Wachen Sie in diesen Tagen auch morgens mit Checklisten im Kopf auf? Es geht in die letzte Runde vor dem Fest. Was da noch alles zu erledigen ist… Schaffst du das? Was kannst du jetzt eigentlich schon abschreiben? Was könnte noch irgendwie bewerkstelligt werden? Kommt die online-Bestellung noch rechtzeitig? Muss ich wieder „zaubern“? Sind alle Familien-Absprachen für die Feiertage getroffen? Fehlt noch etwas von der Lebensmittel-Einkaufsliste?

Weihnachten bricht immer so plötzlich über uns herein… Viele Menschen nennen diese Tage den „Weihnachts-Endspurt“. „Endspurt“ – der ist im Sport beschrieben als Schlussphase eines Wettbewerbes, bei dem man, obwohl bereits erschöpft, noch einmal alle Kraftreserven aufbietet, um die Leistung noch einmal zu erhöhen. Und das trifft es doch ziemlich genau: Eigentlich bin ich kräftemäßig schon am Ende. Eigentlich geht schon nichts mehr. Und dann noch einmal alle Kräfte zusammennehmen. Koste es, was es wolle. Und dann am Heiligabend vollkommen platt über die Ziellinie hecheln und stolpern…

Am Anfang einer solchen letzten Woche vor Weihnachten geht es mir oft so: Im Überblick alles kaum zu bewältigen – doch im Zugehen auf das Ziel tun sich plötzlich Tore auf. Wie in einem Adventskalender. Tag für Tag wird der Raum weiter, so scheint es. Die Aufgaben drohen nicht mehr, wie eine tödliche Flut über mich hereinzubrechen, sie werden lösbarer. Weil es auch immer wieder mehr Menschen gibt, die helfend dazukommen. Und weil sich wie von Wunderhand manche Aufgaben auch von ganz alleine erledigen. Wir gehen auf das Weihnachtsfest zu – eines der größten Feste, das Christen weltweit feiern. Klar, dass auch wir Kirchen uns vorbereiten. Der Advent, die Zeit, die in diesen Tagen ihrem Ende zugeht, ist diese Vorbereitungszeit. Und auch der Advent bei uns Christinnen und Christen kennt so etwas wie den „Endspurt“. Das spiegelt sich in den Texten wieder, die seit alters her in den Gottesdiensten dieser Tage diesen Endspurt begleiten. Ein Blick auf diese kleinen, geistlichen Helferlein ermöglicht manchmal einen Perspektiv-Wechsel und setzt schließlich vielleicht sogar vollkommen ungeahnte Kräfte frei.

Und wie das immer so ist, wenn man eine lange Vorbereitungszeit durchgemacht hat und kurz vor dem Ziel steht, ist es auch hier. Die Texte, die in den Tagen vor dem Fest in den katholischen Gottesdiensten vorgelesen werden, fassen noch einmal alles Wichtige des Weges und des Ziels zusammen. Da steht zum Beispiel eine Stelle aus dem Propheten Jesaja im Fokus – für mich eine der wunderbarsten Stellen der Bibel überhaupt. Der Prophet schreibt: „Siehe, die Jungfrau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn und wird ihm den Namen ,Immanuel’ – Gott mit uns – geben.“ Egal, was auch passiert – die Zusage steht: Gott mit uns. Er kann eigentlich gar nicht anders. Er kann gar nicht „gegen uns“ sein – auch wenn sich das aktuell angesichts von Klima-Katastrophe und Corona-Krise so anfühlen mag. Er ist mit uns. Eine wunderbare, frohe Nachricht am Beginn der „Endspurt-Woche“. Eine, die uns begleiten kann in diesen Tagen – sei es bei den letzten Erledigungen vor dem Fest, in den Krisen, die uns in diesen Tagen zusätzlich bewegen und belasten, oder auch bei den großen und kleinen Katastrophen, die uns vor oder während der Weihnachtstage noch ereilen werden. Er ist mit uns – die Zusage steht, egal, was auch passiert. Zuversichtlich für die Endspurt-Woche grüßt Sie mit den besten Wünschen für ein gesegnetes und vor allem gesundes Weihnachtsfest.

Ihr Pfarrer Ulrich Clancett