Digitales Klassenbuch und Lernbüros: Zum Glück schon lange sehr modern
Die große Abschlussfeier des Jahrgangs 10 der Gesamtschule Jüchen war eine trotzige Antwort auf die „neue Normalität“ und zugleich ein gelungener Abschluss eines einzigartigen Schuljahres.
Jüchen. Die Gesamtschule Jüchen feierte am Freitag den erfolgreichen Abschluss des zehnten Jahrgangs. 120 Schüler und Schülerinnen konnte das Abschlusszeugnis in einer einzigartigen Veranstaltung überreicht werden.
Das zweite Halbjahr des Schuljahrs 2019/2020 war für alle Beteiligten eine echte Herausforderung. Insbesondere für den Abschlussjahrgang. Am 16. März war von jetzt auf gleich anders: Ausfall der Vor-Klausuren des ersten Quartals, Homeschooling, Lernen auf Distanz, … und vor allem die Ungewissheit: Wie geht es weiter? Gibt es noch zentrale Abschlussprüfung? Gibt es überhaupt noch Prüfungen und wenn ja, wie sehen sie aus.
Von Tag zu Tag, von Woche zu Woche wurde klarer: Nichts wird wie vorgesehen. Mit jeder weiteren Schul-Corona-Mail aus dem Ministerium gingen die für den Abschluss so wichtigen Rituale Stück für Stück unwiederbringlich verloren: Mottowoche, „letzte Schultagparty“, Abschlusswandertage, mehrtägige Klassenabschlussfahrt, Sozialpraktikum und so weiter: Alles musste ersatzlos ausfallen.
Durch die bereits vor Corona vorhandene digitale Infrastruktur der Gesamtschule Jüchen konnte sich die Schule schnell auf das „Lernen auf Distanz“ ausrichten.
Ein Messenger-System, unterschiedliche Modelle für Videokonferenzen, eine gut durchdachte Lernplattform, ein digitales Klassenbuch … – die Gesamtschule Jüchen war bereits vor dem Zeitpunkt der Schulschließungen medial sehr gut aufgestellt. Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern war die Nutzung digitaler Infrastruktur und das Konzept des selbstständigen Lernens wie Lernbüros und Projektunterricht schon vor Corona eine vertraute Methode.
Seit dem 16. März wurde diese Möglichkeit nun noch konsequenter genutzt und ausgebaut. „Wir haben nicht umsonst das Siegel „digitale Schule“ verliehen bekommen“, sagt Vize-Schulleiter Elmar Welter. „Es zahlt sich nun aus, dass wir uns frühzeitig auf den Weg gemacht haben, Unterricht-Entwicklung auch im Hinblick auf das digitale Medium zu betreiben.
Trotzdem hat das System seine Grenzen – der normale Präsenzunterricht ist nicht zu ersetzen“, schließt der stellvertretende Leiter Jüchener Gesamtschule.
In dem unmittelbar einsetzenden Homeschooling wurde ein besonderes Augenmerk auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch gelegt. Auch wenn lange noch unklar war, wie es denn überhaupt weiterging.
Am 20. Mai setzte mit der „Schul-Mail Nr. 15“ des Ministeriums die Hoffnung wieder ein, dass zumindest die Abschlussprüfungen stattfinden würden.
Seit dem 23. April besuchten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 wieder die Schule, um sich auf die anstehenden Schulabschlüsse vor Ort vorzubereiten. „Sicherlich hätten wir bezogen auf die Vermittlung der inhaltlichen Komponenten der einzelnen Fächer auch weiterhin die digitalen Strukturen nutzen können“, so die Schulleiterin Susanne Schumacher, „aber man darf den Aspekt der Beziehungsarbeit und der weiterführenden Kompetenzen wie Sozialkompetenz und Personalkompetenz nicht vergessen.“
Die meisten Schülerinnen und Schüler waren denn auch froh wieder zur Schule kommen zu dürfen. Vor Ort konnten die Lehrerinnen und Lehrer die Sicherheit vermitteln und nicht nur inhaltliche Unterstützung geben, die den meisten Prüflingen trotz „Home-Schooling“ fehlte.
„Es war sinnvoll, die Schule wieder zu öffnen“, sagt Elmar Welter, stellvertretender Schulleiter an der Gesamtschule Jüchen. „Wir haben es geschafft, einerseits den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schülern entgegen zu kommen und gleichzeitig den Infektionsschutz und die Hygienebestimmungen abzudecken. Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 gingen sehr verantwortungsbewusst mit der ungewohnten Situation um.“
Die Gesamtschule Jüchen hat zum frühstmöglichen Zeitpunkt ein Maximum an Präsenzunterricht ermöglicht. Alle Schüler waren täglich in der Schule. Auch wurden bereits ab dem dritten Präsenztag die Vor-Klausuren des ersten Quartals nachgeholt.
Nach dem ersten Schock über diesen Kaltstart fand die Maßnahme großen Zuspruch, so gelangten die Schülerinnen schneller in den „Prüfungsmodus“, denn durch die Vorgaben des Ministeriums waren bereits eine Woche später die eigentlichen Abschlussprüfungen terminiert.
Nicht zuletzt mit dieser inhaltlichen und organisatorischen Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschlussprüfungen für den Jahrgang 10 sind auch die guten Ergebnisse des Jahrgangs zu erklären. Wie in den beiden Jahren zuvor hat auch in diesem Jahrgang rund die Hälfte der Schüler und Schülerinnen den höchsten Abschluss erreicht, der auch zum Besuch der Oberstufe berechtigt. Was auch die Schule mit Stolz über die geleistete Arbeit hinsichtlich des individuellen Forderns und Förderns erfüllt:
„58 haben ein FOR-Q – Abschluss erreicht; was umso schöner ist, weil ursprünglich nur elf von ihenn ,uneingeschränkt gymnasial’ als Übergangsempfehlung von der Grundschule erhalten hatten“, sagte Abteilungsleiter Armin Struck mit unverkennbaren Stolz.
„Insgesamt ist es gelungen, dass über Hälfte der Schüler ihre Grundschulempfehlung verbessern konnten und alle Abgänger des Jahrgangs 10 die Gesamtschule Jüchen einen Abschluss erhalten haben“, so sein Resümee.
Das galt es zu feiern – Corona zum Trotz! Mit dem „digitalen Autokino“ sollte den Schüler – auch angesichts der durch Corona verloren gegangenen Abschlussrituale – ein einzigartiger und unvergesslicher Abschluss möglich gemacht werden.
Die Zeugnisübergabe als Symbol der Wertschätzung der geleisteten Arbeit der gesamten Schulgemeinde in Zeiten der Krise und als kleine Wiedergutmachung an den Jahrgang 10 mit spaßvollen Anspielungen und Ausblick auf die „neuen Normalität“.
Mit der Entscheidung dies in Form eines „digitalen Autokinos“ auf dem eigenen Gelände an der Schule über einen „youtube“-Channel und dem Konzept des „bring your own device“ ausschließlich mit eigenen Kräften an Personen und Material zu stemmen, sei man ein großes Risiko eingegangen. Elmar Welter: „Wir wollten hiermit bewusst wiedermal ein uns unbekanntes Gelände betreten und damit die Grenzen unserer digitalen Kompetenz nach vorne schieben. Die Schule hat sich mit diesem Event selbst belohnt und ihren Abschlussjahrgang einen angemessenen Abgang verschafft.“