Flüchtlingshelfer sind absolut schockiert Vorwurf: „Abschiebung ja, aber doch nicht so!“
Grevenbroich · Ensar und Endrit Krasniqi hatten sich wie ihre Eltern in den gut zwei Jahren ihres Aufenthaltes in Grevenbroich integriert: Beide Jungen besuchten die Dietrich-Uhlhorn Realschule, Ensar hätte in diesem Sommer seinen Abschluss gemacht.
Er spielte Fußball bei "Alemannia" Aachen und beide Brüder waren in der Initiative "Recht auf Spiel" engagiert.
Da die Familie aber aus einem sicheren Herkunftsland kam, war die Abschiebung leider absehbar und wird von den vielen Freunden der Familie auch nicht angezweifelt. Allerdings sind sie sehr empört über die Art und Weise, wie diese Abschiebung gehandhabt wurde. "Morgens klingelten um sechs Uhr Leute bei den Krasniqis und wiesen sie an, möglichst schnell ein paar Sachen zusammen zu packen. Außerdem durften sie einen Anruf tätigen", erzählt Michaela Kelm, deren Tochter Gina eng mit Ensar befreundet ist.
In der Aufregung und in der Kürze der Zeit hätte die Familie einen beträchtlichen Teil ihrer persönlichen Papiere nicht mitnehmen können. Mit Freunden und Verwandten wurde abgesprochen, dass diese alle verbliebenen persönlichen Sachen aus der Wohnung in Elsen holen sollten, um sie der Familie zu schicken.
"Das haben Ehrenamtliche dem Sozialamt mitgeteilt, aber als meine Tochter und Freunde der Familie am nächsten Morgen in die Wohnung kamen, waren schon Mitarbeiter der Stadt am Werk", berichtet Michaela Kelm. "Ein Teil der Dinge waren bereits zusammen gepackt. Keine halbe Stunde wurde den Helfern gewährt, um die persönlichen Sachen zu sichten."
Das sei schon schlimm genug gewesen, aber was dann folgte, sorgt bei den Flüchtlingshelfern für Fassungslosigkeit: Am Donnerstag wurden zwei Töchter der Familie Kelm, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, von Bewohnern der Unterkunft in Gustorf darüber informiert, dass Fotos von ihnen und persönliche Dinge aus dem Besitz der Familie Krasniqi in den Containern am Flüchtlingsheim liegen würden. Eines der Mädchen fuhr mit Freunden sofort dorthin. Tatsächlich fanden sie im Container neben Kleidung, Schulbüchern und Heften, vielen privaten Andenken auch die Geburtsurkunden sämtlicher Familienmitglieder, die Heiratsurkunde der Eltern und Zeugnisse der beiden Jungen. Alles sei total durchnässt und verschmutzt gewesen, so Michaela Kelm. Sie ist wirklich ratlos, wie diese Dinge aus der Wohnung in Elsen in den Container in Gustorf gelangen konnten: "Ich möchte die Stadt nicht angreifen, ich möchte Aufklärung. Wer ist für die Räumung der Wohnung und die ordnungsgemäße Sicherung der Unterlagen verantwortlich? Es ist ein schlimmes Gefühl, wenn man persönliche Dinge zugänglich für jedermann im Müll wiederfindet. Warum wurde nicht nach Datenschutzrichtlinien gehandelt?"
S.P. Atz