Gutachter erklärt beide Bürgerbegehren für unzulässig – Es fehlen die Alternativen – „Rückwirkende Faktenbeseitigung“ nicht möglich – Das Land plant die ZUE. Also ist die Stadt raus – „Sinnentstellende Auslassung“
Wevelinghoven/Hemmerden · Am Montag soll der Rat um 20 Uhr im Bernardussaal zusammenkommen, um über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Sachen Flüchtlingsunterbringung zu entscheiden. Der beauftragte Gutachter fällt dabei ein klares Urteil: „Njet!“
Die Stadt hat sich zur Prüfung der Zulässigkeit der Bürgerbegehren eines externen Gutachters bedient: Professor Dr. Harald Hofmann, seines Zeichens Lehrbeauftragter der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung des Landes, kommt zu dem Ergebnis, das beide Bürgerbegehren „insgesamt unzulässig“ sind.
Im ersten Bürgerbegehren (Flüchtlingsunterbringung in Frimmersdorf und Hemmerden) bemängelt Professor Hofmann, „dass das zu untersuchende Bürgerbegehren sich nicht darauf beschränken darf, den Ratsbeschluss vom 2. November 2023 (nur) beseitigen zu wollen, ohne dass im Bürgerbegehren bestimmt genug für die Unterzeichner erkennbar wird, was an Stelle der im Ratsbeschluss enthaltenen Unterbringungsregelung für die Geflüchteten treten soll“.
Außerdem sieht der Gutachter ein weiteres Problem: Nach dem beanstandeten Ratsbeschluss seien Fakten geschaffen worden (Frimmersdorf: Errichtung des Containerdorfes; Hemmerden: Anpachtung des Geländes). „Rückwirkende Faktenbeseitigung durch Bürgerbegehren“ sei aber nach der Rechtsprechung nicht möglich, so der Professor in seinem Gutachten.
Wörtlich schreibt er: „Das hier in der Vorprüfung zu untersuchende Bürgerbegehren kann nicht die Tatsachen – in die Vergangenheit greifend – ungeschehen machen. Soweit das Bürgerbegehren auf eine derartige Rückwirkung ausgerichtet ist, gibt es dafür keine gesetzliche Grundlage. Dies führt deshalb zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens.“
Bezüglich des zweiten Bürgerbegehrens (ZUE in Wevelinghoven) führt eine andere Überlegung zur gutachterlichen Unzulässigkeit: Das angesprochene „Gelände an der Untermühle“ steht im Eigentum der „NRW.URBAN“ (also letztlich des Landes). „Hier hat die Stadt Grevenbroich keine unmittelbaren Befugnisse; es fehlt sowohl der Stadt als auch dem Rat, als auch damit dem Bürgerbegehren in dieser Frage die erforderliche Verbandskompetenz.“
Die für die Errichtung einer Zent-ralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) erforderlichen Entscheidungen würden getroffen einerseits vom Familien-Ministerium des Landes und andererseits durch das Ministerium für Bauen, Wohnen. Die dazu erforderlichen Tätigkeiten würden durch die Bezirksregierung Düsseldorf koordiniert und abgewickelt. Die Stadt habe keine eigenen Befugnisse und sei dementsprechend raus.
Außerdem fehle in den Ausführungen des Bürgerbegehrens der Hinweis „als Landes-aufnahmeeinrichtung“. Der Gutachter interpretiert: „Die Unterzeichnenden des Bürgerbegehrens dürften die Worte ,… Beschluss des Stadtrates … zu errichten …’ so verstehen, dass der Rat beschlossen hat, ,irgendetwas Städtisches’ zu errichten – also in der Befugnis der Stadt und auf städtische Kosten. Die Unterzeichnenden haben hingegen keine Chance, aus dem ihnen vorgelegten verkürzten Ratsbeschluss-Text der Bürgerbegehrens-Frage zu erkennen, dass es sich ,… als Landesaufnahmeeinrichtung …’ um ein Projekt des Landes handelt, also in der Befugnis des Landes und auf Kosten des Landes.“
Wegen unrichtiger Tatsachenangaben (mit sinnentstellender Wirkung) sei das zweite Bürgerbegehren ebenfalls unzulässig.
Dementsprechend schlägt die Verwaltung dem Rat die Zurückweisung der Bürgerbegehren vor. Damit hätte die Bürger-Initiative übrigens auch keine Chance auf einen klassischen Bürgerentscheid, denn der setzt „Zulässigkeit“ voraus.
Von Seiten des Vereins „Grevenbroicher gegen Ghettos“ wurde nach Bekanntwerden des Gutachtens gefordert, die Ratssitzung von Montag zu verschieben, damit man die Zeit habe, eine Stellungnahme zu den Einlassungen des Professors zu formulieren.
Gerhard P. Müller