Bürger-Initiative warnt vor Landflucht, wenn Daten über „Feldweg“ rumpeln

Kapellen · Die „Deutsche Glasfaser“ hat mit der Installation ihres Glasfasernetzes in Teilen von Kapellen begonnen. Zunächst wird das Neubaugebiet, das Gewerbegebiet und ein kleiner Abschnitt des älteren Teils mit dem hochmodernen Netz versorgt.

Die Bürger-Initiative „Pro Glasfaser“ hat ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht, weil ein großer Teil Kapellens – unterhalb der Bahnlinie – zunächst nicht versorgt werden soll.

Detlef Gätjens und Ralf Bergs von der Bürger-Initiative erzählen im Interview über die Gründe.

Erft-Kurier:

Sie machen sich Sorgen um Kapellen. Warum?

Gätjens:

Nun, wir befürchten mittel- bis langfristig eine regelrechte „Flucht aus Kapellen“, wenn das Glasfasernetz nicht auch im Rest von Kapellen installiert wird.

Erft-Kurier:

Ein Art Landflucht? Ist das nicht übertrieben?

Bergs:

Nein, das glauben wir nicht. Schauen Sie sich an, wie viele Menschen mittlerweile an ein oder zwei Tagen pro Woche von zu Hause arbeiten. Es handelt sich dabei nicht nur um Beschäftigte aus der Computerbranche, sondern zum Beispiel auch um Banker oder Büro- und Verwaltungsangestellte. Auch für Schüler ist es heutzutage völlig normal, für die Schule im Internet recherchieren zu müssen.

Dies alles ist aber nur möglich, wenn die „Datenautobahn“, also das Internet, schnell genug ist. Wenn diese Autobahn zum „Feldweg“ degeneriert, dann werden die Menschen dorthin ziehen, wo sie eine vernünftige Datenanbindung vorfinden, nämlich in die Städte. Auch das Gewerbe wird von hier fort ziehen beziehungsweise sich hier nicht ansiedeln, wenn die nötige Infrastruktur fehlt.

Erft-Kurier:

Aber viele werden sicher sagen, dass sie keinen „Porsche“ brauchen, sondern ein „Golf“ reiche ihnen vollkommen aus.

Gätjens:

Ja, das mag sein, dass diesen Nutzern heute noch ein 16 MBit/s-Anschluss ausreicht, aber in fünf Jahren ist dieser sicherlich vollkommen unzureichend. Wer dann nicht über einen modernen Glasfaseranschluss verfügt, der hat im wahrsten Sinne des Wortes „den Anschluss verloren“. Dies kann nicht im Sinne einer zukunftsorientierten Gesellschaft sein!

Erft-Kurier:

Es gibt doch durchaus Alternativen zum Glasfasernetz, sagen jedenfalls die anderen Anbieter?!

Gätjens:

So? Gibt es die wirklich? Sie zielen sicherlich auf VDSL ab?

Erft-Kurier:

Ja, genau. Etablierte Anbieter verweisen darauf, dass diese Technologie ebenso gut geeignet sei bei deutlich geringeren Kosten …

Gätjens:

Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Sicherlich kann man mit VDSL noch „das letzte Quäntchen“ aus dem veralteten Kupfernetz heraus holen, nachhaltig ist dies jedoch nicht. Es muss ständig wieder aufgerüstet werden. Irgendwann in den nächsten Jahren ist dann definitiv Schluss mit Kupfer, die Physik lässt sich nicht überlisten.

Bergs:

Richtig. Das Problem beim Anschluss der Teilnehmer über Kupferkabel ist die so genannte Dämpfung. Sie führt dazu, dass die erzielbare Übertragungsrate mit steigender Leitungslänge drastisch abnimmt. Das ist bei Glasfaser ganz anders, dort erhält jeder Teilnehmer die zugesagte Geschwindigkeit. Bereits heute können über die Glasfaseranschlüsse Geschwindigkeiten von 500 MBit/s bereit gestellt werden, mit Reserven bis mindestens 20.000 MBit/s.

Erft-Kurier:

Aber was wollen Sie tun, um einen Ausbau von ganz Kapellen zu erreichen?

Gätjens:

Die Bürger-Initiative „Pro Glasfaser“ möchte sich weiter für diesen Teil von Kapellen engagieren, um auch hier die zukunftsorientierte Technik zu etablieren. Wir möchten unsere Mitbürger informieren und ihnen die Angst nehmen, für die Installation des Anschlusses müsse der ganze Vorgarten aufgegraben werden. Gerne kommen wir nach Terminabsprache unverbindlich und kostenfrei zu Mitbürgern, die noch Beratungsbedarf haben, nach Hause und besprechen mit ihnen ihre persönliche Anschlusssituation. Auch bei Fragen zu existierenden Geräten oder Installationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Bergs:

Es geht hier übrigens nicht darum, für eine bestimmte Firma Werbung zu machen. Vielmehr möchten wir über die Technik aufklären, egal wer diese anbietet.

(Kurier-Verlag)