Igelhilfe Gierath „Schaut nicht weg! Habt Empathie mit den Wildtieren“

Gierath · Seit 2017 wählen Spender der Deutschen Wildtier Stiftung das „Tier des Jahres“, um es in der Öffentlichkeit präsenter zu machen. Beispielsweise aufgrund seiner Gefährdung oder der Bedrohung seines Lebensraums. In diesem Jahr fiel die Wahl auf den Igel, der auf der „Roten Liste der Säugetiere Deutschlands“ in der „Vorwarnliste geführt“ wird.

Ein Zuhause auf Zeit finden Igel in Gierath.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

„Man sagt, Mitte des Jahrhunderts sei der Igel ausgestorben“, erklärt Melanie Trippen-Fath, die in Gierath eine Igelstation aufgebaut hat. Seit vielen Jahren kümmert sie sich dort hingebungsvoll um kranke und verletzte Igel. Bald vier Jahre nehmen die kleinen Wildtiere nun schon einen besonderen Platz im Leben von Melanie Trippen-Fath ein – und auch in ihrem Zuhause. Im Garten gibt es zahlreiche Außengehege und die Wohnung im Erdgeschoss wurde komplett zur Igelstation, die natürlich beim Veterinäramt gemeldet ist, umfunktioniert.

Viel hat die Gierather „Igel-Mama“ mit der Zeit gelernt, sich mit Materialien und Büchern des Vereins „Pro Igel“ Wissen angeeignet, das wohl selbst manchen Tierarzt erstaunen würde. Denn die lernen nicht immer den Umgang mit Wildtieren während ihrer Ausbildung, weiß sie. Wundversorgung von verletzten Tieren übernimmt sie selbst, bei Zahnproblemen zum Beispiel vertraut sie aber doch auf die Hilfe von den Fachleuten. Um herauszufinden, was einem Igel fehlt, geht Trippen-Fath sogar mit einem Mikroskop auf Spurensuche und untersucht den Kot der Tiere. Weitere technische Geräte wie eine Inhalationsbox für kleine Patienten mit Atembeschwerden und ein Inkubator für Tiere, die ihre Körpertemperatur nicht halten können, stehen ebenfalls in der Igelstation bereit. „Das ist alles privat gestemmt oder durch Spenden finanziert“, erzählt sie.

Melanie Trippen-Fath kümmert sich mit viel Herzblut um Igel.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Je nach Schwere der Verletzung kann die Tierliebhaberin sich um bis zu 15 Tiere kümmern. Vor und nach der Arbeit versorgt sie ihre Schützlinge, immer mit der Hoffnung, sie bald wieder auswildern zu können: „Am besten in ihr altes Revier, weil Altigel reviertreu sind.“ Immer mehr Igel landen bei „Päpplern“ wie Melanie Trippen-Fath, da es zum Beispiel durch Klimawandel und Insektensterben, immer weniger Nahrung für die nachtaktiven Tiere gebe. Die größte Bedrohung sei aber nach wie vor der Mensch, der mit Betongärten und Co. den Lebensraum der Igel einschränke und mit dem Einsatz von Autos oder Mährobotern eine große Gefahr darstelle.

Daher appelliert die Gieratherin: „Schaut mehr hin! Habt Empathie mit den Wildtieren, statt sie aus den Gärten zu verbannen.“ Aktuell sollten Menschen die Augen besonders offen halten. Zwischen November und März halten Igel Winterschlaf, dafür fressen sie sich zuvor ein Fettpolster als Energiespeicher an. Gut 80 Prozent der Zeit verschlafen die Tiere tatsächlich, nur für wenige Stunden oder Tage wachen sie auf und bleiben dabei meist in ihrem Nest. Wem nun also ein Igel – insbesondere tagsüber – begegnet, sollte das Tier im Auge behalten, empfiehlt Trippen-Fath. Ist das Tier auffällig dünn – ein gut genährter Igel hat eine Birnenform – und hat vielleicht sogar eine Hungerfalte (eine Einbuchtung am Hals), dann sollte das Tier gesichert und aufgepäppelt werden. Melanie Trippen-Fath hat in diesem Winter schon mehrere Igel in ihrer Station aufgenommen, wie sie erzählt. Über ihre Schützlinge berichtet sie auch auf der Facebookseite „Igelstation Jüchen Gierath“.

Wer den Wildtieren helfen möchte, kann das schon mit wenig Aufwand machen, so die Gieratherin: Das Aufstellen von Futterhäusern (die Igel-Expertin rät zu hochwertigem Katzenfutter mit viel Fleischanteil, zucker- und getreidefrei) und Wasserschalen hilft den Igeln, sich ein gesundes Fettpolster anzufuttern. Und wer in seinem Garten ein paar Ecken unberührt lässt, kann den Tieren einen Unterschlupf bieten.