„Köln hat geschlafen!“: Abriss der Kirche „St. Matthäus“ in Planung – Bürger außer sich
Allrath · „Es ist ein sehr emotionales Thema, das uns allen an die Nerven und unter die Haut geht“, eröffnet Pfarrer Jos Houben die Informationsveranstaltung in der „St. Matthäus“-Kirche Allrath: Der Kirche, die auf Grund eines neuen Gebäudekonzeptes für den Seelsorgebereich „Grevenbroich – Vollrather Höhe“ bald nicht mehr stehen soll.
„Momentan entsteht ein ziemlicher Umbruch. Aber das was hier in Grevenbroich passiert, passiert momentan überall im Erzbistum Köln“, berichtet Frank Reintgen vom Seelsorgerbereich des Erzbistums Köln, „die Gottesdienste sinken, das Personalangebot verzeichnet einen Rückgang, die Kirchensteuer gehen zurück – das sind alles Faktoren, die dazu führen, dass die Ausgaben auf Dauer höher werden als die Einnahmen“.
Durch den Interessenwandel und dem vermeintlich mangelnden Angebot in den Gemeinden würden sich die jüngeren Generationen immer mehr von der Kirche und der Religion abwenden.
Die Folge: Die Kirchen können künftig Reparaturen an Dach, Lautsprecheranlage oder Anderem finanziell nicht mehr vornehmen. „Heutzutage ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die Kinder und Jugendlichen getauft sind oder zur Kommunion gehen“, sagt Reintgen, „wer soll sich morgen oder in zehn Jahren hier treffen?“ Weil mehrere Kirchenvorstände gemeldet hatten, es gebe ein Problem, wurde ein externes Architektenbüro hinzugezogen, um ein mögliches Konzept für eine Einsparung zu entwickeln. „Es ist lediglich eine Idee, kein Beschluss“, so Andreas Dürkop, beauftragter Architekt. Eine Idee, die viele Erinnerungen in Mitleidenschaft zieht.
Sechs Kirchen, die genauer unter die Lupe genommen wurden. Davon soll unter anderem die „St. Matthäus“-Kirche abgerissen werden. „Das ist günstiger, als wenn wir sie sanieren oder umbauen lassen“, so Dürkop. Der Turm dürfte aber stehen bleiben – der steht nämlich unter Denkmalschutz. Dabei ist der Plan, mehr Platz für einen Gebetsraum und einer Versammlungsfläche zu bauen, war zu hören.
Die Südstädter hat es da besser getroffen: Denn die „St. Josef“ ist komplett denkmalgeschützt. Und auch für die „St. Lambertus“ in Neurath ist ein Abriss nicht in Planung. „Allrath und Barrenstein trifft ein Kahlschlag“, ruft einer der anwesenden in den Raum. Beifall! „Es ist die Art und Weise wie mit den Menschen umgegangen wird. Das Pfarrhaus steht seit drei Jahren leer, das Jugendheim wurde aus Eigenleistung saniert und soll nun abgerissen werden. Ist das noch christlich vertretbar“, beschwert sich ein Barrensteiner. Wieder Beifall!
Die Vertreter schauen betreten zu Boden. „Bei der Abstimmung wurde sich aber klar für einen Abriss ausgesprochen“, so Dürkopp.
Da ergreift Rolf Esser, Vorsitzender von „Allrath Aktiv“ das Mikrofon: „Das ist überhaupt nicht wahr. Bei der Sitzung waren 30 bis 35 Leute anwesend. Sechs davon kamen aus Allrath. Die haben sich gegen einen Abriss ausgesprochen. Der Rest aus den anderen Orten natürlich dafür“.
Die Gemeinden setzen sich für die Ausweitung der Jugend-Programme ein, wurden aber zu wenig unterstützt. „Köln hat geschlafen“, fasst Esser zusammen.
Dann setzt Helmut Klougt noch einen drauf: „Was ist mit dem Kölner Dom? Würde da jemals diskutiert werden diesen zu verkleinern oder gar abzureißen?“ Zustimmendes Klatschen und rege Diskussionen erfüllen die „St. Matthäus“-Kirche – Reintgen und Dürkopp schweigen. „Es ist ja nicht so, als wäre morgen der Bagger da“, versucht Dürkopp die Situation zu retten. Das 900-jährige Bestehen der Kirche kann somit vermutlich nur mit dem Kirchturm im nächsten Jahr gefeiert werden.
In 14 Tagen sollen die Pläne nach den Gottesdiensten in allen sechs Kirchen ausgelegt werden.