Mit den Kräutern ins Glück

Hochneukirch · Gänseblümchen, Löwenzahn, Brennnesseln — alles Pflanzen, die zumeist dem Rasenmäheroder der Heckenschere zum Opfer fallen. Sie wachsen wild und werden als Unkraut abgestempelt. Dass aus Gänseblümchen aber ein Pesto oder aus Nachtkerzen eine Salbe hergestellt werden kann, das ist den meisten nicht bewusst.

Natürlich pflanzt die staatlich geprüfte Kräuterfachfrau viel Heil- und Geschmackspflanzen auch im eigenen Garten.

Foto: Alina Gries

Das riesige Baggerloch hat doch noch Vorteile für die Natur. "Hier wachsen viele Wildkräuter, weil am Randgebiet nichts gemacht wird", erzählt Ingrid Paulußen. Sie hat vor zwei Jahren ein Zertifikat an der Heilpflanzenschule in Dortmund abgeschlossen und ist jetzt Kräuterfachfrau". Dabei ist nachhaltige Ernährung für die Hochneukirchenerin sehr wichtig.
"Ich probiere immer viel aus und experimentiere herum. Die Rezepte entstehen einfach durch mein Bauchgefühl", verrät die 49-Jährige.

So dekoriert sie beispielsweise Salat mit Blüten oder fertigt Frikadellen aus Brennnesseln an.
Ob das schmeckt? "Natürlich! Es schmeckt nicht mal nach grün", so Paulußen. Ihr persönliches Lieblingsgericht bleibt dabei jedoch immer Spaghetti mit Lachs. Doch auch dazu packt sie Kräuter — zwar nicht ein Butterblümchen, dafür aber die italienischen Kräuter wie Oregano. Beim Experimentieren kennt sie auch keine Grenzen. "Das harmoniert alles", sagt Ingrid Paulußen, "man muss nur auf die richtige Dosierung achten". Gundermann ist beispielsweise vom Geschmack her sehr prägnant. Doch das etwas nicht schmeckt, das
gibt es bei Ingrid Paulußen nicht.

Ingrid Paulußen vor dem „Elixier-Regal“. Hier finden sich Tinkturen für (fast) jede Gelegenheit.

Foto: Alina Gries

"Schon früher haben meine Eltern einen eigenen Garten gehabt und ich habe die Natur schon immer geliebt. Ich denke das hat mich geprägt", so die 49-Jährige. Statt Puppen bekam sie Kräuterbücher geschenkt. Und die Zuneigung zur Natur wächst immer mehr. "Ich
gehe auch gerne wandern oder fahre gerne Fahrrad", erzählt sie, "es ist immer ein
toller Ausgleich für mich." Nebenbei betreibt Paulußen einen Büroservice. "Das ist etwas ganz Konträres, deshalb brauche ich den Ausgleich, wenn ich den ganzen Tag auf dem Bürostuhl sitze", so Paulußen. Ihre Vision wäre es, mit einem Restaurant zusammenzuarbeiten und dort ihre Gerichte anzubieten. Pesto zum Beispiel kauft Ingrid
Paulußen nicht mehr im Supermarkt, sondern stellt es selber her ¬— aus Gänseblümchen.

"Dazu nehme ich die Köpfe, geröstete Sonnenblumenkerne und etwas Olivenöl", erläutert Paulußen. Einmal im Monat bietet Ingrid Paulußen auch eine Kräuterwanderung an. "Dabei
gehe ich vorher eine Strecke ab und schaue, welche Wildkräuter vorhanden sind. Etwa
zehn Teilnehmer treffen sich dann bei mir zu Hause und wir spazieren gemeinsam am Randgebiet des Braunkohletagebaus entlang", so die Hochneukirchenerin, "hinterher kochen wir dann zusammen ein Gericht mit den gesammelten Pflanzen. Ich sage jedoch immer vorab, dass man Pflanzen, bei denen man sich nicht sicher ist, stehen lassen sollte."

Teilnehmer aus der Gemeinde hatte sie jedoch noch nicht so viele. "Ich hoffe, dass es publiker wird und würde auch gerne Führungen für Kinder zwischen sechs und elf Jahren in den Ferien anbieten", sagt Paulußen. Wenn mit der Herbstzeit dann auch die Erkältungszeit
kommt, hat Ingrid Paulußen auch schon ein Heil-Elixier parat. "Ich sage immer, ich bin kein Arzt und auch keine Heilpraktikerin, aber meine Oma würde eine Wasserdursttinktur zur Vorsorge von ersten Anzeichen einer Erkältung vorschlagen", sagt Paulußen. Dazu mischt sie Engelwurzel, Kapuzinerkresse, Meerrettichwurzel, Mädesüß-Knospen und Wasserdurst. 15 Tropfen dreimal täglich in Wasser auflösen — das wirkt Wunder. "Es stärkt das Immunsystem und ich spüre sofort eine Besserung", sagt sie, "größtenteils versuche ich immer Antibiotika zu vermeiden."

Wer nun Lust zum "Kräutern" bekommen hat, kann sich für eine solche Kräuterwanderung auf www.kraeuterglueck.com anmelden.