Der EM-Rückblick: Das Volunteer-Leben zur EM in Köln Schottenröcke in der Nordkurve
Bedburg · Mittendrin statt nur dabei waren bei der Fußball-EM die rund 1.600 Volunteers in Köln, die das Gesicht der Stadt waren und die Fans aus aller Welt im Kölner Stadion willkommen geheißen haben.
Die „EURO 2024“ im eigenen Land ist spätestens seit dem Finale am 14. Juli 2024 Sportgeschichte, Spanien ist Europameister 2024 und die Fußballstadien der unterschiedlichen Austragungsstädte sind längst zurückgebaut, bevor der Bundesliga-Betrieb in wenigen Tagen wieder Fahrt aufnimmt. Trotzdem bleiben die vielen unvergesslichen Momente während der insgesamt fünf Matchdays im „Stadium Cologne“ für die rund 1.600 Kölner Volunteers. Aber blicken wir gemeinsam auf die Volunteer-Reise von Anfang an zurück.
Ostern 2023 erfolgte die Online-Bewerbung über das offizielle UEFA Volunteer-Portal, wo sich auch Bastian Schlößer aus Bedburg beworben hat. Die erste Freude war bereits groß, als die Einladung zum Casting mit Interview im September 2023 in die VIP-Lounge des Kölner Stadions per Mail von der UEFA einging.
„Schon der Casting-Termin im Kölner Stadion, in VIP-Lounge, war ein absolut großartiges und spaßiges Erlebnis“, erinnert sich Schlößer noch heute an diesen Termin gerne zurück. Neben der Möglichkeit erste Kollegen kennenzulernen, die sich ebenfalls als Volunteers beworben hatten, sollte man schließlich bei einem UEFA-Manager aus dem Kölner Organisations-Team im Interview seine Ambitionen für die persönliche Bewerbung als Volunteer darlegen. Anschließend bestand die Möglichkeit, die Volunteer Uniform in einem ,adidas’-Popup-Store anzuprobieren.
Danach wurde die Spannung weiter hochgehalten, bis Ende Januar 2024 die schriftliche Zusage per Mail von der UEFA eintraf und Schlößer sich letztlich freuen durfte, dass er offiziell als Volunteer im Kölner Team „Spectator Service & Fan Welcome“ dabei sein darf.
Nach der abschließenden Sicherheitsprüfung folgten Anfang Juni die ersten Termine, an denen der Volunteer Ausweis im „Accredidation Center“ am Stadion abholbereit lag. „Mit dem Ausweis hatte man jetzt zum ersten Mal etwas offiziell Wichtiges in Händen und konnte gleichzeitig schon rund um das Stadion beobachten, wie verschiedene Teams alles für das EURO 2024 Branding, sowie die Technik für Media Übertragungen in alle Welt vor Ort, installierten. Das gesamte Stadiongelände war mit Bauzäunen und Security-Personal abgeriegelt. Es roch schon sehr nach EM!“, erinnert sich Schlößer gerne.
Nach einem Samstag als Seminartag im Kölner Volunteer-Center am 8. Juni, wo den Volunteers die unterschiedlichsten Einsatzgebiete und die damit verbundenen Aufgabenbereiche nähergebracht wurden, erhielten die Volunteers im Anschluss ihre gelb-grün-grauen Uniformen, mit der sich an den Einsatztagen das Volunteer-Team einheitlich nach außen präsentiert hat und deutlich zu erkennen war.
„Schon da konnte man deutlich den Volunteer-Spirit spüren: Die Kollegen sowie das UEFA Management-Team vor Ort waren on fire! Alle haben sich freiwillig beworben und hatten einfach Bock darauf, als Gesicht der EM die Stadt Köln und die rheinische Lebensphilosophie zu repräsentieren. Die Vorfreude auf die internationalen Fans und das Fußballturnier war riesig!“, so Schlößer.
