Am Aschermittwoch geht es gemeinsam zur großen Demo am Dom Gillbach-Christen hadern mit Woelki, dem Generalvikariat, der Amtskirche

Nettesheim · „Es ist hart zu sehen, wie die Leute reihenweise und scharenweise von uns strömen.“ Matthias Schlömer, seit 32 Jahren in seiner Heimatgemeinde Mitglied im Kirchenvorstand, stößt diesen Seufzer aus tiefstem Herzen aus. Die Ursache sieht er ausschließlich bei der Amtskirche, für die Kölns Kardinal Woelki nur ein (negatives) Beispiel sei...

Mit dem Banner gegen Woelki.

Foto: KV/Gerhard P. Müller

Kardinal Woelki ist zur Symbolfigur für das geworden, was für viele in der katholischen Kirche falsch läuft. Weil er am kommenden Aschermittwoch nach fünfmonatiger Auszeit seinen Dienst als Kopf des Kölner Erzbistums wieder aufnehmen will, „grummelt es in vielen Gemeinden“ und wollen sich Gillbach-Christen an diesem Tag dem Protest vor dem Dom anschließen. Die Fünf, die zur Pressekonferenz geladen hatten, brachten vielerlei Argumente vor.

Sabine Heinen: „Das kann doch nicht sein: Einer hervorragenden Kindergärtnerin wird gekündigt, weil sie geschieden und wieder verheiratet ist. Ein Kirchenmusiker wird entlassen, weil er sich als schwul geoutet hat. Und ein Geistlicher, der Kinder vergewaltigt hat, wird einfach nur weitergereicht.“

Gabriele Knebel-Balle: Auch für sie sind „Missbrauch und der Umgang damit“ (Vertuschung, nicht erfolgte Aufarbeitung) Kristallisationspunkt. „Aber es sind auch viele andere Dinge krumm gelaufen. Im Erzbistum sind zum Beispiel immer noch die Frauen Menschen zweiter Klasse.“ Sie wolle „lebensferne Soutanenträger nicht bestimmen lassen, wie wir zu leben haben“, betont sie ganz energisch.

Sabine Heinen, H. Josef Huthmacher, Rita Seegers, Gabriele Knebel-Balle und Matthias Schlömer gehören zu dem Kreis der „aktiven, praktizierenden Christen“ aus den Rommerskirchener Gemeinden, die das dortige „Grummeln“ in Handeln und in Protest umsetzen wollen. Ihnen geht es  um „grundsätzliche strukturelle Veränderungen. So wie jetzt geht das im 21. Jahrhundert nicht mehr“, ist ihre tiefe Überzeugung.

Foto: KV/Gerhard P. Müller

H. Josef Huthmacher: Er erbost sich über „das Nichtstun unserer Oberen“, die sich scheinbar nur noch als „verwaltugstechnische Einheit“ sehen würden. „Vor Ort gehen viele Vereine und Gemeinschaften verloren, die eigentlich Träger des örtlichen Lebens sind.“ Die engagierten Christen in den Pfarreien versuchten dagegen, das Gemeindeleben aufrecht zu erhalten. „Eine Videokonferenz im Dom – so stelle ich mir Kirche nicht vor.“

Rita Seegers: Ihr geht es nicht um „ein Strategiespiel mit Gewinnern und Verlierern“. Sie will „dem Aufschrei der Basis“ Gesicht und Stimme verleihen, „damit unsere katholische Kirche wirklich allumfassend ist“.

Matthias Schlömer: „Das Generalvikariat ist noch lange nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Dort ist man nicht bereit, auch nur ein Quäntchen dazu zu tun, um den Gläubigen vor Ort die Dinge einfacher zu machen.“ Er spricht in diesem Zusammenhang von einem „klerikalen Absolutismus“, der enden müsse. Er habe das Kölner Generalvikariat über viele Jahre „live und in Farbe“ erlebt. Und er könne deshalb verstehen, dass viele aus der Kirche austreten würden: „Die Leuten wissen sich nicht anders zu helfen“, betont er.

Doch diesen Weg wollen die „aktiven praktizierenden Christen“, die sich in den fünf Rommerskirchener Gemeinden zusammengefunden haben, nicht gehen. Sie wollen sich wehren, so lange es geht.

Deshalb haben sie in den Kirchen und in den Büchereien „Rote Karten“ ausgelegt, die möglichst viele Gläubigen unterschreiben sollen. An Aschermittwoch, an dem Tag also, an dem Kardinal Woelki seinen Dienst nach der päpstlich verordneten Denkpause wieder aufnehmen will, sollen diese Karten in Köln im Rahmen der großen Demo am Dom übergeben werden.

Gesammelt werden diese Karten noch bis Montag, sodass die Gläubigen vor allem bei den Gottesdiensten am Wochenende die Gelegenheit haben, ihre „Rote Karte“ abzugeben.

„Am Aschermittwoch treffen wir uns um 9 Uhr am Bahnhof, um zusammen nach Köln zu fahren. Und wir fordern alle auch, sich uns anzuschließen“, so Schlömer im Rahmen der Pressekonferenz.

Der zwölfköpfige „inner circle“ hat inzwischen übrigens auch viele Reaktionen und Kontakte über die Gemeindegrenzen hinaus gewonnen: Dormagener, Düsseldorfer und auch Kölner Gemeinden und Gläubige tragen den Protest eifrig mit. Die Demo am Dom wird dabei von ganz vielen Zusammenschlüssen (unter anderem „Maria 2.0“) getragen.

Gabriele Knebel-Balle möchte auf diesem Wege „die Gemeinden wieder zusammenführen, alle Gläubigen mit ins Boot nehmen.“ Rita Seegers hofft „auf Gespräche auf Augenhöhe“.

Alle zusammen fordern sie dazu auf, „sich zu wehren, statt auszutreten. Wir müssen was tun, so lange sich noch was ändern lässt“. Die Nachfrage nach den „Roten Karten“ sei jedenfalls sehr hoch.

(Gerhard P. Müller)