„Highland-Games“ – ein zünftig-uriger Sport Stein. Eisen. Holz.
Oekoven · Gebraucht wird „eine bunte Mischung aus Kraft und Geschicklichkeit“, um bei den „Highland-Games“ bestehen zu können, formuliert es André Gilles, langjähriger Vorsitzender des „Clan McClorey“. Er ist durchaus ein Mann, der einen Schatten wirft. Aber im Vergleich zu den Champs und Wettkämpfern, die Anfang Juni zu den traditionellen Wettkämpfen in Oekoven anreisen, so betont er, sei er regelrecht klein.
Dabei kann diesen Sport – seit Anfang dieses Jahres ist der Verband der Highlander anerkanntes Mitglied des „Deutschen Rasenkraftsport- und Tauziehverbandes“ und damit auch des DSB – eigentlich jeder ausüben. André Gilles: „Egal, ob Mann oder Frau, schmal oder knubbelig, alt oder jung, jeder kann diesen Sport lernen und Spaß daran haben.“ Als Beispiel verweist auf eine Vereinskameradin, die jenseits der 60 ist und eifrig die Disziplinen rund um „Stein, Eisen und Holz“ absolviert. Auch in den Wettkämpfen ist sie schon angetreten …
Selbstverständlich schwingt beim Steine-Heben, Stamm-Werfen und Stahl-Schleudern immer auch eine archaische Note mit. Der Geruch Blut, Schweiß und auch Whisky liegt quasi in der Luft. Sascha Voigt, aktueller Vorsitzender des „Clan McClorey“, berichtet, was in den traditionellen Erzählungen über die Entstehung der „Highland-Games“ so überliefert wird. Interessanterweise sollen die Frauen den Anstoß gegeben haben.
In grauer Vorzeit, als die Clans nicht nur im schottischen Hochland das Sagen hatten (was ihnen von der Besatzungsmacht der Engländer streitig gemacht wurde), kam es zwischen den einzelnen Clans immer wieder zu Auseinandersetzungen: Aus Raufereien wurden schnell blutige Kriege. Mit vielen Verletzten und auch Toten.
Als infolge dessen wieder einmal akuter Männer-Mangel herrschte, sollen die Frauen auf die Barrikade gegangen sein und das Ende dieser Clan-Kämpfe gefordert haben. Kraft und Geschicklichkeit könne man auch unblutig unter Beweis stellen, sagten sie. Und so wurden die Fertigkeiten, die man auf dem Schlachtfeld oder zur Verteidigung der Burg braucht, in sportliche Wettbewerbe eingebettet. „Und die jungen Burschen konnten so beweisen, dass sie vollwertige, kriegstaugliche Männer sind“, lacht Voigt.
Sollte zum Beispiel die Burg von einem fremden Clan gestürmt werden, wurden die Angreifer von oben mit Wackersteinen beworfen. Die konnten schwere Verletzungen hervorrufen, waren aber auch „nachhaltig“, weil sie nach dem Angriff wieder auf die Burgmauer geschleppt werden konnten. Dort mussten sie dann im entscheidenden Moment vom Wehrgang auf die Mauer gehievt werden. 60-, 80- oder auch 100-Kilogramm-Steine mussten auf 1,20 hochgehoben werden. Eine Aufgabe, die sich heute noch als „Stone of Manhood“ bei den Highland-Games findet.
Wenn jetzt geübte Muckibuden-Besucher sagen: „Das sind Gewichte, die drücke ich locker weg“, warnen André Gilles und Sascha Voigt vor Falscheinschätzung. Denn bei ihren Wettbewerben kommen keine austarierten und vielleicht gar noch geschmeidig laufenden Gewichte zum Einsatz, sondern ihre Sportgeräte sind Natursteine – mit allen Ecken und Unwuchten, die sich über die Jahrhunderte halt ergeben haben.
Oder auch hölzerne Stämme und Klötze, die entweder per Überschlag „auf die Zwölf“ geworfen („Tossing the Caber“) oder bei den Laufwettbewerben über eine gewisse Strecke gezogen oder getragen werden müssen. Da nun mal kein Baumstamm wie der andere ist, kann ein Astansatz kurz unter der Spitze die Flugeigenschaften deutlichst verändern.
Stahl wird übrigens meisten geworfen – hoch („Weight for Height“), weit („Weight for Distance“) oder schleudernd wie beim „Hammerwerfen“. Hinzukommen zwei etwas aus dem Rahmen fallende Aufgaben: Jeder Mannschaftswettbewerb endet mit dem „Tug of War“, mit einem Tauziehwettbewerb, für den die antretenden Teams zugelost werden. Nicht zu vergessen ist der „Trunk Slalom“: Das Team schultert einen „mannhaften“ Stamm, muss einen engen Slalom durchlaufen und dann zum Ziel zurückkehren. Und das im Sport ohne Wkisky-Zufuhr!
Apropos Mannschaftswettbewerb: Den gebe es, so erzählt Gilles, nur in Deutschland. In Schottland und in anderen Highland-Games-Nationen (ganz weit vorne sind die Belgier und Polen) kennt man nur den Wettbewerb der „Heavy´s“, der „starken Männer“ (und inzwischen natürlich auch Frauen). Die messen sich in den fünf Kern-Disziplinen, während bei den Mannschaftskämpfen zehn Disziplinen auf dem Zettel stehen.
Nicht ohne Stolz berichtet André Gilles, dass Schotten schon des öfteren nach Deutschland gekommen seien, um sich Mannschaftskämpfe anzuschauen. Auch in Oekoven waren schon weit gereiste Gäste. Und diese Team-Fights waren zudem bereits Thema in schottischen Zeitungen.
Der „Clan McClorey“, der eigentlich in Jüchen daheim ist, aber in Hoeningen trainiert und in Oekoven seine seit Jahren beliebten „Highland-Games“ veranstaltet, zählt 20 Mitglieder, die aus Düsseldorf, Jüchen, Grevenbroich, Dormagen, Mönchengladbach und Rommerskirchen kommen. Ihre Kilts sind in Grün und Gelb gehalten, weil die McClorey´s ursprünglich aus Irland stammen, betonen Dagmar und Brian McClorey, die einst den Anstoß zur Clan-Gründung gegeben haben.
Und dass das mit dem „Clan“-Begriff Bedeutung hat, machen die Gilles deutlich: André betreibt den Sport und lebt den Gedanken zusammen mit seiner Gattin Yasmin und seinen Kindern Maite, Tyler und Ciaràn. Mit dabei auch André Drews, Maites Freund. Sie alle investieren zudem viel Zeit in zum Thema passende Handwerk- und Mittelalter-Märkte. Auch dort kann man die Zeiten, als ein Wort und ein Handschlag noch ausreichten, wieder aufleben lassen …
Nur bei einem Stichwort verzieht André Gilles das Gesicht: Von Mel Gibsons „Braveheart“ hält er nicht viel. „Die haben nicht mit Steinen, sondern nur mit Steinchen geworfen“, griemelt er. Und er schiebt die Frage nach, was Hufeisenwerfen mit schottischer Kriegs-Technik zu haben könnte …?