Familientherapeutin Tanja Hurtmann gibt Tipps Schwere Aufgabe: Wie erklärt man Kindern den Krieg?
Jüchen · Es ist eine der schwierigsten Aufgaben: Wie erklärt man Kindern den Krieg? Der Top-Kurier hakte bei Familientherapeutin Tanja Hurtmann nach, die als Dozentin beim „Katholischen Forum“ für Kinder- und Erwachsenenbildung tätig ist.
Auch wir Erwachsenen schauen fassungslos auf die Ukraine. Wenige Flugstunden von uns entfernt tobt ein Krieg, bei dem unschuldige Menschen ihr Zuhause verlieren, Todesangst haben und manche sogar sterben müssen. Es ist das Gesprächsthema Nummer Eins – und das bekommen auch Kinder mit. Wichtig ist laut Tanja Hurtmann: „Kinder, die Fragen haben, sollten Antworten bekommen.“
Dabei müsse individuell geschaut werden: Welche Informationen verträgt das Kind. „Jedes Kind ist anders. Wer eh sensibel auf Streit reagiert, wird auch mit den Informationen zum Krieg anders umgehen. Da können die Eltern aber auf ihr Gespür vertrauen“, so die Expertin. Besonders bei Kindern, die schon in die Schule gehen, sei die Aufklärung von Zuhause wichtig: „Man weiß nie, wie der Krieg in anderen Familien thematisiert wird. Es kann passieren, dass das Kind in der Schule etwas hört und dann geschockt ist. Dann kommen Angst, Wut, die Suche nach Hilfe zusammen.“
Stattdessen könne besser im heimischen Umfeld schonend und sensibel auf das Thema Krieg eingegangen werden. Das Kind sollte sichere Informationen haben, auf die es sich verlassen kann: Gerne auch unterstützt durch einen Blick auf den Globus zum Beispiel. Denn eine häufige Frage lautet: Wie weit ist die Ukraine eigentlich entfernt?
Die Gratwanderung dabei: Wie viel Sicherheit kann ich dem Kind geben, ohne zu lügen oder mich zu verbiegen? Wenn man selbst Panik hat, sollte man versuchen, sich zu beruhigen: „Die Angst überträgt sich auf Kinder! Man kann ruhig sagen, wenn man etwas noch nicht weiß. Aber man kann dabei eben auch vermitteln: Wichtig ist, dass wir zusammen halten, uns Kraft geben und alles für die Menschen tun, denen es gerade nicht so gut geht.“
Und was für die Erwachsenen schon gilt, sei auch beim Nachwuchs bedeutend so Hurtmann: „Ich bin ein Fan davon, dass man gezielt Nachrichten aussucht, die gut recherchiert und seriös sind. Für Kinder gibt es mittlerweile sogar richtig gute Nachrichtensendungen.“
Nicht zuletzt hilft es den Kindern, nicht untätig zu sein: Spenden, Denken an die Menschen im Krieg, vielleicht ein Zeichen des Friedens basteln und ins Fenster hängen – aber auch ablenken. Und im Gespräch mit den Kindern bleiben. Hurtmann erklärt: „Es ist auch eine große Chance der Wertevermittlung gerade. Wir leben das Gefühl der Hilfe vor, das tut gut gegen dieses Ohnmachtsgefühl – und das prägt ganz sicher auch den weiteren Weg der Kinder.“