Hermann Gröhes „Berliner Notizen“ Händewaschen zum G20-Thema gemacht
Berlin · Liebe Leserinnen, liebe Leser,
manchmal hilft der Zufall... Alexander Fleming fand im Herbst 1928 am "St. Mary's Hospital" in London einen Laborversuch mit Bakterien verschimmelt vor: Der Schimmelpilz "Penicillium" hatte ganze Arbeit geleistet! Fleming wollte die verunreinigten Bakterien wegwerfen, als ihm auffiel, dass der Pilz die Vermehrung der Bakterien gestoppt, sie teilweise sogar abgetötet hatte. Untersuchungen entlockten dem Pilz den Wirkstoff, den er "Penicillin" nannte — und der später zum Antibiotikum weiterentwickelt wurde. Fleming hatte (eher zufällig) die Voraussetzung dafür entdeckt, dass Blutvergiftungen, Wundbrand, Hirnhautentzündungen und viele weitere bakterielle Infektionskrankheiten im Laufe des 20. Jahrhunderts ihren (oft tödlichen) Schrecken verloren. Antibiotika nämlich wurden durch die Entdeckung des Penicillins zu einem der wichtigsten Mittel im Kampf gegen Infektionskrankheiten — und Sir Alexander Fleming, 1944 geadelt, wurde 1945 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. "Ende gut, alles gut" also?
Nein, leider nicht. Denn es ist eine besondere medizinische Herausforderung unserer Zeit, dass Antibiotika zunehmend ihre Wirksamkeit verlieren, da die Bakterien gegen sie eine Art Abwehrbereitschaft entwickeln — ein natürlicher Vorgang, der aber durch übermäßigen und unsachgemäßen Gebrauch gefährlich beschleunigt wird. Man spricht dann von "Antibiotika-Resistenzen".
Dazu ein paar Beispiele: Nur etwa fünf Prozent der Hustenerkrankungen sind auf Bakterien zurückzuführen — und dennoch werden zur Behandlung weit häufiger Antibiotika verschrieben.
Antibiotika nur bei Krankheiten einzusetzen, die das wirklich erfordern, ist aber ebenso wichtig wie die Einnahme von Antibiotika "wie verschrieben", also bis zum Ende einer Behandlung. Sonst steigt die Gefahr ihrer Wirkungslosigkeit im Falle eines späteren Bedarfs. Besonders gefährlich sind Erreger, gegen die verschiedene oder alle Antibiotika nicht mehr wirken, so genannte "multiresistente Keime".
Antibiotika werden bei Menschen, aber auch in der Tiermedizin eingesetzt. Wichtig ist dabei: Der Einsatz von Antibiotika zu Tiermastzwecken ist in der Europäischen Union und daher auch in Deutschland seit 2006 verboten. Nun muss es unser Ziel sein, dies weltweit zu erreichen. Aber auch bei uns gibt es in der Behandlung von Krankheiten bei Menschen und Tieren noch viel zu tun, um einen äußerst sparsamen Antibiotikaeinsatz sicherzustellen.
Der Kampf gegen den drohenden Rückfall in das "Vor-Penicillin-Zeitalter" ist eine besonders dringliche Aufgabe. Deshalb haben wir 2015 die deutsche Präsidentschaft der sieben führenden Industrienationen (G7) genutzt, um dieses Thema nicht nur im Kreise der Gesundheitsminister, sondern auch im Kreise der Staats- und Regierungschefs zu beraten.
In diesem Jahr hat Deutschland die Präsidentschaft der G20 übernommen, zu denen neben den sieben führenden Industrienationen auch Russland und die großen Schwellenländer Asiens, Lateinamerikas und Afrikas, etwa China, Indien, Brasilien, Mexiko, Argentinien und Südafrika gehören. Auch hier wird es beim ersten Gesundheitsministertreffen im Rahmen der G20 sowie beim Treffen der Staats- und Regierungschefs um einen erfolgreichen Kampf gegen die gefährlichen Keime gehen. Das Thema ist zur Chefsache geworden.
Zugleich gibt es vor Ort viel zu tun. Die wichtigste Maßnahme etwa zur Vermeidung sogenannter Krankenhausinfektionen ist dabei die ausreichende Desinfektion der Hände. Um dies zu fördern, wurde bereits 2008 die "Aktion Saubere Hände" ins Leben gerufen. Dabei geht es insbesondere darum, das Personal in den Krankenhäusern, aber auch in den Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen, darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig das regelmäßige Desinfizieren ist. Zugleich fördern wir die zusätzliche Einstellung und Ausbildung von Hygienefachkräften in den Krankenhäusern bis 2019 mit fast einer halben Milliarde Euro. Und wir stellen den Krankenhäusern jährlich 830 Millionen Euro zur Verfügung, um gezielt die Pflege am Bett zu stärken.
Natürlich freue ich mich auch über die verschiedenen Maßnahmen der Krankenhäuser im Rhein-Kreis zur Stärkung der Hygiene. Dazu gehört es auch, die Besucher auf die Notwendigkeit einer gründlichen Handdesinfektion hinzuweisen.
Es grüßt Sie herzlich aus Berlin
Ihr Hermann Gröhe MdB
Mitglied des Deutschen Bundestages
Bundesminister für Gesundheit
www.hermann-groehe.de