Janne Gronen: „Wir haben der Silvesternacht viel zu verdanken“ Mit Trillerpfeifen und Licht das Land für Frauen sicherer machen

Grevenbroich · "Häusliche Gewalt ist die häufigste Form, weshalb Frauen zu uns kommen", erzählt Janne Gronen, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle "Frauen helfen Frauen" im Rhein-Kreis, "die Dunkelziffer ist weitaus höher." Rund 800 Frauen nutzen die Frauenberatungsstelle jährlich — doch jetzt hat sich auch spürbar etwas getan.

Zärtliche Berührungen und Intimität können wunderschön sein, wenn ... beide es wollen. Doch auch in unserer Region kommt es zu immer mehr Übergriffen auf Frauen und Mädchen. Der Erft-Kurier sprach deshalb mit der Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen“.

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"Nach der Silvesternacht ist Gewalt von der Öffentlichkeit ganz anders wahrgenommen worden", berichtet Gronen, "sonst geben sich die Opfer immer selber die Schuld an solchen Übergriffe." Dadurch, dass aber so viele Anzeigen eingegangen seien, wurde die Frauenberatungsstelle in diesem Falle nicht so häufig aufgesucht.

Janne Gronen, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle „Frauen helfen Frauen“ (links) und Barbara Baik, Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle am Standort in Grevenbroich.

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"Es ist schwer zu sagen, aber wir haben der Silvesternacht viel zu verdanken", merkt Gronen an. So sei schließlich ein Gesetz eingeführt worden, dass "nein" auch "nein" heiße und auch eine sexuelle Selbstbestimmung beim "Busengrapschen" oder "zwischen die Beine packen" anderes wahrgenommen werde. "Frauen nutzen die Beratungsstelle in Grevenbroich sehr gerne, Ende des Monats werden wir auch in Dormagen eine eröffnen", sagt sie. Bereits in den 70ern wurde die Frauenberatungsstelle in Neuss gegründet. Mitte der 80er wurde diese dann mit Vollzeitstellen auch gefördert — dieses Jahr feiert die Beratungsstelle 35 Jahre. Da der Weg für Grevenbroicher, Rommerskichener und Jüchener Frauen jedoch zu weit war, wurde vor fünf Jahren ein weiterer Beratungszweig in Grevenbroich am Krankenhaus eröffnet.

"Wir wollten es ausprobieren", so Gronen, "und es wird bombe angenommen." 50 Prozent der Klienten kommen zu dieser Beratungsstelle.

Dabei sei die Gewalt auf dem Land genau so hoch wie in der Stadt, jedoch würden die Frauen eher seltener den Kontakt zu Barbara Baik suchen. "Ich denke, dass die Verwurzelung hier viel größer ist und sich dadurch viel weniger vorstellen können, sich zu lösen", so Baik. Dabei sei beispielsweise durch die enge Zusammenarbeit mit der Polizei alleine aus Schlich vier Faxe bei der Beratungsstelle eingegangen. Bei einer Einwohnerzahl von knapp 300 Menschen enorm hoch. "Klar kann man im öffentlichen Raum Pech haben, aber zu 90 Prozent erfolgt die Gewalt im sozialnahen Raum durch den Ex-Mann oder die Freunde des Freundes", sagt Janne Gronen. Sie selbst habe einmal einen solchen Vorfall beobachtet. "Ich war in Reykjavik und bemerkte eine zwielichtige Situation, bei der ein Mann eine betrunkene Frau ins Gebüsch zog," beschreibt sie, "ich habe mir gedacht, dass ich nicht möchte, dass meine Tochter so Sex hat und habe die Polizei gerufen." Die habe auch sofort eingegriffen.

Und auch Baik ist selber schon Opfer eines Gewaltdeliktes geworden. "Als Jugendliche bin ich in einer kleinen Gasse überfallen worden", erinnert sie sich, "ich konnte mich zwar retten, habe aber keine Hilfe erhalten. Das hat mich noch mehr verletzt als der Überfall selbst. Dass ein Mann einfach weiterging."

Deshalb appellieren beide daran, öfter hinzuschauen und die Polizei zu rufen. Aber auch mehr Licht an öffentlichen Plätzen sei ihrer Meinung nach hilfreich. "In Grevenbroich gibt es viele dunkle Ecken", sagt Baik, "das Parkhaus am Bahnhof ist nicht zwingend dazu gedacht, sich sicher zu fühlen." Aber auch der Bahnhof in Jüchen sei kein Ort der Sicherheit.

"Früher waren die Bahnhöfe wunderschön. Man wurde durch das Bahnhofspersonal empfangen. Es gab Menschen, die zuständig waren zu gucken und zu reagieren." Daher wolle die Frauenberatungsstelle mit Öffentlichkeitsarbeit und einem Präventionskonzept etwas tun.

"Gewalt und Sicherheit ist genau so wichtig wie die Thematik ,Sucht' zu behandeln", so Gronen. Deshalb würde derzeit noch an einer Idee gefeilt werden, wie dies an Schulen in den Unterricht einbezogen werden könne. "An Altweiber haben wir die Aktion ,Together with Respect' durchgeführt und 1.000 Trillerpfeifen beim Rathaussturm in Neuss verteilt", bemerkt Janne Gronen." Dies soll aber weiter ausgebaut und auch in den Gemeinden angedacht werden.

So könne mit der Polizei und den Gleichstellungsbeauftragten auch bei Kirmes oder Schützenfesten eine solche Aktion gestartet werden. "Das sind natürlich Feste, wo es zu vielen Übergriffen kommt", weiß Gronen.

Alina Gries

(Kurier-Verlag)