Mit #Matchday1 am 15. Juli wurde die erste Partie in Köln am Nachmittag um 15:00 Uhr, Schweiz – Ungarn, angepfiffen. Dieses war auch zugleich der Probelauf, ob das Teamstaffing der Volunteers passte und alle Aufgabengebiete sowie Abläufe sinnvoll besetzt waren.
„Am Eingang Nord-West habe ich die Fans am ersten Matchday herzlich willkommen geheißen und Fragen aller Art beantwortet. Dabei ergab sich auch spontan immer wieder die Gelegenheit, mehr über einige Fans zu erfahren, die bereitwillig erzählten – so ein Vater mit seinem älteren Sohn aus Zürich, die von der sehr guten EM-Organisation und natürlich von Köln schwärmten. Sie hatten ein langes Wochenende in einem kleinen Hotel im Kölner Umland gebucht – wo dieses war, war zweitrangig, Hauptsache die „Schweizer Nati“ liefere heute beim Spiel ab! Aber mit Nationaltorwart Yann Sommer und Spieler Granit Xhaka hatte man im Herzen bereits die Verbindung ins Rheinland geschlagen“, berichtet Schlößer.
„Wenn man ein paar Stunden nach Abpfiff das Stadiongelände und angrenzende Wohnviertel zu Fuß passiert, auf dem Weg lobende Dankesworte der schweizer und ungarischen Fans zugerufen bekommt, die zusammen feiern, die beiden Mannschaftsbusse von der Polizei eskortiert vorbeifahren sieht und sogar aus den Polizei Mannschaftswagen dankend gewunken wird, war das für das Volunteer-Herz ein gelungener EM-Auftakt. Und wenn man dann noch völlig unerwartet Tabea Kemme, mit ihrem Rennrad schiebend, trifft, die sich umdreht und sich stellvertretend bei allen Volunteers für den Einsatz bedankt, hat man alles rausgeholt, was einem das Volunteerleben bieten kann!“, resümiert Schlößer den Turnierauftakt in Köln.
Die weiteren vier Spiele im Kölner Stadion wurden jeweils um 21 Uhr am Abend angepfiffen. „Hautnah durften wir in der Nordkurve den Fans bei der Suche nach deren gebuchten Plätzen behilflich sein und gemeinsam mit den Kollegen der Security-Teams für einen reibungslosen Ablauf sorgen, ohne dass lange Menschenschlangen entstanden. Dabei standen wir immer wieder für alle Fragen gerne zur Verfügung und haben für alle kleineren oder größere Problemchen stets eine zufriedenstellende Lösung gefunden! – Damit war Stadionatmosphäre pur inmitten der Fans garantiert.
Egal ob die Schotten – No Scotland, No Party! – traditionsgemäß mit ihren Schottenröcken einheizten, die Engländer – „England on fire!“ – on fire waren, Rumänien mit auffällig vielen Familien mit Kindern wunschlos glücklich das halbe Stadion stimmungstechnisch abgerissen haben – Freed from desire! – oder das Motto von Georgien nach den vorangegangenen überraschend erfolgreichen Spielen ‚BELIEVE‘ war: Bei allen Fans war die Freude auf tolle Fußballspiele mit friedvoller Stimmung das oberste Ziel!
„Die allermeisten Fans haben sich trotz reichlich Alkohol friedlich amüsiert und sehr viele Besucher haben uns Volunteers in persönlichen Gesprächen ihren Respekt und Dank für unseren ehrenamtlichen Einsatz gezollt!“, fasst Schlößer die Kölner Abendspiele zusammen. „Und sogar den Europameister Spanien samt Fan-Anhang haben wir in Köln live begrüßen dürfen, die von ‚Vamos a la Playa‘ und ‚Viva Espana!‘ zusammen mit uns Volunteers gesungen und getanzt haben!“, lacht Schlößer.
