Bauer fand Frau: Das wirkliche Leben ist deutlich schöner als der TV-Trash

Jüchen · Seit 2005 hilft Inka Bause beim TV-Sender RTL Landwirten auf der Suche nach der angeblich großen Liebe. „Denn trotz der Aussicht auf gesunde Landluft und Romantik auf dem Heuboden ist es für viele Bauern schwer, eine Partnerin zu finden. Doch bei ,Bauer sucht Frau‘ haben schon einige ihr Glück gefunden“, werben die Macher.

Foto: privat/privat/ Patrick Hummel

Skurrile Kandidaten, größere und kleinere Skandale sowie Zweifel an der Ernsthaftigkeit haben diesem TV-Format allerdings recht bald ein „Trash-Image“ eingebracht. Den Sender stört das nicht – so lange die Einschaltzahlen stimmen.

Die heimischen Landwirte, die sich Tag für Tag den Herausforderungen ihres Berufsstandes im Kampf gegen Klima und europäischer Regelwut stellen, damit wir alle mit gesunden und vielfältigen Lebensmitteln versorgt werden, stören sich dagegen mitunter sehr an „Bauer sucht Frau“. Und an dem Image, das auf diesem Wege in den bundesdeutschen Köpfen verankert wird.

Unsere „Bauern“ stehen mit beiden Beinen im Arbeitsleben, das in ihnen in modernen Zeiten viel mehr abverlangt als den fachmännischen Blick auf die Ackerkrume. Sie müssen sich mit auch mit Computern, Internet und IT auskennen, wird doch auch auf den Höfen immer mehr von Bits und Bytes gesteuert. Sie müssen sich mit Lebensmittelchemie und Lebensmitteltechnik auskennen. Sie müssen halbe BWL´er sein, um Finanzen und Steuern auf der einen, Gesetze und Verordnungen auf der anderen Seite beherrschen zu können. Sie müssen ein Händchen für Öffentlichkeitsarbeit und PR haben, werden sie doch in so gut wie jedem Gespräch mit den ökologischen und naturschützerischen Ansprüchen der Umwelt-Hardliner konfrontiert.

Natürlich wird auch die „Frau an ihrer Seite“ – nahezu zwangsläufig – in all das eingebunden. Und für die heimischen Landwirte gilt „Bauer fand Frau“ … Und das durchaus auf „traditionellem“ Wege!

Charlotte und Elmar Steinfarz:

Heiratsantrag in einer magischen Schneewelt

Foto: Kurier Verlag/Alina Gries

„Eine Freundin meinte zu mir, dass ich mir den Elmar merken müsste“, lacht Charlotte Steinfarz und schaut dabei verliebt ihren Ehemann an, „und ich dachte mir, ein Mann mit zwei Armen und Beinen. Wow. Was mag denn so besonders an ihm sein?“

Während ihres Studiums in den Agrarwissenschaften lernten die beiden sich kennen und schließlich auch lieben. Er im letzten Semester, sie als frische „Ersti-Studentin“. „Und ich hab noch gedacht, er als Masterstudent hat sicher kein Interesse an mir“, strahlt sie. Dabei schaut der 33-Jährige ganz verlegen auf seine Hände – mit der Romantik hat er es offensichtlich nicht so.

„Als ich sie bei einem Ball zum Tanzen aufgefordert habe, hatte ich eigentlich keine Hintergedanken“, zuckt er irritiert mit den Schultern. Ganz anders als die 28-jährige Frankfurterin. „Ich hatte das Gefühl, wir haben die ganze Nacht getanzt.“

Doch auch wenn er es vielleicht nicht so sehr zeigt, ist er hin und weg von seiner Charlotte. 2011 wurden sie ein Paar, 2014 packte Charlotte Steinfarz ihre Sachen und zog mit auf den Jägerhof. 2017 wurde dann geheiratet und 2018 erblickte Töchterchen Antonia das Licht der Welt.

„Den Antrag habe ich ihr während des Ski-Urlaubs gemacht“, berichtet Elmar Steinfarz dann doch sehr romantisch, „das Wetter versprach leider nicht sehr viel Sonne, sodass ich den perfekten Moment abgewartet habe.“ Oben an einer Skihütte, inmitten einer magischen Schneewelt. Da konnte seine Charlotte doch nur liebevoll zustimmen.

