L 361 n: Klaus Krützens Kehrtwende Klare Kante ein Jahr vor den Wahlen
„An dem Tag, an dem ich solche Entscheidungen, hinter denen ich nicht stehe, aus strategischen Gründen treffen würde, würde ich mit der Politik Schluss machen.“ Bürgermeister Klaus Krützen ist sich klar, welche Wellen seine Kehrtwende in Sachen L 361 n schlagen wird. Er habe auch viele Nächte deswegen nicht geschlafen, aber: „Ich bin jetzt klar für mich.“ Und deshalb spricht er sich von der Resolution des Rates aus dem Mai des vergangenen Jahres los.
Kapellen. Überraschend kam diese Kehrtwende des Bürgermeisters nicht. Der Erft-Kurier hatte bereits am 6. November von einem „Neudenken“ berichtet. Und von einem neuerlichen Ortstermin mit den Gegnern der Erft-Auen-Querung im betroffenen Gelände direkt vor Ort. Diese „Exkursionen in die Erft-Aue“ hätten ihn „nachhaltig beeindruckt“, machte Klaus Krützen bei einer Pressekonferenz an diesem Donnerstag deutlich.
Gerade in den vergangenen beiden Jahren sei zudem deutlich geworden, dass Umwelt- und Naturschutz, Klimaschutz und eine nachhaltige Mobilitätswende für viele Menschen einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen würden, als man dies Anfang 2018 noch für möglich gehalten habe. Vor diesem Hintergrund halte er es nicht länger für vertretbar, an der L 361 n als einem Konzept der späten 70er/frühen 80er Jahren festzuhalten.
Wörtlich stellt er fest: „Die Kosten und der Eingriff in Natur und Landschaft stehen in keinem Verhältnis zu der Entlastungswirkung. Die Ökologie ist bislang zu wenig gewichtet worden.“
Hinzukomme, dass die L 361 n hundertprozentig beklagt würde. Immerhin seien dafür schon Spenden gesammelt worden. „Wir benötigen eine Perspektive, die kurz- und mittelfristig in mehreren Teilschritten mit jeweils schon konkreten Wirkungen umsetzbar ist“; die Realisierung der L 361 n dagegen würde noch viele Jahrzehnte dauern.
„Ich habe lange mit mir gerungen. Ich möchte mich aber noch im Spiegel anschauen können. Deshalb wollte ich ein Jahr vor den Kommunalwahlen klare Kante zeigen. ... egal, was sich im nächsten Jahr politisch für mich daraus ergibt“, so Krützen mit Nachdruck.
Konkret will der Bürgermeister nun fünf Konzepte verfolgen, um dem „Kernziel“ Entlastung von Kapellen und Wevelinghoven vom Durchgangsverkehr näher zu kommen: Den Ausbau der RB 39 zur S-Bahn hatte er ja schon vor kurzem auch im Einklang mit den anderen betroffenen Bürgermeistern proklamiert.
Zudem will er sich für die Westtangente und für eine Ortsumgehung von Noithausen einsetzen. Beide Straßen sollen sich dann in etwa südlich von „Real“ treffen und so für eine Entlastung sorgen. Dafür ist Krützen auch bereit, über die Kreisverkehre „Auf den hundert Morgen“ und über das weitere Baugebiet dort neu nachzudenken.
Außerdem will er eine Aufwertung der Radwegeverbindungen („Radschnellweg“) sowie weitere verkehrslenkende Maßnahmen (zum Beispiel Durchfahrtverbote für Lkw). „Ich bin mir sicher, dass man mit diesem Maßnahmenpaket allen Interessen gleichermaßen Rechnung tragen wird“, so Klaus Krützen an diesem Donnerstag.
Allerdings: „Letztendlich sind wir nicht die Entscheider.“ Die Verfahrenshoheit läge beim Lande und die entsprechenden Untersuchungen (Verkehr und Umwelt) sollen im Herbst 2020 auf dem Tisch liegen.
Trotzdem will er mit den Fraktionen im Rat ausloten, ob der gesamte Rat zu einer neuen Beschlussfassung kommen könnte. Und ob man so auch Westtangente und Ortsumgehung Noithausen auf den Weg bringen könnte.
Gerhard Müller