Florian Herpel im Interview zur Quartiersentwicklung Gierather Weg Oberhalb von Orken soll viel Wohnraum geschaffen werden

Orken · „Wichtig ist, dass wir ganz am Anfang der Entwicklung stehen. Der Entwicklungsprozess wird einige Jahre in Anspruch nehmen. Die Details werden immer im Lichte der bis dahin stattgefundenen Entwicklung festgelegt“, macht Grevenbroichs oberster Planer Florian Herpel gleich zu Beginn des Interviews mit dem Erft-Kurier deutlich. Immerhin erscheint das, was in Erweiterung der Ortslage Orken geplant werden soll, so massiv, das manch einer mit Sorgenfalten auf diesen „Entwicklungsprozess“ blickt...

Zwischen „Galgenberg“ und „Hasenacker“ sollen 35 Wohnungen je Hektar entstehen. Dezernent Herpel informiert.

Foto: KV/Repro: -gpm.

Grundlage des Neubaugebietes, das die SEG entwickeln und vorantreiben soll, ist die Landesinitiative „Bauland an der Schiene“, die 35 Wohneinheiten je Hektar vorschreibt. Rund 30 Hektar sollen bebaut werden.

Planungsdezernent Florian Herpel stellte sich den Fragen des Erft-Kurier.

Florian Herpel: „Wichtig zu verstehen ist, dass wir ganz am Anfang der Entwicklung stehen. Der Entwicklungsprozess wird einige Jahre in Anspruch nehmen. Die Details in der späteren Feinplanung werden immer erst zum jeweiligen Zeitpunkt vorgenommen werden können und immer im Lichte der bis dahin stattgefundenen Entwicklung festgelegt.“

„Quartiersentwicklung Gierather Weg“ – kann man sagen „ein neuer Stadtteil wird geplant“?

Ein neuer Stadtteil wäre zu weit gegriffen, da hier nichts Autarkes entsteht. Es ist mehr eine Erweiterung des Ortsteils Orken, der ein Minimum an Infrastruktur bekommen soll, aber nicht in Konkurrenz zu anderen Ortsteilen oder gar der Stadtmitte stehen soll. Es werden hier Grünflächen, Aufenthaltsräume und Flächen für die Naherholung geplant, ein kleines Quartierszentrum ist vorstellbar, mit Dienstleistung, vielleicht ein Backshop oder ein kleiner Laden; Einrichtungen für ganz junge Menschen (KiTa) und auch für unserer älteren Mitbürger (Tagespflege) werden auch nicht fehlen. Aber solche Ideen müssen sich konkretisieren und dann wohl überlegt sein in dem Moment, wenn ein Gebiet tatsächlich in Realisierung geht. Noch sind wir in einer sehr frühen Phase, wo noch der Grunderwerb der Flächen in den Fokus rücken muss. Konkrete Bebauungspläne sind noch nicht beauftragt.

Nennen Sie die Eckdaten: Wie viel Wohnraum soll bis wann geschaffen werden? Was ist an Infrastruktur erforderlich?

Noch steht nicht fest, wann welcher Bauabschnitt kommen könnte. Das ist alles abhängig von der Flächenverfügbarkeit. Auch die Größe des Gebietes ist zu gegebener Zeit am lokalen und regionalen Bedarf festzumachen und ist noch nicht in Stein gemeißelt. Der Rahmenplan zeigt ein Szenario, wie es mal werden könnte, abhängig von den tatsächlichen Wohnraumbedarfen. Das betrifft auch die Wohnformen, da werden wir genau hinschauen müssen, was dann auf dem Markt nachgefragt wird.

Wie wird sich das Neubaugebiet auf die bestehenden Wohngebiete auswirken? Soll es Anknüpfungspunkte geben?

Das Neubaugebiet soll nicht isoliert für sich stehen, sondern räumlich mit den angrenzenden Siedlungen vernetzt sein. Wichtig ist hier die Anbindung an den Bahnhof, Der ist ja überhaupt der Auslöser dafür, dass die Stadt eine Förderung vom Land bekommen hat, um ein Konzept mit einem Expertenteam entwickeln zu können. Es geht um „Bauland an der Schiene“. Insgesamt muss über ein Verkehrskonzept die Einbindung ins städtische Netz geprüft werden.

Denken Sie auch an anderen Stellen im Stadtgebiet über große Baugebiete nach? Wie viel „zusätzliche Stadt“ kann Grevenbroich noch vertragen oder verbietet sich eine solche Frage angesichts des steigenden Bedarfs an Wohnraum?

Im Regionalplan des Bezirks Düsseldorf und im Flächennutzungsplan der Stadt gibt es Potenzialflächen, die sich für eine Siedlungsentwicklung eignen. Deren Darstellung ist mit dem vom Land ermittelten Bedarf konform.

Der Wohnraumbedarf wurde zuletzt durch ein Update der Wohnraumbedarfsprognose im Auftrag des Rhein-Kreises bestätigt und insbesondere auf den Bedarf an Geschosswohnungen und geförderten Wohnraum hingewiesen.

Konkrete Bauleitplanverfahren laufen weiterhin „An Mevissen“, „Am Lohweg“ in Neukirchen, „An der Heckstraße“ in Wevelinghoven und auch einige Nachverdichtungsprojekte in der Innenstadt („Erft-Lofts“, „Alte Molkerei“, „Hammerwerk“ altes Knaubergelände). Mit den verschiedenen Gebieten spricht man verschiedenen Zielgruppen an: das urbanere Leben in der Stadtwohnung (altersgerecht, barrierefrei) oder das ländlichere eher familientypische Leben mit Garten und verkehrsberuhigtem Umfeld.

Wenn man auf der „grünen Wiese“ planen kann, macht das sicher mehr Spaß, als wenn es um „Lückenschlüsse“ geht, bei denen man ans Erscheinungsbild der Umgebung gebunden ist. Welche aktuellen und modernen Gesichtspunkte wollen Sie in dem Neubaugebiet zur Wirkung kommen lassen? Was sind die „zukunftsträchtigen Ansätze“?

Alle neuen Ansätze zielen auf Nachhaltigkeit, CO²-Neutralität, flächen- und ressourcensparendes Bauen, starkregensicher, modernes Regenwassermanagement, was die Kanalisation entlastet, ökologisches und energieeffizientes Bauen, Grün und Photovoltaik aufs Dach, Verkehrsreduzierung, ruhender Verkehr weg von der Straße (Tief- oder Quartiersgaragen, e-Mobilität, Ladeinfrastruktur).

Bei allen ökologische Ansätzen sollen die sozialen, integrativen Ansätze nicht aus den Augen verloren werden, wie zum Beispiel generationsübergreifende Ideen, Schaffung von Sozial- und Kommunikationsräumen, Aufenthaltsqualität und gemeinschaftsfördernde Ansätze, Stadt der kurzen Wege (möglichst viel fußläufig oder mit dem Rad erledigen können).

Das Interview führte Gerhard P. Müller.

(Gerhard P. Müller)