Bedenken ihr Großstadtleben gegen das Leben auf einem Familienbetrieb auf dem Land einzutauschen, hatte Charlotte Steinfarz dabei nie. „Anfangs war es ganz schön ungewohnt, nicht mehr alles zu Fuß erreichen zu können. Und auch die Öffnungszeiten der Geschäfte waren etwas problematisch, weil diese Samstagmittag gar nicht mehr geöffnet hatten“, lacht sie, „und obwohl ich ein Stadtkind bin, hatte ich den Traum, einmal Bäuerin zu werden. Schon als Kind bin ich immer tierlieb gewesen und wollte gerne bei den Kühen im Stall schlafen.“

Zwar hat sich dieser Traum noch nicht erfüllt, der über das Leben einer Landwirtin aber schon. „Hier auf dem Familienhof arbeiten wir mit meinen Eltern, Irene und Eugen, und meiner Schwester Carolin schwerpunktmäßig im Ackerbau und Pferdebetrieb“, kennt sich Elmar Steinfarz aus. Seit neuestem produziert die Familie Steinfarz auch regionales Sojaöl (der Top-Kurier berichtete). Nebenbei ist die Frankfurterin Qualitätssicherungsbeauftragte für den kleingeschnittenen Salat, den es in Plastiktüten zu kaufen gibt.

Der 33-Jährige hatte sein Ziel ebenfalls schon sehr früh vor Augen: „Ich wollte schon mein Leben lang Landwirt werden. Für mich gab es als Kind keine Berufsfantasie einmal Feuerwehr- oder Müllmann zu werden“, erzählt er.

Elke und Hartmut Strommenger:

Getrennt gefahren und zusammen wiedergekommen

Foto: privat

„Also vor langer, langer Zeit“, holt Hartmut Strommenger aus und Ehefrau Elke stimmt lachend ein: „Genau. Es war einmal.“ Beide lachen. Vor über 20 Jahren lernen sich die beiden bei einer Fahrt der Landjugend kennen. „Wir sind getrennt gefahren und zusammen wiedergekommen“, berichtet der 50-Jährige.

Das war es dann auch schon, was die beiden zu ihrer Kennenlern-Geschichte zu erzählen haben. „Da kann man letzten Endes gar nicht so viel zu sagen“, überlegt der Weyer weiter, „es ist die Person an sich, die fasziniert und dass man dieselben Ziele hat.“ 1999 wurde geheiratet, dann folgten auch bald schon Sohn Till und Tochter Nele. „Wir nehmen das mit dem Hochzeitstag aber nicht so ernst“, schauen sich beide einvernehmlich an, „manchmal wird es vergessen und fällt uns erst wieder ein, wenn wir essen gehen wollten.“

Zum Hofladen und der Landwirtschaft können die beiden dann schon mehr sagen. „Ich bin dreimal umgezogen, habe dabei aber nie die Adresse gewechselt“, lacht Hartmut Strommenger, „meine Großeltern haben die Hofstelle kurz nach dem zweiten Weltkrieg erworben, wir führen den Hof nun in der dritten Generation.“ Dass es den Weyer aber in die Landwirtschaft getrieben hat, sei nur Zufall. „Wenn meine Eltern keine Landwirte gewesen wären, sondern eine Schreinerei gehabt hätten, wäre ich sicherlich selbständiger Schreiner geworden“, lautet seine logische Schlussfolgerung.

Foto: Kurier Verlag/Alina Gries

Und obwohl Elke Strommenger in der Nähe von Wuppertal aufgewachsen ist, sieht es bei ihr ganz ähnlich aus: „Wir hatten eine kleine Pferdestall-Pension im Nebenerwerb, da gab es schon erste Berührungspunkte.“ Dennoch absolvierte die 43-Jährige erst eine Lehre als Bürokauffrau, ehe sie sich durch ihren Ehemann der Landwirtschaft widmet.

„Ich habe damals eigentlich nur für den Sprit gearbeitet, um nach Wey zu fahren“, erzählt sie. Und obwohl Elke Strommenger in diesem Sinne fast ein Stadtkind ist, sei die Heimatadresse noch ländlicher als hier. „Da fährt aber immerhin mehrmals ein Bus“, meint sie augenzwinkernd.

