Rüdiger Schlott: König wollte er schon immer werden – Prinz dagegen nie Aus der Kölner „Männer-WG“ ging es auf Grevenbroichs Schützen-Thron
Grevenbroich · „Prinz“ war für ihn nie ein Thema. Den Gedanken „König“ dagegen hatte er schon im Kopf, als er 1979 in den Jägerzug der „Jungschützen“ eintrat. Irgendwann einmal sollte es sein … und „irgendwann“ ist jetzt. Dabei hätte sich der Bürger-Schützen-Verein aus der Innenstadt keinen besseren Repräsentanten als Rüdiger Schlott wünschen können, denn der „Wanderer zwischen dem rheinischen Winter- und Sommerbrauchtum“ weiß nun einmal, wie wichtig Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Akkuratesse im fröhlichen Treiben sind …
Rüdiger und Stephanie Schlott sind „Pendler“ im wahrsten Sinne des Wortes. Sie pendeln wohntechnisch zwischen Köln-Dellbrück und Grevenbroich. Und viele Jahre pendelten sie zwischen Karneval und Schützenfest, wobei in ihrem Fall Karneval nicht einfach nur „Schunkeln in der Kneipe um de´ Eck“ bedeutete.
Denn Rüdiger Schlott fungierte von 2008 bis 2019 im Kölner Karneval als Prinzenführer, war also dafür verantwortlich, dass das Dreigestirn die Session über immer im richtigen Moment am richtigen Ort war. Und das natürlich auch in der richtigen Laune, um den feierwütigen Narren fröhlich zuzusprechen. Oft seien es erfolgreiche Geschäftsleute gewesen, die in die weltbekannten drei jecken Rollen schlüpften. „… und die es nicht gewohnt waren, dass ihnen einer sagt, wo es lang geht“, lacht Schlott.
Es habe Prinzen gegeben, denen man an Aschermittwoch „Tschüss. Das war´s“, gesagt habe. Und andere, die seitdem als Freunde mit durchs Leben gehen würden.
Dabei sind Prinzenführer und Dreigestirn die Session über zu etwas wie einer echten „Männer-WG“ verdammt: Nach Weihnachten ziehen die nämlich (zusammen mit den jeweiligen Adjutanten, dem Equipe-Chef und (!) einem eigenen Friseur) ins Hotel, „Narrenburg“ genannt, und bleiben dort dann bis Aschermittwoch zusammen. Viele Wochen, die man da aufeinander hockt und die auch bei „guter Chemie“ schon stressig sind. Der Prinzenführer hat natürlich die Aufgabe, die Fäden und die Stimmung zusammenzuhalten.
Viele Wochen, die Stephanie Schlott dann auf sich gestellt war. „Im ersten Jahr habe ich, nachdem mein Mann mit mehreren Koffern in die Narrenburg gezogen ist, viele Anrufe bekommen, ob wir uns trennen …“, lacht sie rückblickend. Es war nicht immer leicht: „Ich musste im Winter dann morgens raus und Schnee schippen“, nennt sie ein Beispiel, wo ihr Gatte in all den Wochen ausfiel. Und so hatte sie viel um die Hand – sie arbeitete, hatte damals noch ein eigenes Pferd und zwischendurch musste sie auch noch immer wieder „Programm“ für die Partnerinnen des Dreigestirns machen.
2020, im letzten Jahr vor der Pandemie, wollten die Schlotts dann selbst einmal Karneval feiern, gingen zu ihrer Lieblingssitzung. Doch so richtig wohl konnte er sich nicht fühlen. „Wir sind noch in der Prinzengarde. Wie feiern, spielen aber keine tragende Rolle mehr“, betont Schlott.
Die spielen die beiden in diesem Jahr nun aber als oberste Repräsentanten im Grevenbroicher Regiment. Rüdiger Schlott resümiert: „Unser Königsjahr geht schon allmählich dem Ende entgegen. Man ist ja schon länger unterwegs. Da gewöhnt man sich an die Rolle.“
Und seine Gattin Stephanie ergänzt: „Es wird sicherlich am Festsonntag eine freudige Spannung da sein.“ Noch heute kann sie sich genau an die Gänsehautschauer am Tag der Krönung erinnern, „von dem Moment an, als ich mein Kleid anhatte und in die Kutsche stieg“.
Apropos Krönung: Rüdiger Schlott weiß nur zu gut, dass immer wieder durch die Stadt die Behauptung wabere, die Grevenbroicher Zeremonie am Dienstag Abend sei zu lang und zu langweilig. „Das ist ein Irrglauben, der sich festgesetzt hat“, betont er sachlich.
Erst vor ein paar Jahren habe er zusammen mit dem damaligen Präsidenten Peter Cremerius zusammengesessen, um den Krönungsabend deutlich zu „entschlacken“.
„Der scheidende König hat einen netten Abschied verdient und der neue König soll nicht weniger nett eingeführt werden. Vom Zeitaufwand sind wir da sehr gut unterwegs. Ich kenne andere Krönungen, die viel, viel länger dauern“, argumentiert Schlott. Knapp zwei Stunden dauere es bis zu den Ehrentänzen, nach denen dann „normal“ gefeiert werden könne. „Die Zeit rauscht doch an einem vorbei“, lächelt Grevenbroichs Schützenkönigin. Und ihr Gatte schiebt nach: „Das ist doch keine nachtfüllende Veranstaltung mehr.“
Die besagten Ehrentänze signalisieren dabei nicht nur das Ende der Zeremonie, sie geben den Königinnen vielmehr auch Gelegenheit, ihre Roben erstrahlen zu lassen. Sie habe sich für die Festtage kleidertechnisch „was ganz Besonderes ausgesucht“, merkt Stephanie Schlott mit einem kecken Lächeln an. Sie habe im Verlauf des gesamten Jahres versucht, „authentisch zu sein“. „Sie ist eben nicht so der Rauschekleid-Typ“, ergänzt der Gatte, der in Sachen schicker Kleider auf den „Bestand aus der Karnevalszeit“ verweist. Und er lacht: „Es ist jetzt ja nicht so, als ob wir nur in Läden gestanden hätten.“
Zusammenfassend formuliert die Königin für die Innenstadt: „Ich versuche, meinem Modestil treu zu bleiben. Die Leute sollen gucken kommen, sollen sich selber ein Bild machen.“ Der König macht sich dagegen schon Gedanken ums Wetter: Wenn es so heiß würde wie jüngst in Langwaden, sei er schon im Nachteil, weil er die Schützenjacke nicht ablegen könnte. Und das nicht nur wegen der Königskette, die darauf ruht. „Am liebsten trinke ich Wasser“, ist da schon als leicht seufzende Aussage zu verstehen.
Natürlich trinke er Kölsch („Sünner“), könne sich hin und wieder auch ein Alt („Bolten“ oder „Füchschen“) gönnen. Grundsätzlich hadert er hier aber ein wenig mit „seinen“ Schützen. Die hatten vor ein paar Jahren beschlossen, das Pils im Grevenbroicher Festzelt von der Karte zu nehmen. Und genau das ist die Lieblings-Brauart des amtierenden Schützenkönigs, der in seiner gelassenen Art kommentiert: „… kann man auch mit leben.“