Trügerische Freude Wenn Spielen süchtig macht...

Grevenbroich · Am Geldspielautomaten wollte Denis G. es sich „einfach nur gemütlich machen“, nur abschalten vom Arbeitsstress. Doch er verlor die Kontrolle und verspielte ein kleines Vermögen. Seit 15 Monaten ist er spielfrei. Dabei half ihm die konsequente Haltung seiner Frau. Ein Fall von Glücksspielsucht, der ein gutes Ende fand. Doch das ist nicht immer der Fall: Die Caritas im Rhein-Kreis warnt vor steigenden Glücksspielzahlen in Grevenbroich.

Trügerische Freude: Erst kommt das Glücksgefühl – dann folgt die Verzweiflung. Glücksspielsucht ist auch in Grevenbroich weit verbreitet.

Foto: Landeskoordinierungsstelle Glüc/Richard Westebbe

Laut Angaben der Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht NRW stieg in Grevenbroich die Zahl der in Spielhallen aufgestellten Automaten seit 2006 bis 2018 von 90 auf 148. Deren gesamter Kasseninhalt steigerte sich im selben Zeitraum von rund 1,65 Millionen Euro auf circa 4,7 Millionen Euro. Die Stadt plant für 2020 mit Steuereinnahmen von rund 630.000 Euro aus der so genannten Automatensteuer.

„Hinsichtlich der Zulässigkeiten ist erneut darauf zu verweisen, dass Nutzungen aus einem Gemeindegebiet nicht generell ferngehalten, das heißt grundsätzlich ausgeschlossen werden können“, erklärt Stadtpressesprecher Stephan Renner, „eine reine Negativplanung würde dem Grundsatz der Wahrung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung widersprechen“. Demnach gelte es, ein adäquates und auch marktkonformes Angebot an Zulässigkeitsbereichen vorzuhalten. Hierfür sei es zwingend erforderlich, bestimmte Flächen auch für großflächige Angebote (mehr als 100 Quadratmeter) für Ansiedlungen zu definieren. Im Ergebnis des Steuerungskonzepts sei festzuhalten, dass nur im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt (in differenzierter Form), an den Standortbereichen „Am Hammerwerk“, „An der Zuckerfabrik“ und in Wevelinghoven-Nord (Gewerbegebiet) sowie in Teilbereichen des Untersuchungsraums Lindenstraße Zulässigkeitsvoraussetzungen für Vergnügungsstätten definiert werden sollen. „In allen weiteren Stadtbereichen ist mit negativen städtebaulichen Auswirkungen zu rechnen“, weiß Renner, „das heißt in allen weiteren Bereichen der Stadt Grevenbroich, sollen Vergnügungsstätten aufgrund der zu erwartenden negativen städtebaulichen Auswirkungen über die Bauleitplanung konsequent ausgeschlossen werden.“

Die Ausarbeitung des Konzeptes zur Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten ist teils sehr detailliert. So werden zum Beispiel für den Innenstadtbereich teils straßengenau unterschiedliche Festlegungen getroffen und zum Beispiel für Spielhallen und Wettbüros eine Nutzung im Erdgeschoss weitgehend ausgeschlossen.

Das Konzept umfasst auch alle Formen von so genannten Vergnügungsstätten und wirkt sich – anders als zum Beispiel die Änderung des Glücksspielstaatsvertrags – nicht auf den Bestand aus.

Natürlich unterliegen Vergnügungsstätten auch der Kontrolle, mit teils unterschiedlichen Schwerpunkten - zuletzt war hauptsächlich die Einhaltung der Corona-Schutzverordnung im Fokus.

Verena Verhoeven, Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht der Caritas im Rhein-Kreis, warnt: „Grundsätzlich gilt: Je höher die Verfügbarkeit von Glücksspielangeboten ist, desto höher ist auch die Anzahl der Menschen, die davon abhängig werden.“ Spontane Gewinne würden beispielsweise die Stimmung heben, Probleme vergessen lassen und dem Stressabbau dienen. „Wer Pech hat, gewinnt am Anfang und ist verführt, Glücksspiel als ständig abrufbaren Stimmungsaufheller einzusetzen“, so Verhoeven. Diese Art der Gewöhnung sei die Grundlage für die Entwicklung einer Glücksspielsucht. Bisher seien rund 80 Prozent der betroffenen Männer mittleren Alters, „aber es werden immer mehr Frauen, gerade bei den jüngeren Leuten“. Eins haben sie gemeinsam: Nach einem Gewinn kommt die Verlustphase. Sie jagen den Verlusten hinterher, um die Miete zahlen oder die Familie ernähren zu können. Oftmals haben sie mehrere Jobs, um ihre Sucht finanzieren zu können.

Eine große Gefahr sieht Verhoeven auch in der Duldung des Online-Glücksspiel, das bis Oktober in den Bundesländern bis auf Schleswig-Holstein verboten war – doch dieses Verbot wurde aufgehoben.

Betroffene, die unter Glücksspielsucht und deren Folgen leiden, sowie deren Angehörige können sich jederzeit unter Tel. 02131/88 91 70 oder per E-Mail unter info@spielsucht.net mit Beratungsfragen an die Fachstelle Glücksspielsucht der Caritas im Rhein-Kreis wenden. Denn Verhoeven weiß: „Beim Glücksspiel gewinnen nur die Anbieter und nicht die Spieler!“