Ein Gastbeitrag von Dr. Luzie Fehrenbacher, BUND Jüchen Gemeinsam anpacken: „Weiter wie bisher ist ein schlechter Ratgeber“

Jüchen · Dr. Luzie Fehrenbacher vom BUND Jüchen macht in ihrem Gastbeitrag deutlich: „Wenn alle mit anpacken, sieht die Perspektive trotz gravierender Klimaveränderungen nicht ganz so düster aus.“

Dr. Luzie Fehrenbacher vom BUND Jüchen.

Foto: privat

Der Jahreswechsel gibt immer Anlass, einen Blick in die Zukunft zu wagen und auch die Perspektive für den Naturschutz abzuwägen. Die Welt ist im Umbruch: politisch, durch den Einfluss der KI, durch die Klimakrise. Neben den vielen Krisen gerät die Bedrohung durch die Klimaveränderung fast in Vergessenheit. Mit all ihren katastrophalen Auswirkungen, wie Hitze, Trockenheit, Stürme, Starkregen, Überschwemmungen und Anstieg des Meeresspiegels hat sie bereits eine gefährliche Schwelle erreicht.

2024 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein, mit einem Anstieg im Schnitt um mehr als 1,5 Grad. In Jüchen hatten wir 2024 im Gegensatz zu anderen Regionen das Glück, bisher von Extremwetterlagen verschont geblieben zu sein. Doch wir sollten uns deswegen nicht in falscher Sicherheit wiegen, nur weil wir bis jetzt glimpflich davongekommen sind. Weiter wie bisher ist ein schlechter Ratgeber. Eher sollten wir in Jüchen die Chance nutzen, dringende Vorsorgemaßnahmen rechtzeitig umzusetzen und für alle Jüchener die Klimaveränderung durch nachhaltige Strategien erträglich zu machen.

Lokal stellt die Umgestaltung der alten Braunkohlenflächen noch eine zusätzliche Herausforderung dar. Für den BUND nehmen Bäume für die Zukunft eine zentrale Rolle ein. Sie spenden Schatten, verbessern das Kleinklima, produzieren Sauerstoff, binden CO2, speichern Wasser und bieten Lebensraum und Nahrung für Tiere. Ihnen fehlt in Jüchen aber oft noch die Wertschätzung. Wenn im Herbst das Laub gekehrt werden muss, und die Tage wieder kühler sind, haben viele vergessen, wie wohltuend es war, wenn wir uns an heißen Tagen in ihren Schatten stellen konnten.

Wir im BUND wünschen uns mehr Bäume und wollen dabei in unserem waldärmsten Jüchen zumindest vorhandene Bäume erhalten. So helfen wir den weißen Rosskastanien mit dem Entfernen des schädlingsbefallenen Laubes und Pheromonfallen. In Schulen, Kindergärten, Grünflächen und im BUND-Garten pflanzen wir neue Bäume – vor Kurzem einen Klimabaum des Rhein-Kreis-Neuss, eine Mispel. Doch Jüchen benötigt mehr Bäume und zumindest eine größere Waldanpflanzung. Dabei hoffen wir auf die Mithilfe von vielen Jüchenern, die auf Privatgelände, Grundstücken von Vereinen und Institutionen Gehölze setzen.

Seit vielen Jahrzehnten setzen wir uns im BUND schon für den Umwelt- und Naturschutz in Jüchen ein, für mehr und vielfältigere Naturräume, sowie für eine größere Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen. Auch unsere Themen wie Moorschutz durch Torfverzicht, umweltfreundliche Mobilität et cetera bleiben im kommenden Jahr aktuell. Bei allen Erfolgen, die in Jüchen in den letzten Jahren erzielt wurden, müssen wir jedoch eine öffentlich kaum wahrgenommene steigende Verarmung der Arten-Vielfalt verzeichnen. Sogar größere Tierarten, die früher auf den landwirtschaftlichen Flächen vorkamen, wie Kiebitz, Rebhuhn, Hasen sind selten geworden oder gar nicht mehr zu beobachten. Die kleineren Arten werden dagegen noch weniger vermisst. Doch das Verschwinden jeder Art hat Einfluss auf das ganze Ökosystem. Wenn die Insekten, blühende Wegraine und blühende Wildwiesen verschwinden, fehlt uns ihre bunte Vielfalt, für viele Tierarten aber wichtige Nahrung und für unsere Kulturpflanzen die Bestäuber. Hierfür hofft der BUND auf eine innovativere, nachhaltige und pestizidfreie Landwirtschaft.

Trotz des gravierenden Artenschwundes gab es auch eine positive Überraschung für den BUND Jüchen. Seit unserem Aufruf wissen wir nun um ein Haselmausvorkommen in Jüchen. Diese seltenen, geschützten, sehr scheuen und dämmerungsaktiven Schlafmäuse wollen wir schützen und ihren Lebensraum sichern. Die Unterstützung von Privatpersonen ist hier vorbildlich. Für den Schutz eines notwendigen, vernetzten Lebensraums brauchen wir aber hier auch die Unterstützung von Stadt und der Bundesbahn.

2025 will die BUND Ortsgruppe Jüchen verstärkt an die Öffentlichkeit gehen und möglichst viele Menschen mit ins Boot holen. Tiere, die in Jüchen vorkommen, möchten wir mit ihren Lebensräumen schützen und Biotopvernetzungen sowie Rückzugsorte schaffen. Mit dem BUNDSpecht Motto „Geliebte Wildnis“ rufen wir auf, die Schönheit der Natur wieder wahrzunehmen, mit und in ihr zu leben. Dazu wollen wir Insektennisthilfen, blühende Wegrain und Wildwiesen als Trittsteinbiotope sowie Biotopvernetzungen schaffen.

Wenn alle mit anpacken, sieht die Perspektive trotz gravierender Klimaveränderungen nicht ganz so düster aus. Anstatt ohnmächtig zuzusehen und Missstände zu ertragen, sollten wir die Herausforderung zusammen annehmen, nach innovativen Lösungen suchen und Verantwortung für unsere Umwelt übernehmen. Bei allen unsicheren und schwierigen Perspektiven geht der BUND hoffnungsvoll ins nächste Jahr. Wir alle können etwas tun! Dabei hoffen wir, dass möglichst viele Menschen dazukommen und die Chance nutzen, aktiv mitzugestalten und Jüchen trotz Klimaveränderungen für die Zukunft lebenswert zu machen.