Ein Leben für den Blues: Der Künstler in der Badewanne

Rommerskirchen · Der Blues hat es ihnen angetan – und das so richtig. „Dabei hätte ich wohl Fan von Blasmusik werden müssen, wenn es nach meinem Elternhaus gegangen wäre“, lacht Ulrich Weidenhaupt. Denn sein Vater fand es nicht gut, als der Spross in den 60er Jahren die Blues-Musik für sich entdeckte. „Er sagte immer ,Da geht doch das Radio von kaputt‘, wenn ich meine Musik gehört habe“, lacht der Widdeshovener, der daraufhin öfter mal heimlich Radio hörte: „Und damit es wirklich niemand merkt, habe ich mir alle Einstellungen an Vaters Radio genau notiert, damit alles am Ende genauso aussieht, wie er es verlassen hat.“

Foto: Kurier Verlag/Julia Schäfer

Langsam baute sich der Blues-Fan auch seine Platten-Sammlung auf: „Für eine ,Led Zeppelin‘-Platte bin ich mit 14 Jahren mit dem Fahrrad von Eschweiler nach Aachen gefahren…“ Nach der Schulzeit wurde die Leidenschaft zwar etwas ruhiger, aber als Ulrich Weidenhaupt ein altes Röhren-Radio reparierte und Jimi Hendrix „Hey Joe“ darin hörte, war die alte Leidenschaft wieder entflammt und der Fan baute sich langsam wieder eine beachtliche CD-Sammlung mit Blues-Musik auf.


Gattin Wilhelmine Weidenhaupt hat vor dem Kennenlernen mit ihrem Mann eigentlich alle Musikrichtungen gehört: „Aber er hat mir den Blues näher gebracht und ich war schnell Feuer und Flamme dafür.“ Ulrich Weidenhaupt pflichtet seiner Frau bei: „Die Musik ist so tiefgründig und gefühlvoll. Sie ist auch unter historischen Gesichtspunkten zu verstehen, denn es handelt sich um die Musik der Sklaven. Sie mussten ihr Schicksal meistern und haben ihre Gefühle in der Musik verpackt. Oft finden sich viele Hinweise in der Symbolik der Texte, auch im Blues der vergangenen Jahrzehnte. Da kommen auch schon mal Frivolitäten rüber, die früher nie im Leben ausgesprochen werden dürften, weil alles noch viel zu prüde war.“ Das findet die 62-Jährige faszinierend: „Das sind wirklich pfiffige Texte, die haben sich schon einiges einfallen lassen.“

Kein Wunder also, dass Familie Weidenhaupt den Blues auch anderen Musik-Liebhabern näher bringen möchte. Und so arbeiten die beiden ehrenamtlich und helfen bei der Organisation der Blues-Reihe im Kulturzentrum Sinsteden. Ehrenamtlich helfen ist dabei allerdings untertrieben, denn das Kulturzentrum ist zwar der Veranstalter der Reihe, doch die Weidenhaupts sind die gute Seele der Musik-Reihe. 14 Festivals haben die beiden schon mitorganisiert, dazu kommen 50 Einzelkonzerte. Sie gewinnen Sponsoren, führen Verhandlungen mit den Künstlern, kümmern sich um die Plakate und Werbung. Bei der Auswahl der Musiker verlassen sich die beiden auf ihren Geschmack: „Die Künstler, die wir vorgeschlagen haben, wurden bisher alle genommen und kamen beim Publikum gut an.“ Dabei kommen nur Band und Solisten in die engere Auswahl, die die Widdeshovener selbst live erlebt haben. Bei manchen Acts kann es auch schon mal fünf Jahre dauern, bis es passt, dass sie nach Rommerskirchen kommen: „Aber wir bleiben am Ball.“

Etabliert hat sich im Frühjahr die Reihe „Women oft he Blues“, im Sommer findet das Blues-Festival statt. Im August ist zusätzlich der Blues-Brunch, ehe im Herbst „Power Blues Life“ die Reihe schließt. Zuletzt trat Krissy Matthews auf. Ein toller Künstler, dem eine große Karriere prognostiziert werden kann. „Wir sind froh, dass wir ihn noch hatten, ehe er richtig durchstartet.“

Seit 1997 hat das Ehepaar Weidenhaupt seine Heimat in Rommerskirchen gefunden: „Wir haben in Neuss gearbeitet und hatten unser Pferd in Gohr. Als wir dann ein Haus gesucht haben, haben wir einen Radius gezogen, in dem beide Orte lagen. Durch Zufall haben wir von einem Haus mit tollem Grundstück in Widdeshoven gehört. Das hat uns sofort gefallen, auch wenn wir damals noch einige Vorstellungskraft brauchten, was für ein Schmuckstück da vor uns liegt.“

Viel Arbeit und Liebe zum Detail haben die beiden in ihr Zuhause gesteckt. „Wir fühlen uns unendlich wohl und wollen nicht mehr weg. Die Wohnqualität ist einfach super.“ Von ihrem schönen Zuhause durften sich auch schon einige Künstler überzeugen, die bei den Blues-Veranstaltungen auftreten. „Der ein oder andere wurde auch schon bei uns einquartiert. Wir kümmern uns eben um unsere Gäste, betüddeln ist mit in unserem Wohlfühl-Programm. Und da gehört zum einen dazu, dass wir sie vom Flughafen abholen, zum anderen aber auch eine gemütliche Atmosphäre. Und wenn zum Wohlfühlen dazu gehört, dass der Künstler sich freut, in unserer Badewanne zu entspannen, dann darf er das natürlich machen“, erinnert sich Wilhelmine Weidenhaupt lachend.

(Julia Schäfer)