Der Graf liebte Sukkulenten und eine Schriftstellerin Eine schmale Wendeltreppe in der Wand

Jüchen · Bei der Sanierung wurde alles auf links gedreht“, lacht Jens Spanjer, Vorstand der „Stiftung Schloss Dyck“, die in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag feiern kann, auf die Frage nach „geheimen Räumen“ im Schloss. Klar gebe es unter dem „Stallhof“ ehemalige Kerkerzellen, die aber aus einem ganz einfachen Grund nicht besichtigt werden können: Zugang seien früher einfach Löcher im Boden gewesen, durch die die Übeltäter heruntergelassen worden seien. So gebe es auch heute weder Falltür noch Treppe. Inzwischen dienen die Zellen zur Unterbringung von „Infrastruktur“: Leitungen und Kabeln seien hindurch verlegt worden.

Foto: Photo: Markus Bollen/Photographer: Markus Bollen;Markus Bollen;(FREELENS Pool) Bollen

Ebenfalls nicht zugänglich ist der „Eiskeller“, Teil der Unterkellerung des Hochschlosses. Dort wurden in früheren Jahrhunderten in den Wintermonaten Eisblöcke eingelagert, die sich auf dem Schloss-Graben gebildet hatten. Dieses Eis hielt sich in dem dunklen, kühlen Keller bis in den Sommer hinein und konnte zur Kühlung eingesetzt werden. Der Zugang vom Schloss wurde bei Umbauarbeiten zugemauert. Jetzt kann der Eiskeller nur noch vom Terrassenzimmer über eine schmale Böschung erreicht werden. „Aus Verkehrssicherungsgründen ist für Besucher leider kein Zugang möglich“, stellt Spanjer fest. Und er bedauert es, habe doch der Eiskeller eine ganz besondere Wirkung – „… ein bisschen wie eine Tropfsteinhöhle.“

Schließlich erinnert sich Spanjer noch an eine ganz schmale Wendeltreppe, die im Südflügel in eine Wand hineingebaut wurde. Für den Stiftungs-Vorstand handelte es sich allerdings um keinen Geheimgang; vielmehr wäre die Treppe wohl für die Dienstboten gedacht gewesen. Aber auch dieser „geheime Raum“ sei inzwischen zugemauert werden.

Foto: Kurier Verlag/Alina Gries

Viel spannender findet Jens Spanjer übrigens das „Bodendenkmal, das unter der Erde ruht“. Die gesamte Anlage des Dycker Schlosses ist nämlich von Resten von Vorgängerbauten unterzogen, „die von Lage und Aussehen ganz anders gestaltet waren“. Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen sei man – mit wissenschaftlicher Begleitung – auf Fundamente und andere Freilegungen gestoßen, die aber nur ein bruchstückhaftes Bild der Anlagen im Mittelalter ergeben würden.

Doch, auch wenn die Anfänge des Bauens auf der Schloss-Insel im Dunkeln liegen, ist die Bedeutung des Dycker Schlosses unumstößlich: Es stellt ein „kulturhistorisches Erbe mit mehr als 900 Jahren Geschichte“ dar. Allein der Schloss-Park ist 200 Jahre alt. In diesem September soll dieser Geburtstag gefeiert werden. Außerdem wurde vom Schloss aus ein „bedeutendes Fürstentum in der Region“ regiert. Geblieben sei „eine außergewöhnliche, kulturell bedeutsame Schloss-Anlage“, die nicht umsonst viele Besucher anziehen würde. „Wir hören hier unter den Besuchern viele Sprachen“, strahlt Jens Spanjer.

„Heiß-Zeit“ hat sich nicht intensiv in den Zahlen niedergeschlagen

Und zum Strahlen hat der Vorstand der Stiftung auch allen Grund: Die Besucherzahlen konnten sowohl bei Veranstaltungen als auch an der Tageskasse deutlich gesteigert, gar mehr als verdoppelt werden. Mit der Folge, dass die Stiftung in den vergangenen zehn Jahren gleich fünfmal schwarze Zahlen schreiben konnte. In den anderen Jahren gab es geringe Defizite, die in den Folgejahren (stiftungskonform) ausgeglichen werden konnten.

