierenden Bereichen. Biologen, Landschaftsplaner, Forstwirte und Geographen sind für das Unternehmen tätig, damit sich die Natur weite Teile ehemaliger Tagebauflächen in einem Maß zurückerobern kann.

Hier gedeihen heute naturnahe Laub- und Mischwälder, sind kleine Seen und Tümpel zu finden, halten seltene Tier- und Pflanzenarten wieder Einzug. So entstanden zahlreiche Biotope, deren ökologische Bedeutung weit über die reine Wiedernutzbarmachung hinausgeht.

Die rekultivierten Gebiete im "Rheinischen Braunkohlerevier" umfassen vielfältige und artenreiche Lebensräume. Im Laufe von über 40 Jahren Freilandforschung wurden hier bemerkenswerte 2.200 Tier- und rund 800 Pflanzenarten nachgewiesen.

Viele davon sind gemäß der "Roten Liste" des Landes Nordrhein-Westfalen als gefährdet oder bedroht eingestuft.

Im Auftrag von RWE entdeckten Naturkundler vor Ort auch 2016 wieder seltene Tierarten, wie sie im Rheinland normalerweise kaum zu finden sind. In der rekultivierten Indeaue ließ sich beispielsweise die Ringelnatter nachweisen. Gregor Eßer, Leiter der Forschungsstelle Rekultivierung bei RWE, erklärt: "Diese sehr anspruchsvolle Art lebt nur in intakten Feuchtgebieten. Ihr Vorkommen ist ein weiteres Indiz dafür, dass auch in den übrigen Tierartengruppen eine große Artenvielfalt vorhanden sein muss. Ansonsten könnte diese Schlange hier weder leben, geschweige denn sich fortpflanzen."

Das gilt auch für die Sumpfohreule, die als Brutvogel in Nordrhein-Westfalen bislang als ausgestorben galt. Im abgelaufenen Jahr erfolgte nach langer Zeit ein erster Brutnachweis dieser Art.

Die äußerst seltene Eulenart profitiert dabei von den Besonderheiten in der landwirtschaftlichen Rekultivierung, in der regelmäßige Luzerne-Brachen zum Erhalt von Bodenqualität und Artenvielfalt beigetragen haben.

Diese unbewirtschafteten Bereiche weisen ein großflächiges Wildblumenwachstum auf, das zahlreiche Insektenarten und in der Folge auch deren Fressfeinde anlockt. Dies ruft schließlich Greifvögel wie die Sumpfohreule auf den Plan, die hierzulande am Ende der Nahrungskette stehen.

Ebenfalls im vergangenen Jahr konnten in einem Röhricht eines Artenschutzgewässers Nistplätze des Drosselrohrsängers beobachtet werden. Auch diese Vogelart kann bei dauerhafter Ansiedlung als Nachweis für die funktionierende Artenvielfalt eines Biotops insgesamt herangezogen werden. "Wir beobachten also nicht nur tierische Einzelexemplare, sondern studieren vor allem deren Fortpflanzungsverhalten", so Eßer weiter.

Die rekultivierten Areale im "Rheinischen Braunkohlerevier" sind eine wahre "Brutstätte" für eine weitgehend ungestörte Artenentwicklung. So wurden im Bereich eines kleinen Tals bei Grevenbroich auf einer Fläche von nur vier Hektar über 650 Falterarten nachgewiesen.

Es wurden außerdem 18 zum Teil sehr seltene Orchideenarten entdeckt, wie sie vor dem Tagebau in der Region kaum vorkamen.

Hinzu kommen zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, die in bedeutsamer Population landesweit fast ausschließlich in den rekultivierten Tagebaugebieten zu finden sind: Pflanzen wie Bunter Schachtelhalm, Igelschlauch und Klappertopf; Singvögel wie Grauammer, Steinschmätzer und Bienenfresser; Greifvögel wie Rohrweihe, Wanderfalke, Sumpfohreule und Uhu;

Amphibien wie zum Beispiel Kreuz- und Wechselkröten.

Vergleichsbetrachtungen belegen, dass die Ökosysteme in der Rekultivierung eine ähnliche Artenvielfalt aufweisen wie hochwertige Referenzlebensräume in den wenigen naturbelassenen Bereichen Nordrhein-Westfalens.

Dies ist dem Engagement aller beteiligten Partner und Planer seitens der Behörden und RWE zu verdanken.

Vor allem ehemals allein landwirtschaftlich genutzte Flächen werden gemäß sorgsam ausgearbeiteter Nutzungspläne seit Jahrzehnten in naturbelassene Naturschutzräume "verwandelt".

Ganz bewusst werden dabei immer wieder Kleinstrukturen geschaffen, die ein optimales Nebeneinander von Mensch und Natur sowie Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zur Folge haben — natürlich immer unter Berücksichtigung aktueller Umwelt- und Naturschutzstandards.

Eine große Bedeutung kommt dabei den so genannten "Sonderbiotopen" zu, die extreme Standorteigenschaften wie Trockenheit, Feuchtigkeit oder Nährstoffarmut aufweisen. Diesen Arealen hat sich die Forschungsstelle Rekultivierung 2016 in besonderem Maße gewidmet, da die hier herrschenden Lebensbedingungen "Hotspots der Artenvielfalt" nach sich ziehen, in denen unter anderem seltene Amphibien, Insekten, Reptilien und Vögel wieder heimisch werden. Und die Forschungsstelle kann damit wichtige Erfahrungen für die künftige Gestaltung derartiger Flächen mit in die Rekultivierungsplanungen einbringen.

(Kurier-Verlag)