Der kleine Mann: Blechen für teure Windenergie, zittern um den Job
Grevenbroich · Auf den ersten Blick mag es überraschen, aber wenn SPD-Landtags-Abgeordneter Rainer Thiel und RWE-Chef Matthias Hartung auf Energiewende, Primat der erneuerbaren Energien, Klimaschutzplan und Reduktion der CO²-Emissionen schauen, dann sind sie sich weitgehend einig: Deutschland versucht im Alleingang die ganze Welt zu retten, schießt weit über jedes sinnvolle Maß hinaus.
Und bezahlen muss das Ganze der kleine Mann: Der Steuerzahler. Der Bürger. Der Bergmann. Der Malocher.
Rainer Thiel hatte sich entsprechend schon vor ein paar Wochen im Erft-Kurier geäußert. Seine Frage: Wie sinnvoll ist der in Deutschland glaubenskriegartig geführte Kampf gegen die Braunkohle, wenn drum herum in Europa hemmungslos auf Kohleverfeuerung in wenig moderner Kraftwerken und auf die Rückkehr der Kernenergie (jetzt wohl sogar auch in Schweden!) gesetzt wird?
Matthias Hartung sprach im Rahmen der Konzern-Jahrespressekonferenz auf Schloss Paffendorf Klartext: "Der aktuelle Entwurf des Klimaschutzplans allerdings macht diesen Klimaschutz zur alleinigen Richtschnur der Wirtschafts- und Industriepolitik. Statt bis 2100, wie auf dem G7-Treffen beschlossen, soll Deutschland im Alleingang die Treibhausgas-Neutralität bis 2050 erreichen." — So als ob sich über die Bundesrepublik dann eine ,Käseglocke guter Luft' stülpen ließe ...
Für Industriezweige wie Stahl, Aluminium und Zement wäre dann kaum mehr Platz, so Hartung weiter. Fliegen, Auto- und Bahnfahren seien dann auch nur noch erlaubt, wenn sie "klimaneutral" seien. Und Bundes-Umweltministerin Hendriks will zudem den Deutschen das Steak-Essen abgewöhnen (´ne Currywurst "hin und wieder" sei erlaubt).
"Bei der Umsetzung will der Klimaschutzplan auf kleinteilige Regulierung setzen; in kurzen Abständen soll überprüft und überarbeitet werden", kritisierte der Vorstandsvorsitzende des RWE weiter.
Leidtragende sind die "kleinen Leute" — bei den Strompreisen (Windenergie zum Beispiel wird überteuert auch dann bezahlt, wenn sie gar nicht gebraucht wird oder wenn die Netzkapazitäten gar nicht ausreichen, um sie dahin zu bringen, wo sie gebraucht würde). Und beim RWE.
Ging man im vergangenen Jahr noch davon aus, dass bis 2020 im "Rheinischen Revier" 800 bis 1.000 Arbeitsplätze wegfallen würden, so wurde jetzt als Ziel das Streichen von 1.600 Stellen genannt. Gründe seien — so Hartung und Personalvorstand Erwin Winkel — der "Druck des Marktes" (Strom ist billig wie selten), die höhere Effizienz der Anlagen und die nach der Leitentscheidung der Landes-Regierung (siehe auch Seite 3) zu erwartende Minderung des Kohle-Abbaus.
Zudem geht das Schrecken-Szenario um, dass es in den aktuellen Verhandlungen der Unternehmensleitung mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften auch um eine 25-prozentige Lohnkürzung gehe. "Das ist eine Aussage der IG BCE, die wir so nie machen würden", gab sich Winkel allerdings verschlossen.
Gleichzeitig freute er sich aber über den hohen Altersdurchschnitt in der Belegschaft (49 Jahre). "Da lässt sich günstiger Personal abbauen", kommentierte er. Über die Auswirkungen auf die hiesigen Kraftwerke lesen Sie am Mittwoch.
-gpm.