Dies ist umso wichtiger, da in der aktuellen, längerfristigen Niedrigzinsphase das Stiftungskapital natürlich kaum noch Erträge abwirft. Die „Heiß-Zeit“ des vergangenen Jahres dagegen hat sich nicht intensiv in den Zahlen niedergeschlagen, was bei solcher einer großen Gartenanlage eigentlich anders zu erwarten gewesen wäre. Doch Spanjer erklärt: „Wir mussten natürlich sehr viel gießen und viel mehr in die Pflege investieren, aber dafür hatten wir weniger Sturmschäden.“ Außerdem sei er froh, dass sich – im Gegensatz zu anderen, vergleichbaren Anlagen – die guten Besucherzahlen auch über den heißen Sommer hinweg gehalten hätten.

Natürlich hat er sich zusammen mit seinem Team für das Jahr des Doppel-Jubiläums einiges einfallen lassen. Im März wurde bereits die Foto-Ausstellung „Gartenfokus“ eröffnet. Über 2.000 Besucher kamen allein am ersten Wochenende, um sich die Aufnahmen von Markus Bollen anzuschauen. Im Laufe des Jahres geht es mit der „Gartenlust“ (im Sinne des vor 200 Jahren lebenden Schloss-Herrn sind Sukkulenten und Kakteen das Schwerpunkt-Thema), dem „Licht-Festival“ und dem internationalen Gartensymposium weiter.

Auf „Schloss Dyck“ läuft alles rund

Zwei Programmpunkte bedürfen der besonderen Besprechung. Bei beiden geht es um

Joseph Franz Maria Anton Hubert Ignatz Fürst und Altgraf zu Salm-Reifferscheidt-Dyck und seine zweite Ehefrau, Schriftstellerin Marie Constance Pipelet. Nachdem die beiden 1803 geheiratet hatten, verlebten sie 20 Jahre lang die Wintermonate in Paris. Ihr Haus wurde dort zum gesellschaftlichen Mittelpunkt von Gelehrten und Künstlern. Selbstverständlich brachten die beiden viele Pariser Traditionen mit ins Dycker Ländchen. Und deshalb wird es heuer an Pfingsten erstmals das „Rendezvous im Garten“ geben.

„In Frankreich öffnen heutzutage zum ,Rendezvous au jardin‘ 3.000 Gärten ihre Tore“, berichtet Jens Spanjer. Pfingsten wird es deshalb auf dem Orangerie-Parterre eine große weiße Tafel geben, an der die Besucher Platz nehmen können. Dabei ist es egal, ob sie sich aus dem eigenen, mitgebrachten Picknick-Korb versorgen oder ob sie aus den Angeboten der Schloss-Gastronomie zukaufen. „Auf diese neue Veranstaltung sind wir sehr gespannt“, gesteht der heutige Hausherr.

Der andere „fürstliche“ Programmpunkt ist eine kleine „Rückkehrer-Ausstellung“: Früher war das Schloss Dyck für seine erlesene Jagdwaffen-Sammlung bekannt. Die „riesige Sammlung“ wurde dann bei der Erbaufteilung versteigert. „Zum Glück gab es auch Sammler aus der Region, die Teile ersteigerten“, betont Spanjer. Einer von ihnen stellt seine Objekte für eine Sonderausstellung in zwei Räumen im Ostflügel in der „Historie“ zur Verfügung. „… natürlich nicht so umfangreich wie früher“, seufzt der Stiftungs-Vorstand. Aber immerhin eine tolle Erinnerungsmöglichkeit!

Also läuft alles rund im Schloss Dyck? Im Prinzip ja, auch wenn Jens Spanjer eingesteht, dass die neue Konzeption des gastronomischen Teils noch in der Wachstumsphase ist: „Das Thema Gastronomie und Genuss wird immer wichtiger“, betont er. Dabei fährt die Stiftung dreigleisig: Im Mittelpunkt steht das Restaurant im Hotelbereich. Das ist ganzjährig täglich (außer montags) geöffnet und bietet eine regionale bis mediterrane Küche.

In der Saison ist zudem an den Wochenenden das „Botanica“ geöffnet, das nunmehr in Café-Form geführt werden soll. Bei Veranstaltungen kommen weitere kulinarische Angebote – von klassisch bis gehoben – hinzu.

Dabei wird die gesamte Gastronomie seit 2014 von der Stiftung selber geführt. „Das ist eine Schlüsseltätigkeit für ein Ausflugsziel“, weiß er. Und Spanjer verweist auf die immer besser werdende Akzeptanz: Das Restaurant in der ehemaligen Remise werde angenommen und eröffne der Verwaltung auch die Möglichkeiten, ganzen Busgruppen besondere Verpflegung anzubieten. Es läuft seit anderthalb Jahren, werde an den Wochenenden und speziell bei Veranstaltungen überlaufen. Der Betrieb die Woche über könne sich aber noch steigern …

(Gerhard Müller)