„Uns war es ein großes Anliegen, vor der Wahl noch einmal deutlich zu machen, dass eine tolerante Gesellschaft wichtig ist und die Demokratie geschützt werden muss“, berichtet Malte vom Organisationsteam. Dass es neben den positiven Reaktionen auf ihr Engagement im Vorfeld sogar negatives Feedback gab, habe alle in ihrer Motivation nur bestärkt: „Das hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass so eine Kundgebung stattfindet.“
Mit zwei weiteren Ehrenamtlern stand Malte schließlich auf der Bühne und trug die sorgfältig vorbereitete Rede vor, an der gemeinsam an drei Abenden gefeilt wurde. „Same shit different year“ brachten sie direkt zu Beginn auf den Punkt und betonten: „Das können und wollen wir nicht akzeptieren.“ Sie riefen dazu auf, laut zu werden gegen Hass, Ausgrenzung und rechte Ideologien und gemeinsam eine Gesellschaft zu gestalten, in der Toleranz und Offenheit keine leeren Worte seien.
Die Ehrenamtler wurden deutlich: Sicherheit für alle komme nicht durch Hass und Hetze, was uns die Geschichte unseres Landes auf schmerzhafte Weise lehre. Jeden Tag sehe man Unmenschlichkeit, Menschen würden bedroht, weil sie die „falsche“ Sexualität, Herkunft oder Religion hätten. „Wir sind hier, weil wir diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen. Weil wir nicht akzeptieren, dass manche Menschen weniger wert sein sollen als andere. Weil wir eine Welt wollen, in der Gerechtigkeit keine Frage von Herkunft, Sexualität oder sozialem Status ist. Dafür kämpfen wir – heute, morgen und jeden weiteren Tag.“
Auch die Schülervertreter der weiterführenden Schulen bezogen auf der Bühne klar Stellung, seien sie doch die Generation, die die künftigen Auswirkungen politischer Entscheidungen besonders spüren werde – beim Klimaschutz, bei Bildung und sozialer Gerechtigkeit. „Deswegen müssen wir unsere Stimme nutzen. Demokratie bedeutet nicht nur, alle vier Jahre ein Kreuz zu setzen, sondern mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen – im Alltag, der Politik und im Leben“, betonten sie. Man dürfe nicht in der Illusion leben, dass die Demokratie für immer bestehen bleibe. Es gelte, die Demokratie aktiv zu schützen, hänge die Zukunft doch von unseren Entscheidungen in der Gegenwart ab.
„Ausgrenzung führt in letzter Konsequenz nach Auschwitz“, führte Norbert John, der „nicht als SPD-Vorsitzender, sondern als Jüchener Bürger und Mensch“ die Bühne betrat, den Anwesenden in seiner Rede vor Augen. Man müsse „Gräben zuschütten, statt immer neue aufzureißen“. Sein Wunsch: „Ich möchte für unsere Kinder erreichen, dass sie nicht in einer Welt aufwachsen müssen, in der nur noch Hass, Krieg und Gewalt regieren.“ Deutliche Worte fand auch der stellvertretende Bürgermeister Karl-Heinz Mohren: „Es ist sehr schade, dass wir heute für etwas demonstrieren müssen, das über Jahrzehnte eine Selbstverständlichkeit war: die Demokratie.“
Am Ende der Veranstaltung wurde den Menschen vor Ort die Möglichkeit gegeben, ihre Gedanken loszuwerden. Den größten Applaus erntete die zehnjährige Nele, die das Gymnasium Jüchen besucht. Mit voller Inbrunst erklärte sie, wie schlimm sie es finde, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe gemobbt werden und betonte: „Alle Menschen sind hier willkommen.“ Als sie ihre Rede lautstark mit dem Satz „Rassismus ist scheiße!“ beendete, tobte die Menge und Nele verließ zurecht stolz die Bühne.