Kreis baut mit Blick auf die Zukunft: Architektin Höhne setzt Nachhaltigkeitsziele um
Grevenbroich · Mit möglichst nachhaltigem, ressourcenschonendem Bauen und Sanieren will der Rhein-Kreis die Kreis-Gebäude fit für die Zukunft machen. Kreis-Baudezernent Harald Vieten betont: „Unser Ziel ist, mittelfristig die Klimaneutralität der Kreisgebäude zu erreichen.“
Wie werden die Nachhaltigkeitsziele Team der Gebäudewirtschaft des Kreises konkret umgesetzt? Dies schildert Architektin Elke Höhne anhand von Beispielen. Sie arbeitet seit fünf Jahren bei der Kreisverwaltung und hat zuletzt das rund eine Million Euro teure Projekt der Kfz-Prüfstrecke am Berufs-Bildungs-Zentrum (BBZ) Grevenbroich begleitet.
Was sind Ihre Aufgaben beim Rhein-Kreis?
Elke Höhne: Ich bin als Projektleiterin an allen Phasen eines Projektes beteiligt von der Planung über die Vergabe und Ausführung bis hin zur Dokumentation. Unser Fokus liegt dabei auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit; gleichzeitig müssen wir natürlich die Kosten im Blick behalten. Schon bei der Auswahl der Baustoffe konzentrieren wir uns auf nachwachsende, recycelfähige und regional verfügbare Rohstoffe. Dabei berücksichtigen wir auch die entstehenden Kosten für Wartung, Reinigung, Pflege und Unterhalt. Zur Einschätzung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes betrachten wir die Wirtschaftlichkeit, den Umweltschutz und die Behaglichkeit – durch Temperatur, Schallschutz und natürliches Licht – mit Blick auf die gesamte Lebensdauer des Bauwerks.
Wie haben Sie die Nachhaltigkeits-Aspekte beim Bau der Kfz-Prüfstrecke am BBZ Grevenbroich umgesetzt?
Elke Höhne: Wir nutzen integrierte Wärmerückgewinnung und decken einen Teil des Strombedarfs über die am BBZ neu installierten Photovoltaik-Anlagen. Für die Halle haben wir Bodenklinkerplatten aus Keramik gewählt: Sie haben eine lange Lebensdauer, sind einfach zu reinigen und dünsten keine Schadstoffe aus. Einen Teil der bestehenden Raumausstattung haben wir belassen und überarbeitet, wie zum Beispiel den Kautschukbodenbelag des Klassenraums. Fenster, Tore und Oberlichtkuppeln wurden so angeordnet, dass genug Licht in den Raum fällt, um auch ohne Beleuchtung unterrichten zu können. Die verbauten Materialien sind recycelbar oder bieten die Möglichkeit der Dekonstruktion.
Möglichkeit der Dekonstruktion – was genau heißt das?
Elke Höhne: Wenn das Gebäude irgendwann nicht mehr genutzt und zurückgebaut wird, sollte ein Teil der Baustoffe – bei der Prüfstrecke sind dies etwa die Stahlträger – erneut an anderer Stelle wieder eingebaut werden können. Andere kleinere Stahlbauteile sind zu 100 Prozent recycelfähig und können dem industriellen Kreislauf wieder zugeführt werden. Dies betrifft auch die Holzwolle-Akustikplatten in der Kfz-Halle: Im Sinne einer nachhaltigen Planung können sie später wiederverwendet werden.
Was ist Ihr nächstes Projekt?
Elke Höhne: Unser nächstes Projekt ist die Installation des Fachbereichs Chemie am BBZ Dormagen, wo in einem bestehenden, rund 500 Quadratmeter großen eingeschossigen Gebäude die Chemie-Fachräume auf industriellem Niveau eingerichtet werden. Für die Ausstattung werden unter anderem Digestorien und Gefahrstoffschränke benötigt, und auch hier liegt der Fokus auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Finanziert wird dieses Projekt unter anderem mit 500 000 Euro aus dem Förderprogramm „Gute Schule 2020“, das sowohl die digitale Infrastruktur als auch die Sanierung und den Ausbau kommunaler Infrastruktur fördert.
Wie sehen Sie die Zukunft des Bauens?
Elke Höhne: Wir müssen uns bewusst machen, dass Bautätigkeit für ein Drittel des CO²-Ausstosses verantwortlich ist. Es wird nicht ausreichen, erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe zu nutzen, um langfristig die Treibhausgase zu reduzieren. Wir sollten angesichts des Klimawandels den Gebäudebestand neu betrachten: Anstatt Gebäude abzureißen und durch neue Bauten zu ersetzen und dadurch immer mehr Rohstoffe und Energie zu verbrauchen, können wir den Gebäudebestand durch Sanierung, Umbau und Erweiterung wiederbeleben. Dabei gilt es, gerade in Nordrhein-Westfalen neue Impulse zu setzen durch die Umwandlung ehemaliger Fabrikstandorte, Industrieflächen und Bürogebäude sowie durch die Rekultivierung der Braunkohleabbauflächen.
Was können wir tun, um den Klimawandel aufzuhalten?
Elke Höhne: Gebäude und Quartiere können durch grüne Oasen und Gebäudebegrünung im Außen- und Innenraum aufgewertet werden. Ein Beispiel hierfür ist die Landes-Garten-Schau 2026, die aus dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn ein attraktives Naherholungsgebiet machen wird. Um den erwarteten Perioden mit Trockenheit, Starkregen und Hochwasser etwas entgegen zu setzen, brauchen wir Konzepte, um öffentliche und private Flächen als Wasserspeicher zu aktivieren.