Was Markert von der Großmutter lernte

Grevenbroich · Für Hans-Christian Markert und die „Grünen“ läuft es derzeit nicht so richtig gut: In Meinungsumfragen wird für die Landes-Partei zum Kampf um die Fünf-Prozent-Hürde geblasen. Und in Grevenbroich gibt es Kritik an einzelnen Aussagen.

Hans-Christian Markert kann nicht nur Kohle.

Und am Wahlplakat.

Wenn die „Grünen“ am Wahlsonntag bei fünf, sechs Prozent landen, dann ist „HC“ Markert raus.

Erst bei acht-, neunprozentigem Stimmenanteil kann er sich Hoffnungen auf einen Wiedereinzug in den Landtag machen. Aufgegeben habe er allerdings noch lange nicht: „Ich werde bis zur letzten Patrone kämpfen“, sagt er mit einem martialischem Bild. Für ihn stehe fest, dass Hannelore Kraft Ministerpräsidentin bleibt. Offen sei nur, welche Partei als Partner an ihrer Seite stehe.

Derweil gibt es in Grevenbroich Diskussionen um das Markertsche Wahlplakat (stellt er sich vor die RWE-Kraftwerke oder warnt er vor den Emissionen?). Um die eine oder andere Wahlkampfaussage, die – um das Bild aufzunehmen – aus der Hüfte geschossen erscheint (das Gespräch mit der Bahnhofsviertel-Initiative fand inzwischen statt).

Und um die grüne Anti-Braunkohle-Politik, die jetzt – quasi als Wahlkampf-Höhepunkt – das Ende der meistens Kraftwerke schon 2020 einläuten will.

Im Gegensatz zu dieser von Remmel und drei anderen grünen Landes-Umweltminister formulierten Forderung tritt Hans-Christian Markert seit Jahren hier vor Ort mit der Forderung auf, dass bestehende Verträge eingehalten werden müssten und dass somit an den schriftlich fixierten Ausstiegs-Zeiträumen (ab 2035 also) absolut nicht zu rütteln sei.

Dabei würde es Markert und seiner Arbeit in der jüngsten Wahlperiode im Landtag nicht gerecht werden, wenn man den Blick auf die Frage nach der Zukunft der Braunkohle und nach dem Strukturwandel beschränken würde. Vielmehr hat er auch an anderen Themen gearbeitet. So zum Beispiel an der Frage der Altersarmut, speziell bei Frauen.

„Es gibt ganz viele alte Frauen, die sagen: Ich weiß Mitte des Monats nicht, wie es weitergehen soll“, stellt Markert fest und gibt offen zu, dass er bei seiner eigenen Großmutter dieses Problem hautnah mit erlebt habe.

Da sei ein Problem der heutigen Großmütter-Generation: „Die haben sich um Erziehung und Haushalt, aber weniger um die Rente gekümmert.“ Da bei der Wiedervereinigung eine „Fiktion zugrunde gelegt“ worden sei (40 Arbeitsjahre), seien es vor allem die Westfrauen, die von dieser Ungerechtigkeit betroffen seien.

Und diese Rentnerinnen würden – aus Scham – eher darben, als sich im Sozialamt Unterstützung zu holen. „Ich habe dieses Land mit aufgebaut“, würden sie sagen. Beim Amt „betteln“ zu müssen, wollten sie nicht.

Deshalb hat Hans-Christian Markert für die Grünen das Konzept eines „Altersgrundeinkommen“ entwickelt. Das fängt bei Renten unter 50 Euro bei 500 Euro an. Pro zehn Euro mehr Rente gibt es einen Prozent Abschlag. Ab einer Rente von 1.050 Euro gibt es keinen Zuschuss mehr.

„Durch den Zuschlag sollen die Rentnerinnen nicht besser stehen als die, die sich den höheren Anspruch erarbeitet haben“, macht Markert deutlich. Den armen Frauen solle so aber die „soziokulturelle Teilhabe“ ermöglicht werden. Und weil es für „HC“ Markert wichtig ist, solide zu rechnen, hat er auch einen Finanzierungsvorschlag für dieses Altersgrundeinkommen.

Derzeit steht eine Grundsicherung im Bundeshaushalt, die via Sozialamt an die armen Rentner gezahlt werden soll. Zwei Drittel würden nicht abgerufen werden, fallen damit an den Bund zurück. In Zahlen sind das elf Milliarden, Markert bräuchte für sein Konzept acht Milliarden Euro. „Damit ist das eigentlich gegenfinanziert“, macht er gegenüber dem Erft-Kurier deutlich.

Und: Das Altersgrundeinkommen ist nicht auf Dauer, sondern speziell für die jetzige Rentnerinnen-Generation gedacht. Spätere Jahrgänge wären ganz anderes in der Arbeitswelt verwurzelt.

Markert konnte dieses Konzept bei den verschiedenen Tagungen seiner Partei einbringen, bekam bundesweite Aufmerksamkeit. Ob es jemals auch politisch umgesetzt wird, hängt unter anderem von den nächsten beiden Wahlen ab.

Gerhard Müller.

(Kurier-Verlag)