„Halten Sie die Augen offen“ Igelstation Gierath: Immer mehr verletzte Igel durch Schnappfallen

Gierath · In der Igelstation herrscht wieder Hochbetrieb. Zahlreiche stachelige Patienten päppelt Melanie Trippen-Fath derzeit dort auf. Was sie wütend macht: Manchem Tier hätte viel Leid erspart werden können, wenn der Mensch nicht wäre.

Melanie Trippen-Fath (l.) bekommt immer häufiger Igel, die durch Schnappfallen verletzt wurden, von aufmerksamen Tierschützern in ihre Igelstation gebracht.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Klimawandel und Insektensterben, wodurch Nahrung knapp wird, Betongärten, die den Lebensraum einschränken, Zäune, in denen sie stecken bleiben können… – die Liste von Bedrohungen für den Igel ist lang. „Man sagt, Mitte des Jahrhunderts sei der Igel ausgestorben“, betont Melanie Trippen-Fath. Er wird aktuell auf der „Roten Liste der Säugetiere Deutschlands“ in der „Vorwarnliste“ geführt.

Was die Tierschützerin, die sich bereits seit 2019 ehrenamtlich um die stacheligen Vierbeiner kümmert besonders ärgert: Igel – ebenso viele andere Wildtiere – würden nicht nur oft aus Gärten verbannt, sondern auch unnötigen Gefahren ausgesetzt. Der nächtliche Einsatz von Mährobotern könne den nachtaktiven Tieren zum Beispiel zum Verhängnis werden. Ein großes Problem, mit dessen Konsequenzen sich die Gieratherin in letzter Zeit häufiger befassen musste, sei außerdem der Einsatz von Schnappfallen. In den vergangenen Wochen habe sie mehrere Igel mit massiven Fuß- und Gesichtsverletzungen von aufmerksamen Tierfreunden bekommen, die wohl darauf zurückzuführen seien.

Die aus Kunststoff gefertigten Fallen werden häufig zur Bekämpfung von Ratten oder Mäusen genutzt und sind im Handel frei verkäuflich. Mit Ködern versehen sollen sie die Tiere anlocken und beim Zuschnappen töten. Schnappfallen im Garten locken aber eben auch andere Tiere an, denen sie zum Verhängnis werden können. So wunderte sich eine Igelfinderin aus Gierath, was auf ihrer Terrasse nachts klapperte. Nach drei Tagen entdeckte sie einen Igel mit einer Schnappfalle am Bein. „Das ist wirklich furchtbar“, zeigt sich die Tierfreundin erschüttert, „die Tiere können die Falle nicht von alleine los werden und sind ihrem Schicksal überlassen.“

Nach einer Verletzung durch eine Schnappfalle mussten diesem Igel mehrere Zehen amputiert werden.

Foto: privat

Auch Melanie Trippen-Fath wurden schon Igel mit Schnappfalle am Fuß in ihre Igelstation gebracht. Nicht selten müssten den Tieren aufgrund der Verletzungen durch einen Tierarzt dann sogar Zehen amputiert werden. „Die Tiere nehmen sehr viel Zeit zum Aufpäppeln in Anspruch, ich habe die wochenlang hier“, verrät die Gieratherin. Gerade bei Fußverletzungen können die Igel nicht so schnell wieder ausgewildert werden, müssen stattdessen in Boxen leben, um den Bewegungsraum möglichst klein zu halten, damit die Verletzungen richtig ausheilen können.

„Das sind gefährliche Fallen, die eigentlich nicht in Gärten gehören“, bringt es die Tierschützerin auf den Punkt, „das ist barbarisch.“ Und sie stellt die Frage: „Jedermann kann solche Schnappfallen kaufen, aber darf man diese auch aufstellen? Lebendfallen dürfen beispielsweise auch nicht einfach aufgestellt werden.“ Eine Nachfrage beim Rhein-Kreis Neuss brachte Klarheit: „Das Aufstellen ist gemäß § 39 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz verboten.“ Darin heißt es: „Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.“

Melanie Trippen-Fath hofft nun, dass den Menschen bewusst wird, welches Leid sie mit Fallen und Co. den Igeln oder anderen Wildtieren zufügen können und sie etwas mehr Empathie entwickeln. Außerdem ruft sie dazu auf, genau hinzuschauen, wenn einem Igel begegnen – insbesondere tagsüber. „Aber nicht jedes Tier braucht Hilfe“, gibt sie zu bedenken und verweist auf den Verein „Pro Igel“, der auf www.pro-igel.de zahlreiche Tipps und Infos rund um den Igel zur Verfügung stellt.