Im Interview zum „St. Elisabeth“-Krankenhaus Grevenbroich Klaus Krützen appelliert an die Vernunft in Neuss und im Kreis
Grevenbroich · Im Exklusiv-Interview mit dem Erft-Kurier dröselt Bürgermeister Klaus Krützen die aktuelle Situation in Sachen „St. Elisabeth“-Krankenhaus auf, beschreibt die verfahrene Verhandlungslage zwischen Landrat Petrauschke und Neuss´ Bürgermeister Breuer und kündigt eine Grevenbroicher Initiative an.
Die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Rhein-Kreis und in Grevenbroich beschäftigt die Menschen. Wie ist denn der aktuelle Stand beim „Rheinland Klinikum“?
Klaus Krützen: Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Grevenbroich ebenso wie die Stadt Dormagen nicht Miteigentümer des örtlichen Krankenhauses ist. Somit sind wir auch nicht direkt finanziell beteiligt. Seit der Fusion des Neusser Lukaskrankenhaus mit den Kreis-Kliniken im Jahr 2019 gehören je zur Hälfte der Rhein-Kreis und die Stadt Neuss zu den Eigentümern. Zwischen dem Kreis und der Stadt Neuss gibt es jedoch unterschiedliche Auffassungen zur künftigen Struktur der Krankenhäuser, was zu einem Stillstand in der weiteren Entwicklung führt.
Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?
Wir beobachten bereits seit einigen Jahren einen Trend zur ambulanten Behandlung und eine sinkende Verweildauer in Krankenhäusern. Fast alle Krankenhäuser stehen zudem vor finanziellen Herausforderungen, da die Kosten kontinuierlich steigen. Hinzu kommt ein erheblicher Investitionsstau in den Kliniken, der allein in den NRW-Kliniken auf rund 16 Milliarden Euro geschätzt wird.
Welche Rolle spielt das Land in diesem Zusammenhang?
Die Finanzierung der Krankenhäuser setzt sich aus Betriebs- und Investitionskosten zusammen. Während der Bund für die Betriebskosten zuständig ist, liegen die Investitionskosten in der Verantwortung der Länder. Der jährliche Investitionsbedarf im Land beträgt etwa 1,8 Milliarden Euro, von denen die Landesregierung jedoch nur knapp die Hälfte bereitstellt. Das ist zweifellos unzureichend.
Wie sieht die Situation konkret in Grevenbroich aus? Machen Sie sich Sorgen?
Ja, ich muss zugeben, dass ich besorgt bin. Denn es breitet sich eine gewisse Unruhe aus, weil sich die Stadt Neuss und der Kreis in ihren Verhandlungen derart verstrickt haben, dass seit Monaten kein Fortschritt erzielt wurde. Ein langer Stillstand schadet den Krankenhäusern letztendlich mehr als eine zügige Entscheidung für weitere Reformen. Derzeit liegt kein genehmigter Wirtschaftsplan für die Kliniken vor, was die Arbeit dort für die Geschäftsführung sehr schwierig macht.
Warum ist das so?
Ende vergangenen Jahres haben sich die Gremien der Rheinland-Kliniken auf einen Sechs-Punkte-Beschluss geeinigt, der aber von der Stadt Neuss und dem Kreis noch bestätigt werden muss. Der Rat der Stadt Neuss hat diesen Beschluss gefasst, der Kreistag bisher noch nicht.
Welche Maßnahmen planen Sie als Verwaltungschef in Grevenbroich?
Wir haben Landrat Petrauschke und Bürgermeister Reiner Breuer zu einer Sitzung des Ältestenrats eingeladen, um unsere Bedenken zu besprechen und Lösungen zu erarbeiten. Bei Gesprächen über die finanzielle Situation der Kliniken müssen auch vertrauliche Zahlen offenbart werden.
Warum hinter verschlossenen Türen?
Bei Diskussionen über die wirtschaftliche Lage und finanzielle Situation der Kliniken müssen alle relevanten Zahlen offengelegt werden. Das ist ein sensibler Bereich, der eine vertrauliche Atmosphäre erfordert, daher können und dürfen wir diese Diskussion nur in nicht-öffentlicher Sitzung führen.
Und dann kommt weißer Rauch und Reiner Breuer ergibt sich?
Das ist nicht der Sinn dieser Gespräche. Wir wollen auf Augenhöhe miteinander sprechen und uns nicht in ein „Schwarze-Peter-Spiel“ verstricken. Es ist wichtig anzuerkennen, dass die ehemaligen Kreiskliniken bereits vor der Fusion in einer schwierigen finanziellen Lage waren.
Die Fusion mit dem Lukaskrankenhaus wurde angestrebt, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Wenn man also ausschließlich auf Neuss zeigt, zeigt man auf den Landrat zurück. Der Kreis hätte bereits früher Reformen einleiten müssen.
In Neuss gibt es Stimmen, die die Fusion der Krankenhäuser rückgängig machen wollen. Was sagen Sie dazu?
Auch die Stadt Neuss steht vor erheblichen Haushaltsproblemen und kann nicht dauerhaft Geld in die Kliniken pumpen. Ich verstehe daher die Sorgen meiner Kollegen in Neuss. Dennoch halte ich eine Rückabwicklung der Fusion nicht für die Lösung.
Ich bin überzeugt, dass wir nur gemeinsam stark genug sind, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Krankenhäuser ein?
Ich glaube, wir müssen neue Wege gehen. Unser Ziel sollte es sein, die Bedürfnisse der Bevölkerung nach einer wohnortnahen Gesundheitsversorgung zu erfüllen. Wenn ein regionales Gesundheitszentrum diese Bedürfnisse besser abdecken kann, sollten wir das ernsthaft prüfen. Die stationären Leistungen in Grevenbroich sind in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, daher sollten wir klare Anforderungen an die Gesundheitsversorgung definieren und zeitliche Rahmenbedingungen für deren Umsetzung festlegen.
Viele in Grevenbroich sehen das kritisch.
Wir müssen alles daransetzen, eine gute Gesundheits- und Notfallversorgung für unsere 65.000 Einwohner sicherzustellen. Es darf nicht sein, dass wir am Ende mit leeren Händen dastehen, wenn sich der Kreis und die Stadt Neuss nicht bald auf einen gemeinsamen Weg einigen können. Daher erwarte ich, dass der Rhein-Kreis sich bewegt und nicht die Zukunft der Kliniken aufs Spiel setzt.
Wie geht es also weiter?
Der Kreistag hat in dieser Angelegenheit am 20. März erneut keine Entscheidung getroffen, daher bleibt die Hängepartie bestehen. Ich hoffe, dass wir im Rat der Stadt Grevenbroich einen Impuls setzen können, um die Gesellschafter zum Handeln zu bewegen. Andernfalls läuft allen Beteiligten die Zeit davon.