Bürgermeister im Interview Zillikens vertraut auf Stärke der Wirtschaft
Jüchen · „Mit großer Sorge verfolgen Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und die Bürgermeister im Rhein-Kreis den immer gewaltsameren völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Wladimir Putins in der Ukraine.“ So heißt es in diesen Tagen in mehreren Pressemitteilungen aus den Rathäusern. Neben dem Leid der Menschen steht auch die Sorge um die wirtschaftlichen Folgen für die ganze Welt. Aber auch für unsere Region.
Wie Bürgermeister Harald Zillikens die Jüchener Wirtschaft gerüstet sieht, welche Hilfen er von Bund und Land fordert, verriet er dem Top-Kurier in einem Interview, das Gerhard P. Müller führte.
Corona, Flut und jetzt Ukraine – wie viele Krisen kann die heimische Wirtschaft noch wegstecken? Ist die heimische Wirtschaft stark genug?
Die heimische Wirtschaft ist sicherlich stark genug, um Krisen zu überstehen. Allerdings kommt es in den vergangenen zwei Jahren für die Unternehmen knüppeldick. Besonders der Einzelhandel, die Gastronomie und allgemein Unternehmen im Dienstleistungssektor waren durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie stark betroffen und mussten teilweise erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen, die durch staatliche Hilfen nicht vollständig aufgefangen werden konnten.
Ob die Unternehmen diese Zeit überstanden haben, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Durch den Krieg in der Ukraine hat sich die Situation weiter verschlechtert. Für die produzierenden Unternehmen ergeben sich große Einschränkungen durch Störungen in den Lieferketten, die unzureichende Versorgung mit Vorprodukten und die erheblich gestiegenen Preise für Energie. Dies belegt auch eine aktuelle Umfrage der IHK Mittlerer Niederrhein.
Hier befürchten 84 Prozent der Unternehmen aus allen Branchen, dass für sie relevante Vorprodukte teurer beziehungsweise knapper werden. 58 Prozent der Betriebe haben die Sorge, dass die Energiepreise auf ein existenzgefährdendes Niveau steigen. Insbesondere der Einzelhandel hat die Sorge, dass die Preise für Kraftstoffe dazu führen, dass das Kaufkraftpotenzial für den Einzelhandel sinkt.
Welche besonderen Anforderungen kommen auf kommunale Wirtschaftsförderung zu? Was erwarten Sie von Land und Bund?
Die kommunale Wirtschaftsförderung kann den Unternehmen in solchen Krisen nur mittelbar helfen. Sei es durch Informationen über Hilfsangebote oder die Unterstützung im Rahmen von Antragsverfahren für Fördermittel, wie zum Beispiel der Überbrückungshilfe. Bei so tiefgreifenden Krisen ist insbesondere die Bundes- und Landespolitik gefragt.
Wie kann der einzelne Unternehmer, der einzelne Arbeitnehmer reagieren? Bleiben gute Aus- und Weiterbildung das Gebot der Stunde?
Gerade in diesen Zeiten ist es schwer für die Unternehmen zu investieren. Aber die aktuelle Krise zeigt, dass auch die eigene Effektivität bei der Energienutzung die Betriebskosten deutlich reduzieren kann. Wärmerückgewinnung und Photovoltaikanlagen sind hier nur zwei Beispiele.
Insgesamt müssen wir uns in Deutschland unabhängiger von ausländischer Energie machen, das geht durch die Erhöhung der alternativen Energieproduktion im eigenen Land und dezentral durch alle Verbraucher, aber auch durch die Einsparung von Energie in allen Lebensbereichen.
Die gestiegenen Lebenshaltungskosten belasten Arbeitnehmer und ihre Familien. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob der Arbeitgeber die derzeitigen Krisen übersteht. Eine gute Aus- und Weiterbildung kann sicherlich die Einkommenssituation verbessern und bei der Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen helfen. Denn auch ohne Corona und ohne Krieg ist der Fachkräftemangel bei den Unternehmen angekommen.