Verborgenen Geheimnissen auf der Spur Der illegale Sandbrunnen

Südstadt/Reuschenberg. · Lost places. True crimes. Immortal Mysteries. Sie zu erforschen ist die Leidenschaft von CJ Schäfers und Dennis Beitzel. Sie ist 22 Jahre alt, wohnt in der Südstadt und ist als Auszubildende auf dem Weg zur Bestattungsfachkraft. Er ist 37 Jahre alt, wohnt in Reuschenberg und arbeitet schon als Bestattungsfachkraft. Was auf den ersten Blick wie der krude Ausgangs-Plot für eine Reality-TV-Serie auf irgendeinem Spartensender klingt, hat Hand und Fuß. Und diese vergessenen Orte mit den unsterblichen Geheimnissen finden sich auch quasi vor unserer Haustür …

Eine Zeichnung des Pfadfinder-Unglücks von Liedberg.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Peter Kürten, der „Vampir von Düsseldorf“. Peter Stubbe, der „Werwolf von Kaster“. Oder auch die toten Pfadfinder von Liedberg. Nur drei regionale Beispiel dafür, dass der Volksmund bei solchen „Immortal Mysteries“ viel zu berichten weiß, die „wirkliche Wahrheit“ aber oft noch im Dunkeln liegt: Hat Kürten überhaupt das Blut seiner Opfer getrunken? War Stubbe nur eine Art „Bauernopfer“, um wieder Frieden einkehren zu lassen? Und warum sind die Pfadfinder verbotenerweise in die Sandstein-Höhle gekrochen? Diesen und ähnlichen Fragen wollen Schäfers und Beitzel nachgehen. Ihr Grundsatz: „Geschichte muss erhalten bleiben, damit sie sich nicht wiederholt.“

Viel Zeit investieren die beiden in ihre Recherchen, an deren Ende Bücher und ab dem kommenden Jahr auch ein regelmäßiger Blogg stehen soll. Ihr „Erstling“ ist dabei die Geschichte der drei Pfadfinder: 16 Pfadfinder vom Stamm „Schinderhannes“ feiern im Sommer 1930 vor dem Liedberger Schloss. Irgendwann krochen sie alle durch einen schmalen Zugang in den „Felsenkeller“, um dort weiter zu feiern.

CJ Schäfers kommt aus der Südstadt,

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Man muss wissen, dass Liedberg durch den Sandstein-Abbau weiträumig unterhöhlt ist. Die einzelnen Höhlen hatten sogar Namen: „Schlossers Kuhl“, „Unter den Tannen“ oder auch „Schinderkaul“. Im Rahmen ihrer Recherchen legten die beiden von „Immortal Mysteries“ eine genaue Karte an und CJ Schäfers errechnete genauestens die jeweiligen Koordinaten. Hierfür nutzte sie unter anderem drei unterirdische Karten, auf die sie bei ihren Forschungen stießen.

Als die Pfadfinder in der Höhle feierten, löste sich ein Felsbrocken von der Decke und stürzte auf die Kinder. Viele von ihnen konnten gerettet werden, doch drei – Heini Pöstges (14), Albert Voigt und Paul Schneiders – starben. Das Duo Schäfers/Beitzel ist bei seinen Recherchen im Archiv auf den damaligen Bericht des verantwortlichen Feuerwehrmanns vor Ort gestoßen. In mühsamer Detailarbeit haben sie den handschriftlichen Sütterlin-Text in „moderne“ Schrift übersetzt: Der eine Junge konnten gefunden und geborgen werden, so dass die Eltern ihn später beerdigen durften. Der zweite wurde gesichtet, aber nicht geborgen. „Die Einsturzgefahr war zu groß“, so Beitzel. Der dritte Junge wurde nicht gefunden, sondern nur für tot erklärt. Der zuständige Staatsanwalt untersagte aus Sicherheitsgründen weitere Rettungsaktionen und ließ alle Zugänge zum unterirdischen Höhlensystem für immer schließen.

Eine weitere Zeichnung.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Das Ergebnis ihrer Forschungen haben die beiden inzwischen in einem Kinderbuch („Die drei Pfadfinder von Liedberg“) zusammengefasst. In Kürze soll aber auch noch eine umfassendere Aufarbeitung für die erwachsenen Leser auf den Markt kommen. Hierbei soll dann auch eine Psychologin zu Wort kommen, die sich zum einen mit den drei unterschiedlichen Trauer-Situationen der betroffenen Eltern befasst, die zum anderen aber auch der Frage nachgeht, warum alle 16 Pfadfinder durch das eigentlich Furcht einflößende Loch gekrochen sind. Dennis Beitzel: „Das muss eine Art Gruppen-Dynamik gewesen sein. Ich hätte Schiss gehabt.“

Als ein „sehr emotionales Treffen“ beschreiben die beiden übrigens ihre Begegnung mit einem Neffen des Pöstges-Jungen, den sie als Zeitzeugen interviewen konnten. Und dann erzählen sie noch, dass es in einem illegalen „Sandbrunnen“ in 16 Meter Tiefe immer noch einen Zugang zum Höhlensystem (500 Quadratmeter allein unter dem Schloss) gebe.

Dennis Beitzel wohnt in Reuschenberg.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

„Ein Selfie schafft jeder“, betont Beitzel und macht damit deutlich, dass es ihnen um fundierte Informationen geht: „Wir machen nichts unbefugt, sondern alles mit Genehmigung.“ Was schon daran deutlich wird, dass viel Zeit in unterschiedlichsten Archiven investiert werden muss, wo in alten Unterlagen der entscheidende Hinweis gesucht wird.

Das Logo des Teams von „Immortal-Mysteries“.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Die beiden nächsten Themen stehen übrigens auch schon fest: Da ist zum einen die Burg Rheinfels im Hunsrück. „Dort waren wir schon in unterirdischen Gängen, die bis unter den Rhein führten“, berichten die beiden. Mit zu der Geschichte gehört dann auch der Hauptmann Schinderhannes (!), der ein weit verbreitetes Netz von Räuber-Lagern regiert haben soll. Das nördlichste angeblich auf der Neusser Furth.

Zum anderen haben die beiden schon im belgischen Lontzen gedreht. Der einstige Bahnhof dort in Herbesthal wurde im Jahr 1843 eröffnet. Später wurde er stillgelegt. Dort sollen noch Waggons stehen und vor sich hin verrotten, mit denen die Nationalsozialisten ihre Opfer in die Konzentrationslager schafften.

(Gerhard P. Müller)