GM - Grevenbroich Magazin Bosse im Interview: „Gute und engagierte Trainer sind das A und O“
Neukirchen · In jedem Stadtteil gibt es Menschen, die ihre Freizeit und ihre Fantasie dafür einsetzen, dass Gemeinschaft und Zusammenleben funktionieren. Diese "Ehrenamtler" kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, leisten höchst verschiedene Beiträge zum "sozialen Netzwerk".
Einige von ihnen haben Ämter und Funktionen, die sie besonders in den Blickpunkt rücken. Das "Grevenbroich Magazin" will mit diesen "Bossen" gerade auch über heikle Themen sprechen. Gesprächspartner war diesmal Benjamin Josephs, seines Zeichens Vorsitzender der Sport-Gemeinschaft für Neukirchen und Hülchrath.
1.600 Mitglieder. Grevenbroichs größter Sportverein. Ist der Vorsitzende da noch "Sport-Vater" oder doch mehr Manager? Wie viel Papierkrieg ist notwendig, um einen so großen Mehrspartenverein am Laufen zu halten?
Die Organisation der sportlichen Angebote läuft in der Tat in unseren neun Abteilungsvorständen. Als Hauptvorstand ist es unsere Aufgabe einen guten Rahmen für die sportlichen Aktivitäten der Abteilungen zu setzen. Das ist dann in der Tat viel "Papierkrieg" und Abstimmungsarbeit zwischen den Abteilungen mit der Stadtverwaltung und anderen Akteuren.
Wo liegen heutzutage die Hauptaufgaben/Hauptprobleme für die alltägliche Arbeit im Verein? Sind es die Vorschriften und Auflagen? Ist es der Kampf mit dem Finanzamt? Oder geht es gar um das zunehmende Anspruchsdenken der Mitglieder?
Die Herausforderungen sind vielfältig. Zum einen werden steuerliche Vorschriften umfangreicher. Hier bin ich froh, dass wir mit unserem Schatzmeister Marcus Michalowski einen Fachmann haben, der sich der Aufgabe annimmt. Aber auch an vielen anderen Stellen gibt es umfangreiche Nachweispflichten, beispielsweise bei Führungszeugnissen für Übungsleiter im Jugendbereich. Das Anspruchsdenken unserer Mitglieder ist dabei unverändert. Ein attraktives Sportangebot wird schon immer erwartet. Allerdings gibt es einen Trend dahin, dass wir eine höhere Fluktuation im Mitgliederbestand haben. Es wird heutzutage mehr ausprobiert und manches dann auch schnell wieder beendet.
Wie steht es bei der SG Neukirchen/Hülchrath mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern? Wie viele der 1.600 Sportler*innen packen auch mal / regelmäßig mit an?
Ich bin dankbar dafür, dass wir in der SG Neukirchen/Hülchrath viele Mitglieder haben, die sich gerne und mit vielen Stunden ehrenamtlich einbringen. Sei es in unserem Team im Hauptvorstand, den Abteilungsvorständen, als Übungsleiter und Betreuer oder einfach nur dadurch, dass sie einzelne Aufgaben losgelöst von Ämtern übernehmen oder ihre Kinder zu Spielen und zum Training begleiten und unterstützen. Ohne solch engagierte Mitglieder könnten wir unser Sportangebot nicht anbieten. Natürlich könnten es aber auch immer noch mehr Sportler und Sportlerinnen oder auch Eltern sein, die sich engagieren. Im Team macht die Arbeit immer mehr Spaß und ist auch schneller erledigt.
Selten war eine Generationen so sportverrückt und körperbewusst wie heute. Nur: Die meisten gehen in die "Muckibude" und machen um den klassischen Sportverein einen Bogen. Was macht die SG Neukirchen/Hülchrath, um auch für die nachwachsenden Jahrgänge attraktiv zu bleiben? Gibt es offene Angebote? Trendsportarten? Und wie schnell kann man diese dann "auf dem flachen Land" auch anbieten?
Der Trend geht nicht überall weg vom Sportangebot. Insbesondere bei Kindern besteht eine große Begeisterung für Sport im Verein. Bei Jugendlichen wird es dann auch durch den Ganztagsunterricht an den Schulen oft zeitlich knapp, so dass dann auch manchmal die Mitgliedschaft im Sportverein hinten anstehen muss.
Wir versuchen aber, durch gute Übungsleiter ein attraktives Angebot zu schaffen und immer wieder auch neue Sportarten anzubieten. Seit Kurzem bieten wir zum Beispiel Badminton und Nordic Walking an. Komplett offene Angebote haben wir nicht, aber die Möglichkeit vor einer Mitgliedschaft einmal reinzuschnuppern und das Angebot auszuprobieren.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wie wird die SG Neukirchen/Hülchrath in 20, 30 Jahren aussehen? Welche Abteilungen werden es schwer haben zu überleben? Welche Sportarten erscheinen aus heutiger Sicht "safe"?
Ich glaube, dass für alle unsere Abteilungen eine gute Zukunftsperspektive besteht. Maßgeblich sind dabei immer gut ausgebildete und engagierte Übungsleiter sowie natürlich auch eine ansprechende Sportstätten-Infrastruktur. Es ist immer wieder zu beobachten, dass gerade die Vereine einen Zulauf haben, die über gute Infrastruktur verfügen - beispielsweise im Fußball einen Kunstrasenplatz oder eine für die jeweilige Sportart passende Halle. Dies können die Vereine nicht immer alleine stemmen, hier ist auch die Unterstützung der Stadt notwendig, damit der Sport seine soziale Funktion entfalten kann. Wir sind beispielsweise froh, dass in diesem Jahr endlich dringend notwendige Sanierungsarbeiten an den Sanitäranlagen unseres Sportlerheims durchgeführt werden.
Wie wird sich die SG Neukirchen/Hülchrath dann finanzieren? Reichen die Mitgliedsbeiträge aus, um allen Verpflichtungen nachzukommen?
Mitgliedsbeiträge machen schon jetzt nur etwa zwei Drittel unserer Einnahmen aus. Daneben bekommen wir Zuschüsse, erzielen Einnahmen aus Veranstaltungen und sind dankbar, dass wir Spender und Sponsoren haben, ohne die es nicht gehen würde. Zudem unterstützt uns die Stadt Grevenbroich natürlich wesentlich dadurch, dass Sportanlagen zur Verfügung gestellt werden, für die wir nur eine geringe Sportstättennutzungsgebühr zahlen müssen.
Haben Sie ganz persönlich sportliche Ziele, die Sie noch erreichen wollen? Wie häufig ist der Vorsitzende selbst noch im Sportdress schweißtreibend unterwegs?
Die Fußballschuhe habe ich zwar mittlerweile an den Nagel gehängt, aber ohne Sport geht es nicht. Ich trainiere im Moment für meinen ersten Marathon. Im Oktober möchte ich in Köln die 42 Kilometer auf jeden Fall unter vier Stunden laufen, wenn alles klappt auch etwas schneller.
Versprochen — wir werden nachfragen!