Führende Hintermänner einer Darknet-Plattform festgenommen Großer Schlag gegen Kindesmissbrauch

Jüchen/Duisburg · „Das ist ein außerordentlicher Erfolg und ein Ermittlungskomplex, der schwindelerregend groß ist“, erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul bei einer Pressekonferenz am Dienstag, zu der die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) und die Polizei Duisburg geladen hatten. Ihnen ist es gelungen, führende Hintermänner – darunter ein Jüchener – einer Darknet-Plattform, auf der Bilder und Videos mit Missbrauchstaten an Mädchen verbreitet wurden, festzunehmen.

Symbolbild.

Foto: Pixabay

2020 begannen die Ermittlungen gegen die mittlerweile abgeschaltete Darknet-Plattform, so Alexander Dierselhuis, Duisburger Polizeipräsident. Seit 2019 sei diese ein Forum für Pädophilie gewesen und gehörte zu den langlebigsten Plattformen dieser Art.

Wie Kriminalhauptkommissar Kai-Arne Gailer, Leiter der Ermittlungskommission, erklärte, liege der Ursprung der Duisburger Ermittlungen in einem Verfahren aus Bayern, wo eine andere Plattform bearbeitet wurde: „Es gab einen Hinweis auf einen User aus Duisburg. Dieser war reumütig und hat uns seine Zugangsdaten zu mehreren Plattformen gegeben, die wir dann benutzt haben.“ Bereits in einem ersten Verfahren konnten Einzeltäter der Darknet-Plattform identifiziert und einer Strafe zugeführt werden. Auf diesen Ermittlungserfolgen baute dann das zweite Verfahren seit 2023 auf, wodurch nun die deutsche Hälfte der Führungsriege verhaftet werden konnte.

Vom 24. bis 28. September fand ein durch das Polizeipräsidium Duisburg geführter Großeinsatz in sechs Bundesländern statt. Im Rahmen des Einsatzes wurden deutschlandweit sieben Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, sechs Tatverdächtige festgenommen sowie umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die Beschuldigten sind ein 43-Jähriger aus Schleswig-Holstein, ein 61-Jähriger aus Baden-Württemberg, ein 62-Jähriger aus Niedersachsen, ein 69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz, ein 45-Jähriger aus Bayern, ein 45-Jähriger aus Minden sowie ein 56-Jähriger aus Jüchen.

Bei ihnen handele es sich um zwei Administratoren, zwei globale Moderatoren, einen Moderator und einen User mit entsprechenden Vorkenntnissen sowie einem User mit herausragender Stellung im Forum, so Gailer. Die Führungsriege habe die Plattform organisiert, selbst Videomaterial erstellt und auch auf anderen Websites verbreitet. Dies trotz teilweiser Vorverurteilungen, laufender Bewährung und gerichtlich angeordneter Therapie.

Nach Auswertungen der Ermittler konnten weltweit aktive User im mittleren sechsstelligen Bereich auf der Plattform festgestellt werden. An dem Einsatz waren unter anderem Spezialeinheiten und Spezialkräfte aus allen beteiligen Bundesländern involviert – gut 200 Kräfte waren im Einsatz. Alle festgenommenen Beschuldigten befinden sich nun in Untersuchungshaft.

Laut Polizeipräsident Dierselhuis habe man es mit sehr unterschiedlichen Tätern zu tun, die sich ihre Taten sogar schön reden würden. Der Leiter der Ermittlungskommission dazu: „Die Personen sind der Ansicht, dass das, was sie da tun, richtig ist, dass sie den Kindern etwas Gutes tun. Sie waren der festen Meinung, die Kinder würden das wollen.“ Die Opfer seien unter anderem mit Geschenken gefügig gemacht worden, es sei außerdem darüber diskutiert worden, welche Mittel sie willenlos machen. Man habe Qual, Erpressung und Leid gesehen – unvorstellbar, mit was sich die Ermittler konfrontiert sahen. „Hinter jedem Bild steckt unglaubliches Leid, das sind Seelen, die für immer zerstört werden“, betont Dierselhuis.

Aktuell sei noch nicht abschätzbar, welche Kreise dieser „Paukenschlag“ im Kampf gegen Kindesmissbrauch noch ziehen werde. Denn es gelte eine unglaubliche Menge an beschlagnahmten Beweismitteln zu sichten: Insgesamt 1.517 Asservate (darunter Laptops, Rechner, Handys), 94 Umzugskartons unter anderem mit Videokassetten und DVDs, müssen ausgewertet werden. Die exakte Datenmenge kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Allein auf einem Rechner eines Beschuldigten sind 13,5 Terabyte auszuwerten. Bei einem Foto mit einer durchschnittlichen Dateigröße von 4 MB entspricht dies etwa 3,4 Millionen Fotos.

NRW-Innenminister Herbert Reul: „Was die Polizei Duisburg mit ihren Ermittlungen ausgelöst hat, ist kein Strohfeuer, sondern ein Flächenbrand. Die Szene hat nun einen Tummelplatz für ihre Widerwärtigkeiten weniger. Ich danke allen Beteiligten, die dafür gesorgt haben, dass die Plattform jetzt Geschichte ist und dass die Verantwortlichen für ihre Schandtaten zur Rechenschaft gezogen werden können. Danke an alle Ermittler, die sich nicht gescheut haben, jedem Hinweis nachzugehen. Das, was sie für unsere Gesellschaft leisten, und ganz besonders für unsere Kinder, ist unermesslich.“ Er sei sich sicher, dass in den laufenden Ermittlungen noch weitere Tatverdächtige ausfindig gemacht werden könnten.

Minister der Justiz des Landes NRW, Dr. Benjamin Limbach, zu dem Ermittlungserfolg: „Kinder leiden ihr ganzes Leben unter den Taten. Den Kindesmissbrauch im Internet zu bekämpfen, ist daher eine Pflicht für die gesamte Gesellschaft. Der Ermittlungserfolg der Polizei Duisburg und der ZAC NRW sendet unüberhörbar ein Signal an alle Täterinnen und Täter von Kindesmissbrauch: Ihr könnt Euch nicht verstecken! Nicht hinter vier Wänden, nicht hinter einem Pseudonym und auch nicht im Darknet! Die Aufdeckung der tatverdächtigen Hintermänner dieser Plattform beweist, dass Polizei und Justiz in Nordrhein-Westfalen Schlagkraft besitzen.“

Abschließend berichtet Ermittlungskommissionsleiter Kai-Arne Gailer, dass nach den Festnahmen schon Auswirkungen auf die Szene zu spüren seien. So würden die Ermittlungen im Darknet diskutiert und er vermutete auch, dass einige User den Livestream der Pressekonferenz verfolgen. An diese richtet er sich: „Sie sind aktiv dabei, das Leid dieser Kinderseelen zu fördern. Sie zerstören sie, Sie machen nichts Gutes. Egal, was Sie sich einreden. Sie stillen Ihre eigene Bedürfnisse. Ihr Ego ist es, das sie fördern, nicht die Entwicklung eines Kindes. Ich hoffe, dass die Angst, entdeckt zu werden, zum Nachdenken führt. Noch besteht die Chance, sich Hilfe zu holen, Reue zu zeigen. Sobald wir da sind, besteht keine Chance mehr.“