Bürgermeister Klaus Krützen im Interview: „Der Strukturwandel ist unausweichlich“
Grevenbroich · Der Strukturwandel ist eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Die ersten Projekte werden konkret. Im Interview spricht Bürgermeister Klaus Krützen über den aktuellen Stand zu verschiedenen Projekten und über die Rolle der Verwaltung.
Wie wird der Strukturwandel Grevenbroich verändern?
Der Strukturwandel ist eine Daueraufgabe. Das Abschalten von Kohlekraftwerken, die jahrzehntelang zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Region zählten, erfordert auf unterschiedlichste Art und Weise das Eingreifen von Verwaltung und Politik.
Es wird Jahre dauern, bis wir den Strukturwandel erfolgreich bewältigt haben werden. Er bietet aber auch Potenzial für andere Bereiche. Um dieses Potenzial voll ausschöpfen zu können, müssen viele Hebel in Bewegung gesetzt werden.
Welche Hebel sind das?
Zum Beispiel muss der Regionalplan geändert werden. Für das Kraftwerksgelände in Neurath ist dies bereits in 2021 beschlossen worden. Damit wurden neue Bereiche für zukünftige gewerbliche-industrielle Nutzung gesichert.
Um die Flächen fit für neue Arbeitsplätze zu machen, haben das Land Nordrhein-Westfalen und RWE die ‚Perspektive.Struktur.Wandel GmbH‘ (PSW) gegründet. Mit einer gemeinsamen Konsensvereinbarung zwischen Land, Rommerskirchen, RWE und Grevenbroich haben wir vor Kurzem einen ersten Schritt für einen Gewerbepark Grevenbroich-Rommerskirchen gemacht.
Wir gehen davon aus, dass trotz der aktuellen Krisen in 2024 mit dem Rückbau des Kraftwerks Neurath begonnen werden kann.
Also werden möglichst viele Flächen für Neuansiedlungen verwendet?
In Grevenbroich gibt es mit der Starterfläche gemeinsam mit Rommerskirchen, dem Elsbachtal im Norden gemeinsam mit Jüchen und dem Kraftwerk Frimmersdorf drei große Flächen, die für den Strukturwandel genutzt werden können. Baurecht und Akzeptanz in der Bürgerschaft für Industrie sind vorhanden.
Wir wollen aber nicht alle verfügbaren Flächen wirtschaftlich nutzen. Zum Beispiel werden wir den ehemaligen RWE-Parkplatz am Welchenberg renaturieren.
Nach der Abschaltung der Kraftwerke wird das Grundwasser steigen.
Wenn nach dem Tagebauende das Grundwasser nicht mehr abgepumpt wird, könnte es in den kommenden Jahrzehnten zu einem Grundwasseranstieg auf das Niveau vor dem Kohleabbau kommen. Das muss überregional und gemeinsam mit RWE angegangen werden.
Um die Tagebauseen mit Wasser zu befüllen, wird die Rheinwassertransportleitung benötigt. Sie wird vom Rhein bis nach Frimmersdorf führen und soll in fünf Jahren in Betrieb gehen. Die Befüllung der Seen wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Welche weiteren Veränderungen wird der Strukturwandel mit sich bringen?
Der Strukturwandel wird sich auf vielen verschiedenen Ebenen bemerkbar machen. So soll Grevenbroich S-Bahn-Drehkreuz werden. Eine zügige Realisierung der Revier-S-Bahn von Düsseldorf bis Köln und der Verlängerung der S 6 von Köln über Grevenbroich bis Mönchengladbach bis Anfang der 30er Jahre wird ein wichtiger Baustein sein, um dem Strukturwandel erfolgreich begegnen zu können.
Strukturwandel bedeutet aber auch Energiewende. Neben erneuerbaren Energien trägt die Energieeffizienz im erheblichen Maße dazu bei, die Energiewende voranzutreiben. In Neuss ist in den vergangenen Jahren eine Klimaschutzsiedlung entstanden. Die Häuser dort werden durch (fast) CO²-emissionsfreie geothermische Wärme versorgt.
Vergleichbare Projekte wollen wir auch in Grevenbroich auf den Weg bringen.