70 Jahre Kriegsende ein Zeitzeuge berichtet im Gymnasium Jüchen

Jüchen · Eine Geschichtsstunde der besonderen Art erlebten am vergangenen Mittwoch Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a am Gymnasium Jüchen. Mit Werner Schöfer, Jahrgang 1927, stand ein Zeitzeuge zu Themen wie Hitler-Herrschaft und der Zeit des Zweiten Weltkrieges Rede und Antwort.

In einer spannenden Gesprächsrunde gab Zeitzeuge Werner Schöfer authentische Einblicke in seine Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus.

Foto: Foto: Gymnasium Jüchen

Moderiert wurde die Gesprächsrunde von der Schülerin Sabrina Kluth, der Urenkelin Schöfers.

Zu Beginn befasste sich Schöfer auf Wunsch der Schüler mit der Schulzeit im Nationalsozialismus. Er war gerade sechs Jahre alt, als Hitler 1933 an die Macht kam. So wurde er mit dem Hitler-Regime groß. Der Tag begann mit dem Hitlergruß im Klassenzimmer und endete mit Veranstaltungen der Hitlerjugend. Ob er denn von den Vernichtungslagern und der Ermordung der Juden gewusst habe, wollte eine Schülerin wissen. Nein, wohl aber habe er als Kind mitbekommen, wie Hitleranhänger Scheiben eines jüdischen Geschäfts eingeschlagen hätten. Nach dem Krieg wollte laut Schöfer keiner mehr etwas davon wissen. Natürlich habe er sich oft seine Gedanken gemacht, aber Widerstand wäre nicht in Frage gekommen: „Von uns Jugendlichen hätte es keiner gewagt, auch nur ‚pfui‘ zu rufen.“ Die Angst vor Bestrafung und Verfolgung war allgegenwärtig.

Ende 1944 nahm Schöfer als Pionier an den schweren Kämpfen im Hürtgenwald in der Nähe von Aachen teil. Über 25.000 Deutsche und US-Amerikaner fanden damals den Tod. Schöfer selbst legte mit seiner Einheit zunächst Minen, und das wegen der Gefahr feindlicher Luftangriffe nachts. Eine direkte Todesangst habe er aber nicht gehabt. Der Krieg habe alle abgestumpft, überall hätten Tote gelegen. Schöfer kann sich auch gut erinnern, wie er mit verwundeten US-Soldaten sprach. Sein Schulenglisch sei ihm da von Nutzen gewesen. Durch Artilleriebeschuss wurde Schöfer bei den Kämpfen um Vossenack dann selbst am rechten Handgelenk verwundet. Er ist sich sicher: „Diese Verwundung rettete mir das Leben!“ Denn damit waren für ihn die Kampfhandlungen vorbei, er musste in ein Lazarett. Auf dem Weg zum Frontlazarett in Bonn waren amerikanische und deutsche Soldaten zunächst in ein- und demselben Bus untergebracht. Schöfer ist auch Zeuge des schweren Luftangriffs auf Dresden im Februar 1945. Vom nahen Radebeul aus erlebte er in sicherer Entfernung den Untergang der Elbmetropole: „Die Wände wackelten.“ Authentisch wirkte auch, wie Schöfer vom Kriegsende erfuhr. Ein russischer Offizier habe „Krieg kaputt“ gerufen. An gesicherte Informationen zu kommen, sei nicht einfach gewesen. In der Folgezeit arbeitete Schöfer in Sachsen als Polizist, bevor es ihn dann Jahre später nach Jüchen verschlug. Geschichtslehrer Dr. Joachim Schröder zeigte sich erfreut über die teils hartnäckigen Fragen seiner Klasse: „Meine Schülerinnen und Schüler hatten die seltene Gelegenheit, Geschichte wirklich hautnah zu erfahren.“ Überzeugend war auch die Leistung von Moderatorin Sabrina Kluth, die zurecht stolz auf ihren Urgroßvater ist.

(Kurier-Verlag)