„Zu den Highlights der Spiele gehörte das ernst gemeinte Angebot eines rumänischen Fans, der mich mit seinem etwa 15-jährigen Sohn ansprach und augenscheinlich ein Versprechen, was Vater seinem Sohn gemacht hatte, einlösen zu versuchte: Er nahm mich zur Seite und hatte 100 Euro zusammengefaltet auf seiner Hand liegen, als Tausch für meine Volunteer Cap, die über den Hersteller adidas nicht frei zu erwerben war.“ lacht Schlößer noch heute, der das Angebot übrigens nicht angenommen hat.
„Ein deutscher Fan aus der Nachbarschaft vom Niederrhein hatte zur Erheiterung aller den Floh im Ohr, dass im Kölner Stadion Geißbockwurst verkauft würde.“, erinnert sich Schlößer noch heute.
Beim kurzfristigen Aushilfseinsatz zum Empfang der spanischen und georgischen Fans nach deren Fanmärschen direkt inmitten der Abelbauten entstanden auch so einige amüsante Szenen im direkten Kontakt mit den Fans: „Unsere überproportionale Winkehände aus Moosgummi waren der Gag vor jedem Spiel und haben Groß und Klein ausnahmslos immer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert: Unser Auftrag für alle Einsätze war immer gute Laune zu verbreiten! Dazu haben wir uns als Volunteers so einiges einfallen lassen und nicht nur den richtigen Weg mit der Winkehand gewiesen, sondern auch den Fans aller Altersstufen ‚High Five‘ angeboten. Egal ob die kleinsten Kids oder die ältesten Senioren – diese Gelegenheit wollte sich einfach niemand entgehen lassen, mit so einer großen Hand einzuschlagen! …und schon kam man darüber automatisch ins Gespräch!“, so Schlößer.
Mit dem letzten Spiel am 30. Juni, Spanien – Georgien, endete die EURO 2024 für Köln. Ein paar Tage später bedankte sich das UEFA Management-Team bei allen 1.600 Volunteers mit einem ganz besonderen Party-Abend: Auf einem gecharterten Party-Schiff der „KD“ konnten die Volunteers zusammen mit der kölschen Band „Kasalla“ als Überraschung an diesem Abend auf dem Rhein vor der Kölner Skyline ihren eigenen EM-Erfolg feiern und gemeinsam in Fußball-Erinnerungen schwelgen.
„Das Interessanteste war mittendrin zu erleben, wie man Teil des großen Teams ist – egal ob die Techniker diverser externer Dienstleister und Sponsoren vor Ort, Security-Teams, Polizei oder die Mitarbeitenden des UEFA Management-Teams in blauer Uniform: Wenn man sich mit Akkreditierung auf dem Stadiongelände begegnete, grüßte man sich freundlich und gehörte zur großen EURO 2024-Familie!“, schwelgt Schlößer noch in Erinnerungen.
„Die Volunteer-Teams wurden zufällig zusammengewürfelt und auch die Aufgabengebiete willkürlich per Zufallsprinzip verteilt: Für unser Team kann ich nur aus unseren gemeinsamen Erlebnissen bestätigen – wir sind als Fremde freiwillig in gemixter Altersstruktur von Studentin bis Rentner mit demselben Ziel zusammengekommen und haben als Freunde die gemeinsame Reise während der EURO 2024 in Köln erlebt, an die wir uns immer wieder gerne zurückerinnern. Schon jetzt steht das nächste Revival Treffen teamintern bereits für Ende August, nach der Sommerpause.“, freut sich Schlößer.
„Ehrenamt ist zwar kein 5-Sterne-Luxusurlaub, aber schafft immer Möglichkeiten, hinter die Kulissen eines solch großen Sportevents zu blicken und sorgt für Überraschungsmomente sowie Geschichten, die niemand vorab so für möglich gehalten hätte!“, ist Schlößer vom Volunteer-Job begeistert und freut sich schon auf zukünftige Möglichkeiten.