Gefährlicher „Trend“ Wieder Geldautomaten gesprengt
Jüchen · Ein ohrenbetäubender Lärm, wackelnde Wände und ein seltsam verbrannter Geruch weckte die Anwohner der Odenkirchener Straße vor einer Woche in der Nacht von Freitag auf Samstag aus dem Schlaf.
Wieder einmal hatten Verbrecher einen Geldautomaten gesprengt. Nicht das erste Mal in Jüchen.
. Nach ersten Erkenntnissen flüchteten drei Personen mit einem Mercedes in Richtung Bundesautobahn A 44. Und genau dies scheint schon ein Grund zu sein, weshalb Jüchen gerne in den Fokus der Verbrecher gerät: Die Autobahnanbindungen sind gut, eine Flucht kann schnell erfolgen. Zwar hatte die Polizei bei der Fahndung noch die Verfolgung aufgenommen, doch dabei kam es zu einem Unfall mit dem flüchtenden Fahrzeug. Der Streifenwagen wurde dabei schwer beschädigt und ein Polizist an der Hand verletzt.
Die Frage nach der Tatbeute ist nunmehr Gegenstand kriminalpolizeilicher Ermittlungen. Zur Unterstützung bei der Tatortaufnahme erschienen Spezialkräfte des Landeskriminalamtes NRW vor Ort.
Und allen Beamten bot sich ein absolutes Bild der Verwüstung: Der Vorraum der Bank war komplett zerstört. Autos, die vor dem Geldinstitut geparkt hatten, waren schwer beschädigt oder sogar ganz demoliert. Bisher wurde bei einer solchen Sprengung kein Mensch verletzt – doch bei dem Ausmaß der Detonations-Schäden ist nicht auszuschließen, dass auch ein Anwohner einmal verletzt werden könnte.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre gab es in Jüchen drei Geldautomatensprengungen: in Otzenrath, in Gierath und jetzt in Jüchen. Im ganzen Kreisgebiet häufen sich diese Einsätze. Und so ist die Polizei aktiv: Regelmäßige Kontrollen an den Geldinstituten gehören zu den Streifenfahrten. „Die ganze Region ist ein Schwerpunkt von Geldautomatensprengungen. Unsere Kollegen sind alle sensibilisiert auf dieses Vorgehen und achten auf Verdächtiges an den Geldinstituten“, heißt es aus der Pressestelle der Polizei.
Auch Feuerwehr-Chef Heinz-Dieter Abels sieht sich und seine Florianer bei dem „Trend“ der Geldautomatensprengung mit einem ganz neuen Problem konfrontiert: „Wir kommen zum Einsatz und müssen erst einmal schauen, welcher Sprengsatz eventuell noch vor Ort ist und wie damit umgegangen wird.“ In der vergangenen Woche wurden die Kollegen vom Sprengstoffkommando des LKA gerufen, die den zurückgelassenen Sprengsatz an der B 59 geplant sprengten.
Auch die Bankinstitute rüsten sich: Bei Neubauten wird direkt auf die neueste Technik gesetzt, alle bestehenden Bankautomaten werden noch einmal überprüft. Im Zuge solcher Überprüfungen wurde unter anderem entschieden, dass viele Selbstbedienungs-Terminals zwischen 23 und 6 Uhr schließen.
Doch sind die Geldautomaten noch das Instrument der Zukunft? „Wir sehen nicht, dass auf Geldausgabeautomaten in naher Zukunft verzichtet wird. Sie gehören zur Grundversorgung der Menschen im Geschäftsgebiet mit Bargeld und werden trotz mobiler und digitaler Zahlungsmöglichkeiten noch häufig in Anspruch genommen“, so Tanja Schynke von der Volksbank, die es in Jüchen jetzt getroffen hatte.
Stephan Meiser von der Sparkasse reagiert ebenfalls auf den Gedanken: „Allgemein registrieren wir seit einigen Jahren einen stetigen Rückgang der Nachfrage nach Bargeld zugunsten digitaler Zahlungswege. Parallel dazu gibt es immer mehr Möglichkeiten, Bargeld an den Kassen vieler Supermärkte oder in Tankstellen mitnehmen zu können. Der Ausfall/Wegfall eines Automaten hat vor diesem Hintergrund aus Sicht der Sparkasse für die meisten Kunden heute nicht mehr dieselbe Bedeutung wie noch vor wenigen Jahren.“ Immerhin: In der Not gibt es keine Konkurrenz sondern Zusammenhalt. „In den vergangenen Wochen waren sowohl die Sparkasse Neuss als auch die Volksbank Erft mehrfach von Automatensprengungen betroffen. Für Jüchen und Gustorf bieten wir ab heute an, dass die Geldautomaten in der Filiale der Sparkasse in Jüchen sowie die Geräte der Volksbank in Gustorf gegenseitig für die Kunden zur kostenfreien Nutzung freigegeben werden“, verrät Stephan Meiser.
Julia Schäfer