Der Hofladen der Strommengers ist dabei Dreh- und Angelpunkt, wo sich der Rest drumherum drapiert. „Wir haben flächenmäßig einen eher kleinen Ackerbau“, erklärt Hartmut Strommenger, „meine Großeltern hatten damals noch Schweine und eine Legehennen-Haltung, um die Trabantenstädte in Mönchengladbach zu bedienen. Erst in den 80ern haben meine Eltern mit einem kleinen Hofladen angefangen.“ Und das Sortiment ist groß und vor allem regional. „Wir bieten tagesfrische Eier, Kartoffeln aus eigener Erzeugung, Geflügel vom ,Gänsepeter‘, das Soja-Öl der Familie Steinfarz, Käse, Säfte oder auch Gemüse von regionalen Bauern“, erzählt er, „wir sind breit aufgestellt, um unseren Kunden einen attraktiven Einkauf zu ermöglichen.“

Stefanie und Jochen Roelen:

Ein Heiratsantrag nach alter Sitte

Foto: privat

„Wir haben uns beim 18. Geburtstag von Jochens Cousinen kennengelernt“, lacht Stefanie Roelen, „Jochen hatte direkt Interesse, ich überhaupt nicht.“ Und dennoch ließ der Ur-Gubberather nicht locker.

Mittlerweile sind die beiden seit 13 Jahren verheiratet. „Der Heiratsantrag war nach alter Sitte“, meint die Odenkirchenerin augenzwinkernd, „geahnt habe ich nichts und bis dato hatte ich mir über das Heiraten auch noch nie Gedanken gemacht. Ich war also sehr überrascht.“

Während Ehemann Jochen nie etwas anderes machen wollte als seine Vorfahren auch und den Betrieb sogar bereits in der fünften Generation bewirtschaftet, ist Stefanie Roelen in die Landwirtschaft eher rein gewachsen. „Jochen und ich sind bereits so lange zusammen, dass ich am Anfang unserer Beziehung garantiert nicht über eine ,landwirtschaftliche Karriere‘ nachgedacht habe“, verrät sie.

Den Hof gibt es seit 1887. Der Schwerpunkt lag nicht immer auf Sonderkulturen, früher gab es hier Pferde, Kühe und Schweine. Diese wurden von Schwiegervater Reinhard Roelen abgeschafft. 1997 hat er dann mit Tulpen als Sonderkultur angefangen. „In einem Auslandsaufenthalt in Amerika von neun Monaten hat Jochen Kürbisse kennen gelernt und 2001 mit 18 Sorten hier angefangen. Heute haben wir über 400 Sorten. 2004 kamen der Spargel und das Blumenfeld zum Selberschneiden dazu“, berichtet sie.

Foto: privat

Und dennoch fühlt sich Stefanie Roelen mittlerweile richtig wohl in ihrer neuen Heimat: „Ich wurde von Anfang an herzlich in Gubberath aufgenommen – was bestimmt nicht immer selbstverständlich in einem Dorf ist“, so Roelen weiter, „also an dieser Stelle noch einmal, nach all den Jahren an alle Gubberather, Danke!“

Schwerpunkte des Roelen-Betriebs sind vor allem die Sonderkulturen wie Spargel und Kürbisse im Direktverkauf im Hofladen. „Wir lieben Kundenkontakt und möchten gerne die Landwirtschaft den Leuten näher bringen“, ist sich das Paar einig. Dazu bieten sie regelmäßig auch für die Kleinen Aktionen wie das Kürbisschnitzen oder Feldführungen an.

„Es wird einem in der Landwirtschaft nicht mehr einfach gemacht“, gibt Jochen Roelen nachdenklich zu, „daher musste ich mir zur herkömmlichen Landwirtschaft etwas Neues überlegen und das sind bis heute eben die Sonderkulturen. Lokale Landwirtschaft sollte für den Endverbraucher wichtig sein. Zu wissen, wo es wächst oder herkommt, ist enorm wichtig und garantiert Frische und Qualität.“

So weite sich der Landwirtschaftsbetrieb der Roelens auch immer weiter aus. „Seit diesem Jahr sind wir Mitglied und Lieferant der ,Marktschwärmer‘ in Wickrathberg und für das nächste Jahr steht auch ein größeres Projekt an“, zeigt er sich geheimnisvoll.

(Alina Gries/ Gerhard Müller)